Gottlose Kirche!?

Ist die Kirche "Gott-los" geworden? - Lk 5,1-11


Fischer sind sie.

Ganz normale Fischer

mit einem ganz normalen

Leben. Da ist nichts

Besonderes, nichts, das

hervorstechen würde

oder auffallend sei.

Ein ganz normaler

Beruf eben.

 

Bis zu dem Augenblick,

indem sie es mit Jesus

zu tun bekommen.

Die Begegnung scheint

ihnen zunächst nicht

ganz geheuer zu sein,

denn dieser schickt

sie, die Erfahrenen,

ein zweites Mal

hinaus auf den See

zum Fische fangen.


Was zuvor nicht

gelang, das gelingt auf

Jesu Wort hin: Die Netze

sind voll mit Fischen.


Im Vergleich zu dem, was

jetzt folgt, scheint dieses Wunder

zweitrangig zu sein.

Jetzt geht es um das Eigentliche,

um das, was Jesus tatsächlich

von diesen Männern will:

Menschen sollen sie fangen.

Menschen für Gott.


Die Formulierung

ist unglücklich.

Sie besitzt einen negativen

Beigeschmack.

Kein Mensch

soll gegen seinen Willen

zu Gott finden. Gott erwartet

die freie Entscheidung des

Menschen für ihn,

seine Zustimmung mit dem

ganzen Herzen.

Mit Gefangennehmen

und Zwang hat das gar

nichts zu tun.


Vielleicht wäre ein

anderes Wort passender!

Wie wäre es mit

der Formulierung:

„Menschen für Gott

begeistern“?


Damit aber fiele

der Blick wieder auf jeden

einzelnen von uns

und die Frage

steht im Raum, ob

wir in der Lage sind,

andere Menschen

tatsächlich und wirklich

für Gott zu begeistern?


Unsere Situation als

Kirche heute

unterscheidet sich nicht

wesentlich von

der Lage der Jünger damals.

Sie fangen nichts.

Die Netze bleiben leer.

Nichts kann ins Boot

geholt werden.


Woran liegt es?

Woran fehlt es uns

in unseren Gemeinden

und unserer Kirche?


In einem Gebet heißt es:

 

„Herr, die ganze Nacht

mühten wir uns ab,
was heißt die ganze Nacht:

Tag und Nacht.
Alles haben wir versucht:
Unsere Erfahrungen

haben wir eingebracht,
mit den neuesten Methoden

haben wir gearbeitet, 
die Gesetze der Psychologie beachtet,
aber wir haben so wenig erreicht.

 

Der Herr sagt:
Ja, ihr habt so viel investiert,
habt alles Mögliche versucht,
aber eines habt ihr vergessen:
Dies alles in Einheit mit mir zu tun.
Ich würde euch so gern helfen,
aber ihr meint, alles allein schaffen

zu müssen. 
Ihr gebt zu viel auf euer Planen, 
aber zu wenig auf mein Wirken. 
Ihr setzt zu viel auf euer Wollen, 
aber zu wenig auf meinen Willen. 
Ihr nehmt euch selbst zu wichtig, 
aber mit mir rechnet ihr nicht.

Vertraut mir,
haltet euch an mein Wort,
dann werft von neuem das Netz aus. 
Ihr werdet staunen!“

 

Kann man es noch

deutlicher sagen, von welchen

„Dämonen“ die Kirche sich

so plagen lässt, dass

sie oft wie gekrümmt wirkt

und nicht mehr aufrecht,

voller Lebensmut und Lebensfreude

gehen kann und

woran auch unsere Gemeinden

oftmals kranken?

 

Es ist die

Selbstüberschätzung

mancher, die meinen,

ohne sie ginge es nicht.

Es ist der Neid

mancher, mit dem sie

misstrauisch auf jedes

neue Gesicht in der Gemeinde

schauen, das sich gerne

einbringen möchte.

Es ist die Eifersucht

mancher, die andere

neben sich nicht gelten

lassen wollen.

 

Argwohn,

Misstrauen,

Eigennutz,

Tratsch,

Größenwahn,

Bosheit,

Geltungssucht

und Hintergedanken

spielen dabei ebenso

eine Rolle.

 

Und die, die sich das

nicht mehr länger antun

wollen, suchen das Weite

und jene Orte auf,

an denen sie

dem Eigentlichen,

dem Wesentlichen auf

die Spur kommen wollen:

der Erfahrung der Nähe Gottes

und seiner Gegenwart

in ihrem Leben.

 

Medard Kehl, Jesuit,

schreibt in seinem Buch:

„Mit der Kirche fühlen“:

 

„Der Funke der Freude

am Glauben kann wohl nur

dann noch überspringen

und die große Zahl der Müden

und Gleichgültigen erreichen,

wenn wir uns jeden Tag neu

von Jesus, der menschgewordenen

Sympathie Gottes zu seinen

Geschöpfen, inspirieren

lassen, wenn wir einfach

ihn durch uns sprechen

lassen und ganz absichtslos

seine Botschaft von

der Menschenfreundlichkeit

Gottes zu leben versuchen.“

 

Und weiter:

 

„Die Kirche ist für alle da.

Für Gerechte und Ungerechte,

Sympathen und Unsympathen,

Dumme und Gescheite;

für Sentimentale ebenso wie

Unterkühlte, für Neurotiker,

Psychopathen, Sonderlinge,

für Heuchler; für Feiglinge

und Helden, Großherzige

und Kleinliche.

Für zwanghafte Legalisten,

hysterisch Verwahrloste,

Infantile, Süchtige und Perverse.

Auch für kopf- und herzlose

Bürokraten,

für Fanatiker und auch

die Minderheit von gesunden,

ausgeglichenen, reifen,

seelisch und geistig

begabten liebesfähigen

Naturen.“

 

Es ist Zeit,

umzudenken;

die Netze noch

einmal auszuwerfen,

aber auf sein Wort hin

und in seiner Absicht.

Eben in Einheit

mit ihm und nicht

gegen ihn oder

gänzlich ohne

ihn.

 

Papst Franziskus

schreibt in Evangelii Gaudium:

 

„Mit Jesus vereint,

suchen wir, was er sucht,

lieben wir, was er liebt.

Letztendlich suchen wir

die Ehre des Vaters und

leben und handeln „zum

Lob seiner herrlichen

Gnade“. Wenn wir uns

rückhaltlos und beständig

hingeben wollen,

müssen wir über jede

andere Motivation

hinausgehen.

Dies ist das endgültige,

tiefste, größte Motiv,

der letzte Grund

und Sinn von allem

anderen: Er geht

um die Herrlichkeit des

Vaters, die Jesus während

seines ganzen Lebens

suchte.“ EG 267

 

Noch einmal:

Es ist Zeit,

umzudenken,

uns zu besinnen

und anders zu positionieren

als Einzelne,

als Gemeinde,

als Kirche.

Miteinander.

 

Ich glaube,

dann könnten wir uns

auf einen reichen

Fang einstellen

und unser Staunen

fände kein Ende.

Einen Versuch

wäre es wert.

Meinen Sie nicht

auch?


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