3. Sonntag nach Ostern

3. Sonntag nach Ostern - Apg 5,27-32.40b-41


Man sagt, der neue

Glaube und seine Anhänger

hätten es nicht leicht gehabt, sich

zu behaupten.


Die etablierte Religion

hätte ihnen im Weg gestanden

und seine Ausbreitung

verhindert.


Sie sah den neuen Weg,

als dessen Anhänger Christen

sich bezeichneten, als eine

zu große Gefahr an.


Unheimlich.

Revolutionär.

Aufständisch.


Zu viel, was bislang als

gesichert galt, wurde durch

den neuen Glauben in

Frage gestellt und in

seinen Grundfesten

angegriffen.


Dafür verantwortlich

war ein Mann, Jesus von

Nazareth. Was mit ihm

geschehen war, verunsicherte

viele.


Und wie sollte man

mit Worten umgehen,

die Trauende, die Verfolgte

und Beladene seligpreisen,

dazu einladen, seinem

Gegner die Hand

zum Frieden zu

reichen und für den

Feind zu beten?


Worte, wie diese

stellten alles auf den Kopf.

Worte, wie diese wiegelten

das Volk auf.

Worte wie diese forderten

heraus.


Da schien es besser,

den Aposteln das Wort

zu verbieten und ihnen

Einhalt zu gebieten,

im Namen Jesu zu

lehren, wie es die

heutige Lesung aus

der Apostelgeschichte

erzählt.


Doch Verbote helfen

nicht weiter, wenn es um

Jesus geht. Seine Botschaft

breitet sich aus, immer

mehr und immer weiter.

Die Apostel lassen sich

den Mund nicht verbieten.


Wie sieht es heute aus?

Welche Rolle spielt

der Glaube in unserer

Gesellschaft?

Welchen Einfluss hat er auf

unser Zusammenleben

und unsere Antworten

auf die herausfordernden

Fragen dieser Zeit?


In einer Zeit, in der

unsere Gesellschaft sich

immer mehr säkularisiert,

verweltlicht, spielt der Glaube

für viele keine entscheidende und

wesentliche Rolle mehr.


Gewiss, man setzt sich

noch mit der Kirche als Institution

und System und ihren Schattenseiten auseinander, doch Fragen, die das Wesentliche

betreffen, Fragen nach dem Ganzen,

nach dem Sinn all dessen, was

um uns herum passiert und die

Antworten, die der Glaube

auf all dies gibt, scheinen

nur noch wenige zu

interessieren.


Was ist die Antwort

unseres Glaubens auf die

Erfahrungen der beiden

vergangenen Jahre und

die Entwicklungen, die

die Pandemie in unserer

Gesellschaft hervorgerufen

hat? - Gibt es überhaupt

Antworten?


Was ist die Antwort

unseres Glaubens auf

die zunehmende Ausbeutung

von Schöpfung und die Entwürdigung

des Menschen. Die Zerstörung

dieser Welt und klimatischer

Herausforderungen?

Gibt es überhaupt

Antworten?


Was ist die Antwort

unseres Glaubens auf diesen

verheerenden Krieg in der

Ukraine und überhaupt

auf so viel Böses und

Vernichtendes und Leid

in dieser Welt?

Gibt es überhaupt

Antworten?


Es gibt Antworten, die

der Glaube zur Verfügung

stellt.

Die Frage ist, ob wir

sie uns zu sagen

getrauen.

Ob wir den Mut

haben, sie in diese Welt

hineinzusprechen, dabei

nichts zu beschönigen,

sondern die Dinge beim

Namen zu nennen, auch

die Ohnmacht des Glaubens

anzuerkennen und ein

Schweigen auszuhalten, dort,

wo einfach keine Antwort

zu finden ist?


Ein Schweigen auch

vor einem Gott, der einem

gerade in den Widersprüchen,

in die uns dieses Leben

hineinstellt, so unheimlich

und unverständlich vorkommen

muss und der uns keine

Erklärungen gibt, schon

gar nicht die Dinge, die

uns zusetzen und zerstören,

bereit ist, einfach

beiseitezuschieben.


Wir kommen damit

vor der Frage zu stehen,

die wir immer gerne auszublenden

bereit sind, wenn es um Gott

und das Leid in dieser

Welt geht.


Wir reiben uns daran,

an die Existenz eines guten

Gottes zu glauben und zugleich

anzuerkennen, dass es in dieser

Welt so viel an Leid

gibt, auch mit diesem

Gott an unserer Seite.


Wie passt beides

zusammen, der Gott Jesu

Christi und das Leid?


Manchmal gleicht

unser Leben und Erleben

eher den Erfahrungen

des Karsamstags.

Der Tag, an dem die

Welt still stand, nichts

sich mehr bewegte,

weder in die eine

noch in die andere

Richtung und die Anhänger

Jesu, seine Apostel

und viele andere mit ihnen,

so unendlich allein gewesen

waren mit dem, was geschehen

war.


Das Leben verschont uns

nicht vor diesem Erleben.

Und Gott tut es anscheinend

auch nicht. Ich weiß nicht

warum.


Ich komme an diesem

Punkt selbst an meine ganz

eigenen Grenzen und will

mich nicht irgendwelcher

theologischer Theorien

hinsichtlich der Frage

nach dem Leid bedienen,

die am Ende möglicherweise

den Verstand, aber niemals

das Herz eines Menschen

erreichen könnten.


Und ich begreife für mich

selbst, dass ich diesen

großen Widerspruch nicht

auflösen kann.


Und dennoch

will ich nicht in die

Irre gehen, nicht verzweifeln,

weder an mir selbst,

am anderen, noch

an Gott.


Ich finde mich wieder

in den letzten Worten des

heutigen Evangeliums:


„Als du jünger warst,

hast du dich selbst gegürtet

und gingst, wohin du wolltest.

Wenn du aber alt geworden bist,

wirst du deine Hände ausstrecken

und ein anderer wird dich gürten

und dich führen, wohin du nicht

willst.“


Wenn man jung ist,

hat man nicht selten den

Eindruck, dass man alles

erreichen könnte, dass

man eine ganze Welt

aus ihren Angeln

heben könnte.


Die Erfahrungen des

Lebens aber lehren uns,

dass es Momente und Augenblicke

in unserem Leben gibt, denen

wir einfach nur ausgeliefert

sind, Momente und Augenblicke,

in denen wir gegürtet werden,

dorthin geführt werden,

wohin wir nicht möchten.


Ich wünschte mir, dass

Gott mich in solchen Augenblicken

umgürtet und mich zu sich führt,

in sein Licht, in sein Leben.

Ihm will ich mich dann gerne

ergeben.


Und, ich finde mich

mit all diesen Gedanken

wieder in einem Gedanken

von Huub Oosterhuis:


„Du, der gerufen hat „Licht“

und das Licht wurde geboren,

und es ward gut, es wurde Abend

und Morgen, damals wir heut.


Du, der gerufen hat „o Mensch“

und wir wurden geboren.

Du, der mein Leben so geführt

hat, wie bisher, dass ich noch lebe.


Denn du bist der Gott, größer als

mein Herz, der mich hat gesehn,

ehe ich war geboren.


Du, der Liebe ist, tief wie das

Meer, hell wie der Blitz und

stärker als der Tod, lass

mich nicht verloren gehen,

ein Menschenkind.


Du, der keinen Namen

vergisst, keinen Menschen

verachtet, lass nicht den

Tod, der alles trennt und

aushöhlt … über uns kommen.


Denn du bist der Gott,

größer als mein Herz,

der mich hat gesehn,

eh ich war geboren.


Für alle, die gekreuzigt

werden, sei nicht niemand,

sei ihre Zukunft unbesehn.


Für die Menschen, die von dir

verlassen sind, für alle, die ihr

Schicksal nicht ertragen, für

die, die wehrlos sind in den

Händen von Menschen.


Für deine Namensverwandten

in unserer Mitte: Flüchtlinge,

Fremde, sei nicht niemand.


Für die, die Kraft ausstrahlen,

Liebe geben, Recht tun, dass

sie standhaft bleiben in

unserer Mitte.


Denn du bist der Gott,

größer als mein Herz,

der mich hat gesehn,

eh ich war geboren.


Du, der trotz allem scheinbaren

Schicksal uns festhält.

Du, der Freude hat am Menschen.

Du, der das Wort zu uns gesprochen

hat, das unsere Seele erfüllt.


Lass uns nicht leer und verloren

und ohne Aussicht, lass uns offen

werden für die Vision von Frieden,

die seit Menschengedenken uns

ruft.


Denn du bist der Gott,

größer als mein Herz,

der mich hat gesehn,

eh ich war geboren.


Beschleunige den Tag deiner

Gerechtigkeit. Sieh nicht länger an,

dass überall in dieser Welt

Menschen gefoltert werden,

Kinder getötet, dass wir die

Erde schänden und das Licht

einander rauben.


So wie ein Hirsch dürstet

nach lebendem Wasser,

lass uns so verlangen nach

dem Tag da wir – jetzt noch

versprengte Menschen –

in Deiner Stadt versammelt

sind, in Dir vereint und

vollendet, in Dir verewigt.


Gedenk deiner Menschen,

dass sie nicht umsonst geboren

sind.


Denn du bist der Gott,

größer als mein Herz,

der mich hat gesehn,

eh ich war geboren.“ (H.O)


Wie recht die

Mächtigen dieser Welt

damals hatten. Gewalt

und Verachtung konnten

den Worten der Apostel

von Jesus nichts anhaben.

Sie können immer noch

nichts gegen Jesus

ausrichten.


Seine Name erfüllte

ganz Jerusalem und bleibt

seitdem die Hoffnung

für die ganze Welt.

Amen.



 

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