3. Advent - Phil 4,4-7
„Gaudete“
Freut euch.
Und was ist,
wenn ich keinen Grund
zur Freude habe?
Wenn ich weder
ein noch aus weiß.
Wenn mir scheint,
dass mir auch die letzte
Freude genommen wurde –
durch was,
durch wen,
wie auch immer?
„Dann erst recht!“,
würde vermutlich Paulus sagen:
„Noch einmal sage ich euch:
Freut euch!
Freut euch im Herrn zu
jeder Zeit!“
Der Mann könnte
einen zum verzweifeln bringen,
einen wütend machen könnte er.
An beiden Schultern packen
könnte man ihn
und dabei kräftig wachrütteln.
Nimmt er uns überhaupt ernst?
Verkennt er die Realitäten?
Täuscht er sich über die Wirklichkeiten
dieser Welt hinweg?
Paulus weiß was er sagt.
Paulus weiß, was schreibt.
Paulus weiß, was er zumutet.
Er selber sitzt im Gefängnis.
Im dunklen Kerker.
Wahrlich kein Grund zur Freude.
Doch andere Menschen
zur Freude ermutigen,
kann nur der, der sich selber
in seinem Herzen die Freude bewahrt hat
und dies entgegen all
der äußeren Umstände.
Zeit zum glücklich zu sein,
heißt ein Gedicht von Phil Bosmanns.
Guten Tag, mein Lieber,
nimm dir Zeit, um glücklich zu sein!
Du bist ein Wunder, das lebt,
das auf dieser Erde wirklich ist.
Du bist einmalig, einzigartig,
nicht zu verwechseln.
Weißt du das?
Warum staunst du nicht,
bewunderst du nicht,
freust du dich nicht
über dich selbst
und über alle anderen um dich?
Ist es dir´ so selbstverständlich,
findest du nichts dabei,
dass du lebst,
dass du leben darfst,
dass du Zeit bekommst,
um zu singen und zu tanzen,
Zeit, um glücklich zu sein?
Ist es möglich,
dass wir unsere Ansprüche
an unsere Mitmenschen,
an diese Welt
und an uns selber
viel zu hoch stecken?
Dass wir dann tatsächlich
die Freude verlieren
und unglücklich werden,
wenn wir schmerzhaft
feststellen müssen,
dass andere
und wir selber diesen Ansprüchen
nicht gerecht werden können?
Was macht eigentlich die wahre
und tatsächliche Freude aus?
Phil Bosmanns schreibt :
Das Glück des Menschen -
ich habe seine tiefsten Gründe gesucht,
und das habe ich herausgefunden:
der Grund liegt nicht im Geld,
nicht im Besitz, nicht im Luxus,
nicht im Nichtstun, nicht im Geschäftemachen,
nicht im Leisten, nicht im Genießen.
Bei glücklichen Menschen
fand ich immer als Grund
tiefe Geborgenheit,
spontane Freude an den kleinen Dingen
und eine große Einfachheit.
Ich habe mich immer gewundert:
Bei glücklichen Menschen fehlt
die verrückte Gier.
Niemals fand ich bei glücklichen Menschen,
dass sie ruhelos, gehetzt, getrieben waren,
niemals den Hang zur Selbstherrlichkeit.
Gewöhnlich besaßen sie
eine gehörige Portion Humor.
Wann haben
wir das letzte Mal über uns
selber lachen können?
Können wir uns an einer Blume freuen?
Wie sehr sprechen uns noch
einen Sonnenaufgang an?
Das Lachen, das Spielen,
die Unbefangenheit eines
Kindes?
„Ob man sein Leben lachend
oder weinend verbringt –
es ist die gleiche Lebenszeit“,
sagt man in Japan.
Das Sprichwort meint:
Es liegt an uns,
ob wir den größten Teil
unseres Lebens lachend oder weinend,
in depressiver Stimmung
oder mit positiver Haltung,
verbringen.
Eine Geschichte,
will ich erzählen,
eine Geschichte aus
der fernöstlichen
Literatur:
Auf einem hohen Berg
in der Nähe ihres Dorfes
lebte ein alter Greis,
von dem die Leute sagten,
dass er alles wisse.
Zwei Jungen
hatten sich in den Kopf gesetzt,
dem alten Greis eine Frage zu stellen,
die er nicht beantworten konnte.
Sie überlegten, welche Frage
die dem Alten stellen könnten.
Der eine von ihnen
kletterte auf einen Baum,
um besser überlegen zu können.
Auf einem Ast neben ihm
saß ein kleiner Vogel,
der leise zwitscherte.
Er griff nach dem Vogel
und hielt ihn in seiner Hand fest.
Als er zu seinem Bruder
hinunterkam rief er:
“Ich hab’s! Ich weiß,
was wir den Alten fragen werden.”
Er zeigte seinem Bruder
den Vogel in seiner Hand
und sagte:
“Wir fragen ihn,
was ich in der Hand halte!”
“Er wird antworten,
dass du einen Vogel in der Hand hältst.”
erwiderte sein Bruder wenig begeistert.
„Ich weiß“, sagte der andere.
„Aber dann werde ich ihn fragen,
ob der Vogel tot oder lebendig ist!
Und wenn er sagt,
dass der Vogel lebt,
dann drücke ich meine Hände zusammen.
Wenn er aber sagt,
dass der Vogel tot ist,
dann lasse ich ihn fliegen!”
So rannten sie den Berg
hinauf zu dem alten Mann.
“Alter Mann,
wir haben eine Frage an dich!”
“So fragt.” antwortete der Greis.
“Alter Mann,
was halte ich hier in der Hand?”
fragte der Eine und beide
starrten den Alten gespannt an.
Er schloss die Augen,
dachte einen Augenblick nach
und öffnete sie wieder.
Er sagte:
” Du hast einen Vogel
in deiner Hand.”
“Nun denn.
Weiser Mann, ist der Vogel tot
oder ist er lebendig?”
Daraufhin schloss der Greis seine Augen wieder.
“Mein Sohn. Ob der Vogel
tot oder lebendig ist,
das liegt ganz in deiner Hand.”
Die Reaktion auf das,
was uns zugemutet wird,
liegt in unserer Hand.
Wer den Mut hat,
seine Trauer auszuweinen,
wird auch wieder lachen können.
Wer jedoch im Weinen stecken bleibt,
der wird weinerlich durchs Leben gehen.
Und das ist dann seine eigene Entscheidung.
„Am Ende meiner
von Brutalität und Missbrauch
erfüllten Kindheit und Jugend“,
sagte mir eine Frau,
„stand ich vor der
Entscheidung, meinem Leben
ein Ende zu bereiten,
oder mir das Ziel zu setzen,
dennoch erst recht fröhlich
zu werden,
niemals aufzugeben,
ein glücklicher Mensch
zu werden
und andere Menschen mit meiner
Freude anzustecken.
Zum Glück habe
ich mich für das Zweite
entschieden.“
Spüren Sie?
Es geht dabei nicht
um irgendeine Freude,
die sich an Äußerlichkeiten festmacht,
die nicht wirklich die Tiefe eines Herzens
erreichen können
und im Letzten nicht halten,
was sich viele Menschen von ihnen versprechen.
Es geht um die Freude,
die für mich persönlich
in Gott ihren Grund hat
und auch ihren festen Bestand,
losgelöst von den äußeren Umständen,
die manchmal tatsächlich
zum Heulen,
zum Weglaufen,
zum Losschreien sein können.
In Gott
finde ich Geborgenheit,
die trägt,
die bestehen lässt,
die mir Freude gibt
und Hoffnung schenkt,
wenn andere nur
noch verzweifeln wollen,
weil ihnen dieses Aufgehobensein
weil ihnen dieser Halt,
weil ihnen dieser Glaube fehlt.
Gott bewahrt mich davor,
alle Gründe zur Freude zu verlieren.
Gott zeigt mit einen Sinn
in den Dingen und im Leben auf,
wenn ich selber keinen Sinn
mehr erkennen kann
und ich nur noch an dieser Welt,
an mir selber
und auch an ihm
in die Irre gehen will.
„Gaudete.
Freut euch!“
Gewiss
wir haben alle
genügend Gründe
zum Traurigsein.
Gerade auch,
wenn wir an die vor uns liegenden
Festtage denken, die nicht,
wie üblich, von Unbefangenheit,
herzlichen Begegnungen mit
Menschen der Familie und
Freunden bestimmt sein
können.
Darüber täuscht
uns auch nicht
dieser Sonntag hinweg.
Darüber täuscht
uns auch nicht
dieser Sonntag hinweg.
„Gaudete!
Freut euch!
Das will nicht heißen:
„Alles halb so schlimm.
Das wird schon wieder.
Stellt dich nicht so an!“
Jedoch:
Einem Menschen,
der tatsächlich an Gott glaubt
und sich in Gott geborgen weiß,
kann die Freude niemals gänzlich
abhandenkommen.
„Ihr werdet bekümmert sein“,
sagt Jesus zu seinen Jüngern,
„aber euer Kummer wird sich
in Freude verwandeln.
… und niemand nimmt
euch eure Freude.“
„Fürchtet euch nicht,
denn ich verkünde euch eine große Freude,
die dem ganzen Volk zuteilwerden soll.“
Die Engel stellen dies den Hirten,
den Hirten in Aussicht.
In Jesus Christus sagt Gott uns zu:
Ihr habt Grund zur Freude.
Ich selber bin dieser Grund.
Lasst euch die Freude nicht nehmen.
Eure Freude hat Bestand.
Sie ist Eure Kraft.
Zur Freude seid ihr berufen.
Die Freude des Advents
befreie uns
aus dem Gewöhnlichen
und ermuntere uns
zu Neuem.
Die Freude des Advents
führe uns zu den Quellen,
die unser Leben lebenswert
machen.
Die Freude des Advents
mache uns Schweres leichter,
Unerträgliches tragbar,
Feindliches liebenswert.