Es gibt Sätze, die sprechen mich ganz
unvermittelt an. Worte, die mich tief
in meinem Inneren bewegen. Gedanken,
die sich in meinem Leben einfach Raum
nehmen und sich niederlassen
wollen, ob ich es selber will
oder nicht.
Ein solcher Gedanke lautet:
„Unser Zweifel ist der Raum,
in dem Gott an uns glaubt.“
Dieser Satz hat es wahrlich
in sich: Uns, unseren ganz
eigenen Zweifel und auch
Gott.
„Unser Zweifel ist der Raum,
in dem Gott an uns glaubt.“
„Von Zweifeln ist mein Leben
übermannt, mein Unvermögen
hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in
deine Hand, in dein Erbarmen
fest mich eingeschrieben?“
Nimmst du mich auf in dein
gelobtes Land? Werd´ ich dich
noch mit neuen Augen sehen?“
Huub Oosterhuis spricht einen ganz
eigenen Zweifel in diesem Liedtext
an: Es ist der Zweifel an Gottes
Verlässlichkeit, an seiner Nähe
und Gegenwart; der Zweifel daran,
ob sein Wort tatsächlich hält,
was es verspricht. Ob er
der Gott des Lebens ist.
Kennst du mich, Gott, wirklich
bei meinem Namen?
Bin ich dir vertraut?
Darf ich mit deinem
Entgegenkommen, Gott,
rechnen, damit, dass du mir dein
Erbarmen schenkst, mir meine
Schuld und mein Versagen
vergibst?
Wirst du mir neues Leben
schenken, Gott, und mir die Gnade
zuteil werden lassen,
dich so zu sehen,
wie du bist und auch
mich in meinem wahren
Wesenskern zu erkennen,
zu begreifen, wer ich
vor dir sein soll?
Jeder Mensch kennt
seine Zweifel. Nicht immer
betreffen sie die Beziehung
zwischen Gott und dem
Menschen.
Ob mich meine Frau wirklich
liebt? Ob ich mich auf den
Freund tatsächlich verlassen kann?
Ob ich das, was mir an
Prüfungen und Herausforderungen
aufgegeben ist, wirklich schaffe?
Ob ich durchhalte, aushalte,
die Kraft zu diesem oder jenem
finde?
Ob ich unbeschadet aus
der augenblicklichen Krise,
die die Welt und unsere Gesellschaft
im Augenblick so sehr gefangenhält,
wieder herausfinde,
ganz persönlich, mit den Menschen,
die mir lieb und teuer sind,
beruflich?
„Unser Zweifel ist der Raum,
in dem Gott an uns glaubt.“
Zweifel dürfen sein.
Zweifel müssen sein,
wenn ich Klarheit und
Gewissheit gewinnen möchte.
Auch Gott gesteht uns
unsere Zweifel zu.
Mehr noch:
Gott kann unseren Zweifel
dazu verwenden, dass wir die Beziehung
zu ihm auf ein neues Fundament
stellen, dass wir uns seiner
gewisser werden können.
Der Zweifel des Thomas
wurde ihm zum Segen. Ihm war es
geschenkt, Christus zu berühren,
ihn anzufassen und so über
seinen Zweifel hinauszuwachsen:
„Mein Herr und mein Gott.“
Wir brauchen uns ob
unseres Zweifels nicht
zu schämen. Auch wenn wir
zweifeln und nicht glauben
können, Gott glaubt an
uns.
Dass ein anderer an mich
glaubt, das ist ganz entscheidend.
Dass ein anderer Mensch Vertrauen
in mich setzt, stärkt das Selbstbewusstsein.
Damit ein Mensch sich zu einer
gesunden und psychisch ausgeglichen
Persönlichkeit heran entwickeln
kann, braucht es den Glauben
an ihn: den Glauben seiner
Eltern, den Glauben seiner
Lehrer und Erzieher,
den Glauben ihn
begleitender und liebender
Menschen.
Vor allen aber ist es
Gott, der an mich glaubt.
Das ist entscheidend in
meinem Leben. Ob ich nun
selber glauben kann oder
ob mein Zweifel vieles
in Frage stellen will.
Ja, Gott kennt mich bei
meinem Namen.
Ja, Gott schenkt mir sein
Erbarmen.
Ja, Gott lässt mich schauen,
was er mit meinem Leben
gemeint hat. Er schenkt
mir dieses Leben.
Daran zu zweifeln, einmal
mehr und einmal weniger,
ist nicht verwerflich.
Daran zu zweifeln,
dass Gott an mich glaubt,
kann dagegen ein ganzes
Leben infrage stellen
und seines Sinns
berauben.
„Unser Zweifel ist der Raum,
in dem Gott an uns glaubt.“
Schenken wir Gott diesen
Raum, damit der Zweifel
uns nicht übermannt, vielmehr,
dass wir Trost finden
und inneren Frieden.
Ja, dass wir wie Thomas
bekennen können:
Mein Herr und Gott.
Selig wären wir.