Ich stelle mir die Szene
vor und begebe mich mitten
unter die Menschen, die
sich um Jesus versammelt
haben.
Ich sehe ihn und ich
sehe die vielen Leute,
die zu ihm gekommen sind
mit ihren unterschiedlichen
Bedürfnissen, Erwartungen
und Anliegen.
Auch die Menschen, die
Jesus kurz zuvor in seine
Nachfolge gerufen hat,
sehe ich, die Jünger.
Sie alle sitzen beieinander.
Sie blicken auf Jesus und
hören seine Worte.
Es ist still und leise.
Nichts von dem,
was er zu sagen
hat, will man
überhören.
Schließlich geht
es um Wesentliches.
Es geht um Gott.
Es geht um den Menschen.
Es geht um das Leben.
Und immer wieder
auch um mich selbst.
In diesem Umfeld
höre ich seine Worte:
„Ihr seid das Salz
der Erde! Ihr seid das
Licht der Welt!“
Sein Wort trifft mich
unmittelbar und
ich frage zurück:
„Wer - ich?“
Und er antwortet mir:
„Ja, auch Du.“
Ich erschrecke
und bekomme
es zunächst mit der
Angst zu tun.
Salz der Erde zu sein
und Licht für so viele.
Das ist unmöglich.
Das übersteigt meine
Ressourcen,
meine Fähigkeiten,
meine Kraft.
Nein, das geht nicht.
Das geht überhaupt
nicht. Ich fühle mich
überfordert. Maßlos.
Was lösen die Worte
Jesu in Ihnen selbst aus?
Sprechen Sie sie einmal
leise nur für sich nach.
Jetzt oder auch in
einer stillen Minute:
„Ich bin das Salz
der Erde! Ich bin das
Licht der Welt.“
Wie geht es Ihnen
damit? Kommen diese
Worte bei Ihnen an?
Und wenn ja, wie?
Lösen diese Worte in
Ihnen etwas aus?
Und wenn ja, was?
Und dann blicke
ich wieder um mich.
Ich stelle fest. Ich bin
nicht allein. Das Wort
Jesu richtet sich nicht
nur an mich, sondern
an die vielen anderen
um mich herum.
Ja, auch an jeden
und jede einzelne
von Ihnen.
„Salz und Licht –
Schlüsselworte
für ein Leben als Christ.
Damit alle auf den
Geschmack kommen,
dürfen wir nicht fad
sein – die Botschaft
soll Appetit machen,
damit allen ein Licht
aufgeht wie schön
die Welt ist, wie groß
Gott ist, wie hell ihr
Leben werden kann
in der göttlichen Liebe.
Salz und Licht –
Jesu Appell an mich:
Misch dich ein.
Zünd Lichter an.“
Rica E. Friedberg
Die Finsternis, in der
sich die Kirche heute befindet
ist tief und die Dunkelheit
groß. Schwere Schatten
haben sich über sie
gelegt.
Sie steht vor
Herausforderungen
im Inneren. Da gibt
es Themen, die keinen
längeren Aufschub dulden.
Der Synodale Weg, dessen
erste Versammlung und
inhaltliche Arbeit in der
vorletzten Woche
in Frankfurt begonnen
hat, benennt sie ohne
Umschweife:
Es geht um die Aufarbeitung
von Fällen von sexuellem
Missbrauch in der Kirche
und um den Missbrauch von
Macht.
Es geht um die Lebensform
der Bischöfe und der Priester.
Es geht um die Sexualmoral
der Kirche, die entscheidende
Erkenntnisse aus Theologie und
Humanwissenschaften noch
nicht aufgenommen hat.
Und schließlich geht es um
Frauen in Diensten und Ämtern
der Kirche.
Und: Die Kirche steht
vor äußeren Herausforderungen.
Sie leidet unter dem
Verlust an Glaubwürdigkeit
und unter der zunehmenden
Gleichgültigkeit von Menschen
ihr gegenüber.
Viele wollen sie in ihrem
Verhalten und in dem,
was sie Menschen sagt,
nicht mehr ernstnehmen.
Viele haben genug von
Kirche, winken ab und kehren
ihr den Rücken zu.
Zu tief sitzen
die Verletzungen.
Zu groß sind die
Enttäuschungen.
Durch all das leidet
Wesentliches:
Die Botschaft, für
die Kirche einstehen soll.
Das Evangelium Christi.
In dieser Situation
trifft mich das Wort
Jesu noch einmal
in einer ganz anderen
Dimension, Art
und Weise.
„Du bist das Salz
der Erde! Du bist das
Licht der Welt!“
Ich spüre meine
Hilflosigkeit und meine
Ohnmacht in dem großen
Ganzen und stoße damit
ein weiteres Mal auf
meine Grenzen.
Ich bin versucht, mich
in meine eigene, kleine
Glaubenswelt zurückzuziehen,
so wie es mittlerweile
viele Einzelne,
Verantwortliche und
Gemeinden tun.
Aus Frustration.
Aus Enttäuschung.
Aus Resignation.
Aus Hilflosigkeit.
Aus Wut.
Sie retten, was noch
zu retten ist. Halten sich
verkrampft an dem fest,
was schon lange nicht
mehr trägt. Hängen
vergangenen Zeiten
nach und damit einem
Bild von Kirche, das
schon lange nicht
mehr in die Zeit
passt.
Jesus fragt:
„Was passiert mit dem
Salz, wenn es seinen
Geschmack verloren
hat?“
Jesus sagt:
„Es wird
weggeworfen.“
Die Kirche in unserem
Land und in unser Gesellschaft
hat an Geschmack verloren.
Was von ihr geblieben ist, scheint
vielmehr für viele einen
recht bitteren Beigeschmack
zu besitzen.
Das tut weh.
Das schmerzt.
Das macht traurig.
Das ist so.
Was heißt es, in dieser
Zeit und Situation „Salz der
Erde“ und „Licht der Welt
zu sein?“
Jesus fragt:
„Womit kann man das
Salz wieder salzig
machen?“
Ich frage Sie:
„Womit kann man die
Kirche wieder salzig
machen?“
Womit kann man
unsere Gemeinden
wieder salzig machen?
Was lässt uns wieder
zum Licht der Welt
werden?“
Diese Fragen sind
grundsätzlicher Natur.
Sie zielen aufs Ganze
und lenken den Blick
auf die Wurzeln des
Glaubens.
Sie machen einen
Standortwechsel notwendig.
Eine neue Form von
Glaubensleben, Gemeinden
und deren Leitung.
Ein entschiedeneres Auftreten
und Eintreten von Christen.
Eine eindeutige lebensbejahende
Positionierung in den Fragen,
die die Menschen betreffen.
Einen neuen Bezug
zu Christus selbst.
Sie erfordern
Glaubwürdigkeit.
Ich halte inne.
Zu verlockend ist es,
mich wieder zu den anderen
zu setzen und Jesus einfach
nur zuzuhören.
Doch da gibt es etwas,
das mich in meinem Inneren
unruhig sein lässt. Einfach
nicht zur Ruhe kommen
lassen will:
Damit Kirche wieder an
Geschmack gewinnt,
darf ich nicht fad
sein.
Salz und Licht –
Jesu Appell an mich:
Misch dich ein.
Zünd Lichter an.
Sind Sie dabei?