Es bedeutet für mich
mehr als ein Zufall, dass
heute dieses
fast programmatische Wort
zu hören ist.
„Ich bin gekommen, damit
Sie das Leben haben und es
in Fülle haben.“
Genau darum geht
es Jesus von Anfang an:
Dass der Mensch Leben
erfahre, Leben in einer
noch nie dagewesenen
Einzigartigkeit und Fülle:
Heiles Leben.
Befreites Leben.
Versöhntes Leben.
Unverstelltes Leben.
Erlöstes Leben.
Leben in Fülle.
Es scheint, dass uns genau
dies in den zurückliegenden
Wochen verwehrt wurde – Leben -
durch die Pandemie, die
sich in der ganzen Welt
ausgebreitet und
versucht hat, das Leben
zu untergraben,
wichtige und wesentliche
Grundvollzüge
dieses Lebens in Frage
zu stellen.
Und auch jetzt noch
befinden wir uns
von der Normalität
des Alltags weit entfernt.
Die Art und Weise wie
wir dazu angehalten sind,
Gottesdienst zu feiern
und unseren Glauben
zu bekennen, lässt
keinen anderen Gedanken
zu:
Wir sind noch nicht
über dem Berg.
Auch wenn uns die
Ungeduld dies möglicherweise
glauben machen möchte,
es braucht noch Zeit bis
vieles wieder in guten
und vertrauten, möglicherweise
auch ganz anderen und neuen
Bahnen laufen kann.
Ja, die Ungeduld scheint
mir in dieser Zeit unser
größter Gegner zu sein.
Keinem ist es zu verdenken,
wenn er ungeduldig reagiert.
In den zurückliegenden
Wochen haben wir auf
sehr vieles verzichten
müssen. Doch nicht nur
das, ganze Existenzen
wurden in Frage gestellt
und manche sogar
vernichtet.
Die wirtschaftlichen Folgen
sind noch nicht zu ermessen.
Die seelischen Spuren, die
die Pandemie bei einzelnen
hinterlassen hat, ebenso
wenig.
In einer solchen Situation
trifft uns das Wort Jesu.
Es lädt uns ein, dem
Leben mehr zu vertrauen
als dem, was im Augenblick
möglicherweise unsere
Seele so sehr belastet
und vieles in Frage
stellen will.
„Ich bin gekommen, damit
Sie das Leben haben und es
in Fülle haben.“
Gab es Momente in
den vergangenen Wochen,
die uns dieses von Jesus
angesprochene Leben
verspüren haben lassen.
Zumindest ansatzweise?
Wehren wir diese Frage
nicht gleich ab. Schauen wir
ruhig einmal genauer
auf die zurückliegende
Zeit. –
Wo und in welchen
Momenten habe ich für mich
verspüren können, dass
ich von Gott gewollt
und geliebt und gehalten
bin?
Wo in allen
lebensfeindlichen
Augenblicken habe ich
etwas von der Zusage Jesu,
dass ich Leben haben soll,
erfahren?
Wo?
Wann?
Wie?
Durch wen?
Was mich persönlich
in den zurückliegenden
Wochen sehr berührt hat
war, wie mancherorts
Menschen, wohlbemerkt
in einem übertragenen Sinn,
zusammengerückt sind und
welche Fantasien und Ideen
sie entwickelt haben,
um sich gegenseitig
zu unterstützen,
zu helfen,
beizustehen und
Mut zu machen.
Da traten Solisten
auf den Balkon ihrer
Wohnung und
erfreuten die Nachbarn
mit musikalischen Einlagen.
Gesang und Schauspiel.
In Italien hingen an
den Fenstern Tücher aus
Leinen mit der Aufschrift:
„Andra tutto bene!“
Alles wird gut. So machte
man sich Mut.
Nachbarn erledigten
Einkäufe und boten
Hilfe an, insbesondere die älteren
Menschen hatten sie dabei
im Blick.
Familien versammelten
sich vor den Pflegeheimen,
winkten ihren Angehörigen
zu, zu denen ihnen der
Zugang verwehrt wurde.
Auch die modernen Medien
und Kommunikationswege
fanden reichen Zuspruch
und wurden auch für
die Übertragung von
Gottesdiensten
genutzt.
Natürlich will ich
für die anderen Momente
nicht blind sein, Momente,
die das Leben immer wieder
in Frage stellten:
Angst,
Unsicherheit,
Zweifel,
Krankheit,
Einsamkeit,
Egoismus.
Ich sehe Menschen,
die sich beim Einkaufen
um eine Packung
Toilettenpapier streiten.
Ich sehe junge wie alte
Menschen, die eine große
Unsicherheit ob all dem
überkommt, was sie in
diesen Wochen erleben
müssen.
Ich sehe einsame, kranke
und sterbende Menschen
in den Pflegeheimen
und auf den Intensivstationen
der Krankenhäuser.
Ich sehe Menschen, die
aus der Not anderer
Profit machen.
Und dennoch erlebe
ich immer wieder Momente,
in denen sich das Leben
Raum nimmt und durchbricht.
ansatzweise, wie es sich
Jesus wohl gedacht haben
mag:
Da sind die vielen Frauen
und Männer, die sich
aus Berufsgründen Übermaßen
für das Wohl der anderen
einsetzen, die einen unverzichtbaren
Beitrag zum Gemeinwohl
beitragen und dabei oftmals
die eigene Gesundheit
aufs Spiel setzen.
Da ist der Eisverkäufer
der das Bußgeld für seinen
Kunden übernimmt, weil
dieser bereits innerhalb der
vorgeschriebenen Zone
anfing, sein Eis zu schlecken.
Da sind Politiker
unterschiedlicher
Parteien, die
zusammenrücken, um
gute Strategien zu entwickeln
mit der ganzen Krise angemessen
umgehen zu können.
„Ich bin gekommen, damit
sie das Leben haben und es
in Fülle haben.“
Das Leben lässt sich nicht
aufhalten. Es bricht sich immer
wieder aufs Neue Bahn.
Spätestens seit Ostern
müsste dies uns allen klar
sein.
Dabei vertröstet uns
unser Glaube nicht auf
das Ende unseres Lebens
allein. Nein, der Glaube
sagt: Auferstehung
geschieht immer, auch
heute und jetzt, weil
Gott unser Leben hier
und jetzt will.
Wir dürfen mit der
Auferstehung mitten
am Tag rechnen. Auch mit
der Auferstehung nach
dieser Krisenzeit.
„Ich bin gekommen,
damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben.“
Ich meine, dass uns der
Glaube an dieses programmatische
Wort Jesu Kraft und Stärke,
Hoffnung und Zuversicht,
Vertrauen und Mut
zusprechen kann für die
noch vor uns liegende
Zeit, die sicherlich noch
eine Ausnahmezeit
für uns alle darstellen
wird und uns abverlangen wird,
möglicherweise mehr als
einmal über unseren
eigenen Schatten zu springen.
„Ich bin gekommen, damit sie
das Leben haben und es in Fülle
haben.“
Neben diesem Wort
gibt es für mich noch ein
anderes Wort, das nicht
weniger programmatisch
für mich klingt.
Ich finde es beim
Propheten Jesaja:
„Fürchte dich nicht,
denn ich habe dich erlöst.
Ich habe dich bei deinem
Namen gerufen, du bist
mein.
Wenn du durchs Wasser
gehst, ich bin bei dir,
und durch Ströme, sie
werden dich nicht
überfluten.
Wenn du durchs Feuer gehst,
wirst du nicht versenkt
werden, und die Flamme
wird dich nicht verbrennen.
Denn ich bin der Herr,
dein Gott …
weil du teuer bist in
meinen Augen und
wertvoll bist und
ich dich lieb habe.
Fürchte dich nicht,
denn ich bin mit dir!
Segen
Seien Sie gesegnet.
Seien Sie gesegnet mit
der Gewissheit, dass es
Gott mit Ihnen gut meint,
dass er Ihr Leben will,
unverstellt und frei, in
Fülle und dass er Sie
lieb hat.