Vor einer Woche noch
befanden wir uns in der
Karwoche. Es war Karfreitag.
Christen in aller Welt erinnerten
sich an den Tod Jesu.
Dann wurde es still.
Karsamstag. Grabesruhe.
Am Abend dann wurde
in vielen Kirchen in einem
überschaubaren Rahmen
von Beteiligten die Osternacht
gefeiert.
Es war keine Osternacht
wie sonst. Weiß Gott nicht.
Die Bänke blieben leer.
Die Gemeinden zuhause.
Viele vor den Bildschirmen,
um auf die Feier von Leben
und Auferstehen Jesu nicht
ganz verzichten
zu müssen.
Danach überschlugen sich
die Ereignisse. Die Frauen und
die Jünger entdeckten das
leere Grab. Eigentlich wollten
sie hin, um den Leichnam
Jesu zu salben. Dann stand
Jesus selbst vor ihnen.
Der Auferstandene.
Am Ostermorgen.
Zwei der Jünger wollten
aussteigen. Nicht mehr länger
mitmachen. Sie hatten genug
von all dem. Sie beschlossen,
Jerusalem zu verlassen
und in ihren Heimatort
zurückzukehren, Emmaus.
Wir wissen, es kam anders.
Vollkommen anders.
Am Ende finden sie
sich bei den anderen
Jüngern wieder. Sie erzählen
von Ihrer Begegnung mit Jesus
und davon, wie sie ihn
bei Brotbrechen erkannten
und wie er ihnen zuvor
die Bedeutung der Schrift
erschloss.
Plötzlich steht Jesus bei ihnen.
Unvermittelt ist er einfach da.
Sie meinen, einen Geist zu
erkennen. Sie bekommen es
mit der Angst zu tun.
Jesus überzeugt sie eines
anderen: Ich bin es. Begreift doch.
Hier, meine Hände, meine
Füße. Und dann essen sie
miteinander. Teilen Fisch
und Brot.
Vor einer Woche befanden
wir uns noch in der Karwoche.
Mittlerweile sind die großen
Feiertage, wie auch immer,
vorbei. Der Alltag hat uns wieder,
vielmehr das, was zwischenzeitlich
uns zum Alltag geworden ist,
in dieser Zeit der Krise.
Alltag. Es scheint, dass er
auch die Jünger wieder ergriffen
hat. Sie gehen fischen. Kehren
in alte Muster zurück, so als
sei nichts gewesen.
Die Nacht auf dem See
ist enttäuschend. Sie fangen
nichts. Schließlich kehren
sie ans Ufer zurück.
Dort steht jemand.
Sie erkennen ihn nicht.
Der Evangelist Johannes schreibt,
dass es Jesus ist. Der hat Hunger.
Er will etwas zu essen. Doch
die Jünger haben nichts.
Der ihnen immer noch
Fremde sagt, dass sie noch
einmal hinausfahren sollen.
Nur dieses Mal sollen sie
die Netze auf der anderen
Seite des Bootes auswerfen.
Auf der rechten Seite.
Wir kennen den weiteren
Verlauf der Geschichte.
Die Netze sind übervoll.
Sie drohen zu zerreißen.
Petrus erkennt seinen Herrn
und springt in den See.
Am Ufer angekommen
brennt dort ein Feuer.
Darauf liegen Fisch und Brot.
Und Jesus lädt zum Essen ein.
Er nimmt den Fisch.
Er nimmt das Brot und
gibt es weiter.
Ein Gedicht von Rica Friedberg
fängt das Geschehen so ein:
Die Nacht wieder
auf dem See verbracht
bei gewohnter Arbeit
ohne Erfolg
Morgenfrühe
die Sonne steigt auf –
das vertraute Ufer
schimmert in neuem Licht
Eine Stimme ist da
Deine Stimme
erkannt von der Liebe
Ein Feuer brennt
und angerichtet ist das Mahl
Seit jenem Morgen
lädst du uns ein:
Kommt her und esst!
Das wissende Herz
muss nicht mehr fragen –
es glaubt.
Jesus zeigt sich den
Jüngern zum dritten Mal.
Und zum wiederholten Mal
verbindet er sein Erscheinen
mit einem Mahl.
Das könnte bedeuten,
dass der Mensch dazu berufen ist,
satt zu werden – satt an Leben.
Und genau das ist ja seine
Verheißung, die Verheißung
des Auferstandenen an jeden
von uns:
„Ich bin gekommen,
damit sie das Leben haben,
und es in Fülle haben.“
Gott ereignet sich in
jedem Augenblick.
Damals am Ufer des Sees,
heute an dem Ort, an dem wir
stehen und unser Leben
leben.
Gott ereignet sich in
jedem Augenblick und lädt
heute uns zum Mahl ein,
dazu satt zu werden und
das Leben zu haben.
Jetzt, wo Sie diesen Impuls
hören, ereignet sich Gott.
Jetzt ist er gegenwärtig.
Da.
Jeder Augenblick ist ein
Augenblick Gottes, voller
Leben, voller Fülle.
Gott ist da in der Luft,
die Sie atmen, in dem
Sonnenstrahl, der gerade
ihr Gesicht erhellt, in
der Blume, auf die ihr
Blick fällt, im Blick
Ihres Gegenübers.
Und Jesus lädt uns ein,
das Leben in Gott zu schmecken,
zu begreifen, dass er lebt.
Kein Toter isst mit seinen
Freunden. Wir sind eingeladen,
heute das Leben zu schmecken.
Seitdem Jesus auferstanden
ist und am Ufer wartet,
ist der Alltag kein Alltag
mehr, vielmehr durchdrungen
von dem Licht der Auferstehung
und der Zusage eines Lebens
in Fülle für alle.
Das wissende Herz
muss nicht mehr fragen –
es glaubt.
Segen
Gott segne Sie mit den Augen
der Jünger, die den auferstanden
Herrn am Ufer erkannten.
Er segne Sie mit einem brennenden
Herzen in seiner Nähe und mit
dem österlichen Frieden in diesen
Tagen und bleibe als Gast in
Ihrer Mitte.