Es ist ein Gedanke,
den ich in diesen Tagen
gelesen haben und der sehr
treffend die ganze Situation
auf den Punkt bringt, in
der viele augenblicklich
stehen:
„Wir hängen dazwischen.
Altes ist leer geworden,
es klingt hohl, bringt
nichts mehr zum Schwingen
in uns.
Worte,
Lieder,
Gesten,
Bewegungen,
Gedankengebäude,
sie betreffen und nicht mehr,
und darum sind wir nicht
betroffen.
Es geschieht etwas an
uns aber nicht in uns.
Wir warten.
Wir überlegen.
Wir sind unsicher.
Wir ahnen.
Das Neue ist noch
nicht da. Wir wissen,
dass es kommen wird,
weil wir das Alte verloren
haben.“ (U. Schaffer)
Wir hängen dazwischen.
Zwischen Alltag und
Ausnahmezustand.
Zwischen Normalität
und dem, was uns nicht
mehr als normal vorkommt,
vielmehr so unwirklich
erscheint.
Zwischen Lachen und
Weinen.
Zwischen Sicherheit und
Unsicherheit.
Zwischen Fortschritt
und Rückschlag.
Zwischen Liebe und
Hass.
Zwischen Umarmen
und Loslassen.
Zwischen Freude
und Trauer.
Zwischen Vergebung
und Schuld.
Zwischen Gut und
Böse.
Zwischen Frieden und
Krieg.
Zwischen Gewissheit
und Zweifel …
Wir hängen dazwischen.
Dazwischen immerzu.
Nicht nur jetzt in dieser
für viele herausfordernden
und vom gewohnten
Alltag weit entfernten
Situation.
Unser Leben
spielt sich ständig zwischen
diesen Gegensätzen
und Polen ab.
Einmal bewegt es sich
mehr auf diesen Pol
zu, ein anderes Mal
auf den Gegenpol.
Und manchmal stecken
wir mittendrinn.
Überwältigt.
Hilflos.
Unsicher.
Ängstlich.
Wo stecken Sie gerade?
Mehr hier, oder mehr
dort? Oder vielmehr
mittendrin?
Und was hilft Ihnen
durchzuhalten?
Möglicherweise der
Mut, sich den Veränderungen
des Lebens zu stellen.
Möglicherweise die
Bereitschaft dazu, Altes
und Leergewordenes
loszulassen und sich die
Lösungen von früher
nicht mehr zu erlauben.
Möglicherweise die
Neugierde am Leben überhaupt
und all dem, was es noch
an Möglichkeiten in sich
birgt.
Möglicherweise
das Vertrauen
und der Glaube,
dass alles weitergeht,
dass es einen Punkt gibt,
auf den wir zugehen,
zuströmen, dass es
eine Kraft gibt,
die unsere Entwicklung
steuert, in deren
Hand unser Schicksal
gut aufgehoben
ist.
Die Jünger Jesu
hängen dazwischen.
Zwischen Himmelfahrt
und Pfingsten.
Zwischen Loslassen
und Umarmen.
Zwischen Abschied
und Neubeginn.
Zwischen der Zeit mit
Jesus und der Zeit
mit dem Heiligen
Geist.
Zwischen Rückzug
und Aufbruch.
Und um nichts anderes
geht es Jesus, als dass sie
Gott und ihn erkennen.
Bei allem, den Blick
auf Gott nicht verlieren.
Ihm im Auge behalten.
„Das aber ist das ewige
Leben; dass sie dich, den
einzigen wahren Gott,
erkennen und den du
gesandt hast,
Jesus Christus.“
Erkennen auch in
dem Dazwischen.
In dem Hier und dem
Jetzt. Im Alltag und
in der Anomalität
menschlichen Daseins.
Wo erkenne ich Gottes
Gegenwart? Wo will er mir
nahe sein? Wo tritt er an
mich heran, spricht mir
Mut und Segen zu?
Wo erfüllt sich das
Wort von Himmelfahrt,
dass er bei mir ist,
alle Tage meines
Lebens?
„Das aber ist das ewige
Leben; dass sie dich, den
einzigen wahren Gott,
erkennen und den du
gesandt hast,
Jesus Christus.“
Ist es nicht ein
Unterschied ob ich
mit der Gewissheit,
dass Jesus meine Schritte
begleitet durch dieses
Dazwischen gehe, als
im ständigen Zweifel
daran?
„Mit meinem Gott
überspringe ich Mauern“,
heißt es in einem
Psalmwort.
Welche Mauern habe
ich selbst schon mit Gottes
Hilfe überspringen können?
Was hält mich im Augenblick
so gefangen und engt mich
so sehr ein?
Wie könnte es
mir heute noch gelingen,
diese Mauern zu
überspringen?
Das mögliche Stichwort
heißt „Aufbruch“. Die
Jünger stehen kurz davor,
obwohl sie im Augenblick
noch keine Ahnung davon
besitzen. Aufbruch in
Gottes Namen und
Jesu Geist.
„Komm, Heiliger Geist,
der Leben schafft, erfülle
uns mit deiner Kraft.“
Gottes Geist bewirkt
den Neuanfang in jedem
Dazwischen. Er schenkt
Kraft, Lachen, Sicherheit.
Er bewirkt Fortschritt,
Umarmen, Vergebung,
Frieden. Er befreit zur
Liebe und zum Leben.
Seine Wirkkraft hält
ein anderer Gedanke fest:
„Ich breche durch in diesen
weiten Raum.
Meine Augen sind Vögel,
die durch die Luft stürzen,
sich schwingend hoch halten,
still stehen im Wind unter
ihren Flügeln, abwinkeln,
wegfallen vom Wind,
mit dem Tod spielen,
um endlich das Leben,
das dichte, mitreißende
zu spüren.
Das bin ich.
He, wie ich fliege
in diesen weiten Raum
mit meinen Windgedanken,
die entgrenzt in den Geist
der Freiheit wirbeln,
Boten einer anderen
Helligkeit.
Hier hat die Verzweiflung
aufgehört. Unmöglichkeiten
werden zu Wundern, und wie
ein Puls wellt und fließt
das Leben durch die blühende
Luft.“
Seien Sie gesegnet
im Dazwischen mit dem
weiten Raum, den Gott
ihnen zur Verfügung stellt,
damit Sie ihre Flügel
ausbreiten und sich emporschwingen
können, immer wieder,
und immer mehr ihm, dem
Gott Ihres Lebens, entgegen.
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Thomas Diener, Pfarrer