Willigis Jäger ist Mönch
der Abtei Münsterschwarzach
und Zen-Meister. Zu dem
gerade gehörten Evangelium
schreibt er:
Wohl dem Menschen, der
rechtzeitig mit seinem Suchen
an ein Ende kommt und erkennt,
dass er umkehren muss, wie
der jüngere Sohn in der
Geschichte.
Wohl dem Menschen, dessen
Leidensdruck so stark ist, dass er
nicht mehr anders kann, als umzukehren
und einzusehen, dass er beim Vater
die Fülle des Lebens hat, da er ja
die Quelle des Lebens ist.
Alles haben wir von ihm.
Wir müssen nur erkennen,
dass die erträumte Unabhängigkeit
eine Illusion ist und in die
Entfremdung führt.
Gott und der Mensch
gehören untrennbar zusammen.
Das ist der entscheidende
Punkt, auf den das Evangelium
verweist.
Es gibt kein wirkliches
Losgelöstsein von Gott,
auch dann nicht, wenn sich
der Mensch von Gott lossagen
will. Irgendwann kommt der
Mensch zu Gott zurück und
findet seinen Ursprung
wieder.
Die Versuchung, die in uns
allen steckt ist die, zu vergessen
wer wir in Wirklichkeit sind
und wohin wir wesentlich
gehören.
Hier zu stehen
in diesem Nicht-Mehr und
Noch-Nicht, ist eine Form
von Glauben, und sich die
Lösungen der Vergangenheit
nicht mehr zu genehmigen,
ist Ausdruck des Vertrauens,
dass alles weitergeht,
dass es einen Punkt gibt,
auf den wir zuströmen,
dass es eine Kraft gibt,
die die Entwicklung steuert.
Ich will mich der Veränderung
nicht entziehen. Ich will loslassen,
um wieder Neues umarmen
zu können. Und auch das will ich
wieder loslassen, in einer ständigen
Entwicklung auf meinen Ursprung
zu, auf die Vollkommenheit, aus der
ich komme und zu der ich gehe.
Der christliche
Autor Ulrich Schaffer
schreibt diese Gedanken.
Wo stehen Sie gerade
auf Ihrem ganz eigenen
Lebensweg, auf dem Weg
zu unserem gemeinsamen
Ursprung?
Befinden Sie sich auf
dem Weg davon?
Befinden Sie sich auf
dem Weg zur Quelle
des Lebens hin?
Wo steht unsere Welt
mit all ihren ungelösten
Problemen und Herausforderungen?
Befindet sie sich auf dem Weg
weg von dem Ursprung, der für
uns Gott bedeutet, oder ist sie
auf dem Weg zu ihm hin?
Wo steht unsere Kirche?
Wo stehen unsere Gemeinden?
Stehen wir Gott nahe?
Oder drehen wir uns nicht
allzu sehr nur um uns selbst?
Viel zu weit weg von
dem, wozu uns Gott
gemacht hat?
Die Versuchung, die uns
Menschen betrifft, Zeit unseres
Lebens betrifft, ist die, zu vergessen,
wer wir sind und wohin wir
wirklich gehören.
Gott zu vergessen
wäre gänzlich fatal!
Das Gleichnis lädt uns ein,
darüber nachzudenken.
Es geht dabei um
Wandlung.
Ankommen,
Vollendung,
Die Geschichte vom
barmherzigen Vater ist
unser eigenes Lebensskript.
Sie soll uns helfen, uns
zu öffnen und über alle
Überlegungen hinaus,
zur Einheit mit Gott
zu finden.
Dann erst beginnt unser
eigentliches Leben. Dann
erst sind wir wirklich
Daheim.
Auch in Zentralasien
gibt es die Geschichte
vom „Verlorenen Sohn“.
Es handelt sich dabei um
ein altes mystisches Erzählgut.
Das Kind des Königs geht
verloren. Es vergisst, wer es ist
und wo es hingehört. Eines Tages
sieht der Vater den inzwischen
erwachsenen Sohn als Bettler
vor seinem Schloss stehen
Er lässt ihn hereinholen.
Langsam steigt dieser die
Stufenleiter vom Gärtner
bis zum obersten Minister
empor. Auf dem Sterbebett
erklärt der Vater den
Umstehenden:
„Das ist mein Sohn
und Erbe. Er war verloren
und ist zurückgekehrt.“
Diese Erzählung lehrt
uns, dass wir nichts werden
müssen, sondern, dass wir
bereits etwas sind. Wir haben
jedoch vergessen, wer wir
sind.
In Wirklichkeit sind
wir göttlicher Herkunft.
Wohl dem Menschen,
der rechtzeitig mit seinem
Suchen an ein Ende kommt und
erkennt, dass er umzukehren
hat.
Wohl dem Menschen,
dessen Leidensdruck so stark
ist, dass er nicht mehr anders
kann, als umzukehren.
Aber Umkehr allein genügt
nicht. Es geht zudem darum,
dass wir empfänglich werden
für ein neues Gesetz,
das wir Menschen
Liebe nennen.
Je mehr wir erkennen, wer wir
sind, wo unser Ursprung zu finden
ist und wohin unser Leben zielt,
nämlich zu diesem Ursprung
zurück, desto mehr wird die Liebe
die Norm für unser Verhalten.
Dann beginnt unser
eigentliches Leben, dann können
wir hinausziehen oder daheimbleiben.
dann gibt es weder draußen noch
drinnen. Dann erfahren wir alles
als Ausdruck unseres Wesens,
als Form Gottes.
Dann gibt es nicht mehr
gut und böse, nicht mehr oben
und unten und auch nicht mehr
reich und arm. Dann sind alle
eins, der Vater, der ältere und
der jüngere Sohn, du und
ich.