Sabbat vorüber:
Frauen kaufen Balsam
und gehen zum Grab, sich fragend:
Wer wird den Stein wegroll´n?
In Weiß ein junger Mann:
Jesus von Nazareth, er,
der gekreuzigt ist?
Er ist nicht hier,
ist auferstanden.
Kündet!
Sie flohen,
panisch,
sagten nichts,
niemandem.
Sie sagten nichts.
Was hätten sie auch
zu sagen:
Dass der Stein
einfach nur weggerollt war? –
Kaum zu glauben!
Dass der Leichnam
nicht mehr an seiner
Stelle lag, dort, wo
man ihn niedergelegt hatte? –
Noch weniger zu glauben!
Dann ist es besser den
Mund zu halten. Niemanden
etwas zu sagen. – Wer würde
es schon glauben?
Ostern verschlägt
einem die Sprache.
Die Frauen finden
keine Worte mehr.
Der weggerollte Stein.
Das leere Grab.
Jesus nicht mehr da.
All das muss erst verdaut
werden. Das geht nicht
von jetzt auf sofort.
Die wesentlichen Wahrheiten
über unser Leben suchen sich
zumeist ganz behutsam und unaufdringlich
ihren Weg zu uns. Bis sie dann endlich
verstanden werden und begriffen.
Möglicherweise. Es gibt schließlich
auch welche, die begreifen es nie.
Wenn es aber einmal
begriffen ist, dann gibt es
kein Zurück mehr. Dann bedeutet
dies Aufbruch für jeden, der
von der Wahrheit getroffen
wurde: Kündet!
Ostern ist zum Hinausschreien:
Der Herr ist auferstanden!
Er ist nicht hier! Er lebt!
Sie aber, die Frauen,
schweigen. Fliehen, panisch,
sagten nichts, niemandem.
Dabei käme es so sehr
darauf an. Für all jene, die
sich an den Wirklichkeiten dieser
Welt so sehr reiben, die an
ihnen zugrunde gehen und
in vielem keinen Sinn
mehr erkennen können.
Oder einfach nicht mehr
wollen?
Kündet!
Die Welt kündet vielfach
von Zerstörung und Tod.
Viele bleiben in diesen Eindrücken
gefangen, lassen sich durch
sie überrollen und bedrücken.
Sie leben in den Dunkelheiten,
die diese Welt und die Menschen
hervorbringen und werden zunehmend
hilfloser, ohnmächtiger und
depressiv.
Ostern kündet dagegen
vom Leben. Davon, dass einer
die Dunkelheit des Grabes überwunden
hat und diese Welt nun erfüllt
mit seinem Licht, das alle
Finsternis vertreibt!
Das auch den Tod
in die Knie zwingt.
Kündet!
Was haben wir als Christen
unserer Welt zu sagen?
Wovon sprechen wir
in unserer Kirche und
gegenüber der Welt?
Wir sprechen von Systemveränderung.
Wir klagen darüber, dass es immer
weniger sind, die Glauben miteinander
teilen, feiern und leben.
Wir fordern neue Strukturen.
Verurteilen den Missbrauch.
Verdammen das Böse in
der Welt.
…
Ostern lädt uns ein, vom Leben
zu sprechen. Vom Leben, das den Tod
besiegt hat. Vom Leben, dem nichts
anhaben kann. Vom Leben, das bereits
heute gerettet und erlöst ist.
Durch Christi Tod und Auferstehung.
Wir dürfen die Spur dieses
Lebens, bei allem, was sich
uns in den Weg stellen und so
schwer machen will,
nicht aus dem Auge verlieren.
Wir haben dafür zu sorgen und
darüber zu reden, dass
sich dieses gottgewollte Leben
immer wieder neu seine Bahnen bricht in den
vielen Sinnlosigkeiten und Ausweglosigkeiten,
in die wir zwischenzeitlich alle geraten
sind. Die Kirche und die Welt.
Schweigen geht nicht!
– Kündet!
Einzustimmen
in den Klagegesang der vielen,
das ist eine Option. Nicht gerade die beste!
Vom neuen Leben zu erzählen, unerschrocken
davon Zeugnis zu geben, mit einer Begeisterung,
die das Leben in sich hat,
das ist die Herausforderung von Ostern.
Dazu lädt uns Ostern ein.
Fühlen wir uns dieser Aufgabe
gewachsen? Möglicherweise nicht!
Möglicherweise ergeht es uns
wie den Frauen, die panisch weglaufen
und nichts und niemandem etwas
sagen, über das, was doch so
wesentlich ist.
Doch darauf käme es.
Aus Verantwortung für die
Welt und für das Leben unsere
Berufung zu leben, vom Leben
zu künden, das sich selbst in
den größten Widersprüchen
und Verwundungen, um
die wir wissen, seinen
Weg sucht, weil es aufkeimen
will in allem, was ist.
Aufkeimen.
In dir.
In mir.
Auch im Tod.