Hans Dieter Hüsch
dürfte für viele unter uns
kein Unbekannter sein.
Schriftsteller war er gewesen.
Kabarettist war er gewesen.
Ich mag seine Gedichte,
seine Predigten und
Psalmauslegungen,
seine pointierten
Worte.
In seinem kleinen Weihnachtsbuch
lädt er dazu ein, sich in entsprechender
Weise und Haltung auf den Advent
und schließlich auf das Weihnachtsfest
einzustimmen:
Mit festlicher Freude
lauf ich durch die Gegend
mal durch die Stadt
mal meinen Fluss entlang
Jesus kommt
Der Freund der Kinder
und der Tiere
Ich gehe völlig anders
ich grüße völlig anders
Möchte alle Welt
berühren
Mach dich fein
Jesus kommt
Schmück dein Gesicht
Schmücke dein Haus und
deinen Garten
Mein Herz schlägt ungemein
Macht Sprünge
Mein Auge färbt sich voll
mit Glück
Jesus kommt
Alles wird gut
Ich weiß nicht wie
es Ihnen beim Hören dieser
Worte ergeht.
Für mich persönlich klingen
sie sehr beschwingt, ausgelassen
und ziemlich froh.
Sie lassen mich Leichtigkeit
spüren und Ausgelassenheit
und vertreiben das vermeintlich
Schwere, das sich immer wieder
einmal bedrückend auf meine
Seele legen will.
Stattdessen:
Mein Herz schlägt ungemein
Macht Sprünge
Mein Auge färbt sich voll
mit Glück
Jesus kommt
Alles wird gut
Ist das nicht die Hoffnung
vieler, sofern sie das Hoffen
noch nicht aufgeben haben,
dass alles gut werden wird?
Alles gut - in einer Welt,
die gar nicht so gut
ist?
Die bestimmt wird
durch so viele Gegensätze,
die mittlerweile einfach
nicht mehr auszugleichen
sind?
Durch Spannungen, durch
Verschiedenheiten, durch
Trennungen und Abgrenzungen,
die einfach, so scheint es,
nicht mehr zu überwinden
sind?
Der Umgang unter
Menschen gestaltet sich
schwieriger als je zuvor.
Die Sprache der Menschen,
die Worte, die sie aneinander
richten, haben sich
verändert. Der Ton ist
nicht nur rauer, vielmehr
auch unversöhnlicher
und aggressiver
geworden.
Viele stellen das fest.
Viele stoßen sich daran.
Viele sind entsetzt.
Viele sind verletzt.
Doch was ändert sich?
Stattdessen:
Mit festlicher Freude
lauf ich durch die Gegend
mal durch die Stadt
mal meinen Fluss entlang
Jesus kommt
Der Freund der Kinder
und der Tiere
Ich gehe völlig anders
ich grüße völlig anders
Möchte alle Welt
berühren
Da gibt es also doch
noch etwas anderes.
Etwas entscheidend
anderes. Eine ganz andere
Einstellung zum Leben,
zum Menschen, zur
Welt.
Eine Haltung,
eine Offenheit,
eine Bereitschaft
füreinander, die alles
aus den Angeln hebt und
die Welt auf den Kopf
stellt.
Der Prophet Jesaja
spricht in einer Vision
davon:
Der Berg des Hauses
des Herrn steht fest gegründet
als höchster der Berge;
er überragt alle Hügel.
Zu ihm strömen alle Nationen.
Viele Völker gehen und sagen:
Auf, wir ziehen zum Haus
des Herrn und zum Haus des
Gottes Jakob. Er unterweise
uns in seinen Wegen,
auf seinen Pfaden wollen
wir gehen.
Dann werden sie ihre Schwerter
zu Pflugscharen umschmieden
und ihre Lanzen zu Winzermessern.
Auf, wir wollen gehen im
Licht des Herrn.
Mit diesen Worten der
Lesung geht es mir ganz
ähnlich wie mit dem
Gedicht von Hans Dieter
Hüsch.
Auch sie haben etwas
sehr Lebendiges an sich.
Etwas mich froh stimmendes.
Glücklich und zuversichtlich
machendes. Sie wollen nicht
nur verheißen. Sie wollen
Menschen auch auf einen
neuen Weg stellen und
sie herausrufen aus
all dem, das den Absichten
Gottes so sehr entgegenläuft.
Am Ende sollen alle
im Licht des Herrn
gehen und zu stehen
kommen.
Am Ende.
Die Lesung sagt,
dass all dies am Ende
der Tage geschehen wird.
Aber wann soll dies
sein?
Das Evangelium sagt:
Das kann jederzeit passieren.
Gerade deshalb sollt ihr
wachsam sein, damit ihr,
wenn es denn geschieht,
diesen Moment nicht
versäumt, vielmehr darauf
eingestellt seid.
Gott kann jederzeit in
unser Leben einbrechen.
Wie ein Dieb in der Nacht.
Völlig unvorhergesehen
und überwältigend
und verändernd, wenn
wir es denn zulassen
wollen:
Mein Herz schlägt ungemein
Macht Sprünge
Mein Auge färbt sich voll
mit Glück
Jesus kommt
Hinter der harten Schale,
die uns das Evangelium ziegt,
verbirgt sich ein Kleinod;
Jesus kommt. Keine Frage.
Er kommt!
Auf ihn kann ich schauen,
mich an ihm halten,
mich ihm anvertrauen.
Das Evangelium schenkt den müden
Menschen eine Hoffnung.
Wir haben das Heil nicht in
unseren Händen.
Unsere Verantwortung bleibt
nur menschlich.
Wir können nur tragen,
was in unsere Hände passt.
Aber: Er kommt:
Er hat das letzte Wort.
So wie er auch das erste
hatte: "Es werde Licht" - und:
siehe, es ward Licht.
Mit einem Gebet
von Hans Dieter Hünsch
will ich enden:
Wir bitten Gott, den Allmächtigen,
er möge uns behilflich sein, dass
wir Weihnachten nicht wie Karneval feiern,
dass wir das Wunder von Betlehem
nicht mit einem Musical, plus Domführung,
plus Reeperbahn, plus Hafenrundfahrt
und Rhein in Flammen verwechseln,
sondern, dass wir die Stille und das
Heilige, nicht nur in der Nacht neu entdecken -
unser kleines endliches Sein spüren, aber mit
Jesus gleichsam neu auf die Welt kommen,
auch wenn wir schon längst betagt sind.
Machen wir uns fein.
Schmücken wir unser Gesicht
Schmücken wir unser Haus und
unseren Garten. Lassen Sie uns
zu neuen Menschen werden.
Denn, Jesus kommt.
Und alles soll
gut werden.