Friedlich Hölderlin wird
dieses Wort nachgesagt:
„Zu meinem Traum sage
ich, bleibe bei mir, sei wahr.
Zur Wirklichkeit sage ich,
weiche von mir, sei Traum.“
Menschen haben ihre
Träume. Sie, ich, ein jeder
von uns. Kennen Sie ihren
persönlichen Lebenstraum?
Menschen träumen vom
Glück. Von der großen Liebe.
Einem sorglosen Leben.
Dem großen Gewinn
in der Lotterie, mit dem
alles anders werden soll.
Da gibt es noch ein anderes
Wort. Ich weiß nicht, von wem
es stammt, doch ich finde,
dass es sehr ernüchternd
wirken kann:
„Ich rannte zu meinen
Träumen, stolperte über die
Wirklichkeit und stieß mir
den Kopf an der Wahrheit.“
Menschen haben ihre
Träume. Sie, ich, ein jeder
von uns und wir alle wissen
um die Erfahrung, dass Träume
zerplatzen können wie
eine Seifenblase.
Wie schnell hat uns
dann die Wirklichkeit
wieder eingeholt. Sie reißt
uns brutal heraus aus dem
Traum von einem anderen
und besseren Leben
und hält uns vor
Augen, wie es wirklich
bestellt ist um einen selbst,
um das Leben und
die Welt.
Der Prophet Jesaja lädt
Gottes Volk zum Träumen
ein. Er führt ihm dabei
eine Welt vor Augen, die
heil und vollkommen in Ordnung ist.
Eine Welt, in der sich Träume
möglicherweise sogar erübrigen,
weil alles vorhanden ist,
wonach der Mensch sich
zu sehnen vermag.
Fast utopisch mutet das
Bild an, das der Prophet
von dieser neuen Welt
beschreibt:
Da sucht der Wolf
die Nähe des Lammes.
Da verstehen sich
Panther und Böcklein.
Widersprüchliches und
Gegensätzliches finden
zusammen. Am Ende
besteht ein alles
überragender
Frieden.
Es scheint, dass solche
Worte in einer Zeit,
in der es dem Volk
Israel an jeglichem
Glauben und Vertrauen
in seinen Gott und an Aussicht
auf ein befreites Leben
gefehlt hat, ungemein
notwendig gewesen
sind.
Sie wollen verhindern,
dass sich Menschen in
Selbstmitleid und Verzweiflung,
in Angst und Niedergeschlagenheit
und Depressionen verlieren.
Doch was ist daran an
solchen Zusagen und Visionen?
Können sie halten, was sie
versprechen? Lassen sie
tatsächlich wahr werden,
wovon sie reden?
„Ich rannte zu meinen
Träumen, stolperte über die
Wirklichkeit und stieß mir
den Kopf an der Wahrheit.“
Die Wahrheit ist die:
Vielen Menschen in unserer
Zeit geht es nicht gut. Von
Widersprüchlichem, das sich
in Wohlgefallen auflöst, wie
es die Lesung darstellt
und verheißt,
können wir nur träumen
in einer Welt, in der alles
drunter und drüber geht
und Menschen mehr darum
bemüht sind, sich voneinander
abzugrenzen als das Gemeinsame
zu suchen und zu leben.
Wo sind die Propheten
unserer Tage? Menschen, die
noch an das Gute im Menschen
und dieser Welt glauben und
ihre Hoffnung nicht aufgeben?
Menschen, die sich den oftmals
so brutalen Wirklichkeiten dieser
Welt entgegenstellen?
Menschen, die anderen Menschen
Mut zusprechen und sie dazu
einladen, Neuanfänge
zu wagen?
Ich weiß, dass es sie
gibt. Sie sind uns oftmals
näher als wir es zu glauben
bereit sind.
In einem Gedanken
heißt es:
„Die Menschen sind auf
der Suche nach glaubwürdigen
Zeugen. Wir Christen sind
dazu gerufen, es zu sein.
Für uns gilt:
Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.
Was keiner sagt, das sollt ihr sagen.
Was keiner denkt, das sollt ihr denken.
Was keiner anfängt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt ihrs sagen.
Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein.
Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.
Wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken.
Wo alle spotten, spottet nicht.
Wo alle geizen, wagt zu schenken.
Wo alles dunkel ist, macht Licht.“
Die Zeit des Advents führt
uns dem Licht entgegen.
Immer mehr. Am Ende
leuchtet es uns auf in
dem Kind in der Krippe.
Von ihm geht ein ganz
besonderes Leuchten
aus. Ein Strahlen, das
die Welt in einem anderen
Licht erscheinen lässt.
Alles hinge davon ab,
dass wir uns selbst von diesem
Licht erleuchten lassen, von
ihm, dem Kind, berühren
lassen, um selbst wieder
zum Licht werden und
uns wieder einander
näher kommen
zu können.
„I have a dream“, sagte
im Jahre 1963 der Bürgerrechtler
Martin Luther King. Ein Wort, das
Geschichte geschrieben hat.
„Ich habe einen Traum,
dass eines Tages jedes Tal erhöht
und jeder Hügel und Berg
erniedrigt werden.
Die unebenen Plätze werden
flach und die gewundenen Plätze gerade,
und die Herrlichkeit des Herrn soll
offenbart werden und alles Fleisch
miteinander wird es sehen.
Dies ist unsere Hoffnung.
Dies ist der Glaube,
mit dem ich in den Süden
zurückgehen werde.
Mit diesem Glauben
werden wir den Berg
der Verzweiflung behauen,
einen Stein der Hoffnung.
Mit diesem Glauben werden
wir gemeinsam arbeiten können,
gemeinsam beten können,
gemeinsam kämpfen können,
gemeinsam in das Gefängnis
gehen können,
um gemeinsam einen Stand
für Freiheit mit dem Wissen
zu machen, dass wir eines
Tages frei sein werden.“
Bei diesen Worten fällt mir
noch ein anderer Satz ein,
ein vielen bekannter
Satz:
„Wenn einer allein
träumt, ist es nur
ein Traum. Wenn viele
gemeinsam träumen,
ist das der Anfang einer
neuen Wirklichkeit.“
Lassen wir uns das
Träumen nicht nehmen.
Teilen wir unseren Traum
miteinander. Es ist der Traum
von einer neuen Welt
in Frieden, wie sie in
Christus bereits
begonnen hat.
„Kehren wir um,“
dazu lädt uns das
Evangelium ein.
Schaffen wir
mit den uns zur
Verfügung stehenden
Möglichkeiten und
Mitteln, dass Träume
nicht länger Träume bleiben
müssen und die Verheißungen,
welche wir alle in unserem
Herzen tragen, Wirklichkeit
werden können.
Im eigenen Leben.
Im Miteinander.
Im Leben der Kirche.
In dieser Welt.