„Alle sollen eins sein.
wer will das noch
wenn man sich anschaut,
was da zusammen käme
an grellen Gegensätzen
unsere Namen für Gott
sind zu Waffen geworden,
die trennen und töten
laut und gnadenlos
derweil
die leise Stimme
aus dem flammenden Dornbusch
noch immer wiederholt
nur das eine Wort:
ICH-BIN-DA“
Rica E. Friedberg
Alle sollen eins sein,
sind sie aber nicht.
Nicht im Kleinen,
nicht im Großen.
Die Gesellschaft ist in sich zerrissen.
Die Welt ist in sich zerspalten.
Und auch der einzelne menschliche Geist
ist sehr oft in sich uneins
und geteilt.
Fakten hierzu gibt es zu genüge
und Themen, an denen sich
die Geister der Nation, Europas und
auch jene dieser Welt scheiden.
Und auch die großen
monotheistischen Religionen,
obwohl sie sich auf den einen
Gott berufen, den Gott Abrahams,
Isaaks und Jakobs wollen
Gegensätzliches.
Die einen wollen
die ganze Welt ihren Auffassungen
von Leben, Mensch und
Gott unterwerfen.
Sie wollen ihre Religion
zur Pflicht erklären.
Wer sie nicht annimmt,
wird kurzerhand getötet.
So will es ihr Gesetz.
So will es ihr Gott.
So erklärt es ihr Prophet.
… unsere (ihre) Namen für Gott
sind zu Waffen geworden,
die trennen und töten
laut und gnadenlos …
Ihre Religion jedoch
ist in sich selber zerteilt.
Nicht jeder will
dabei mitmachen und den
Weg der Rache, der Vergeltung
und Vereinnahmung
mitgehen.
Da gibt es auch
andere Einstellungen
und Stimmen. Versöhnliche,
verbindende, die das Gemeinsame
im Glauben suchen; die nicht
den Heiligen Krieg
herbeibeschwören,
sondern alles dafür tun wollen,
Grenzen zu überwinden,
Wege zueinander zu finden.
Ihre Stimmen sind leise.
Sie gehen unter.
Die Lauten verschaffen sich
Gehör. Die Brutalen ziehen
die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit
auf sich. Die Unversöhnlichen
heizen die Stimmung auf.
Die Uneinsichtigen
machen Angst.
Das Zerteilende,
das Zerreisende,
das Gegensätze Provozierende
ist in allem:
in der Gesellschaft,
in den Parteien,
in den Religionen,
in den Köpfen der
ewig Unverbesserlichen
und Uneinsichtigen.
Das Evangelium
zeigt uns Jesus, wie er
vor seiner Rückkehr zu Gott
betet. Dieses Gebet gipfelt
in Bitten und Fürbitten
für die, die an ihn glauben,
die ihm nachfolgen,
seine Gemeinde, die
er in der Welt zurücklässt.
Sein Herzenswunsch
ist eindeutig:
Sie sollen eins sein.
Das Eins sein unter Menschen,
die Einheit unter ihnen, ist
nie selbstverständlich.
Schon gar nicht einfach.
Auch nicht unter Freunden.
Auch nicht unter Menschen,
die sich lieben.
Das Modell der Einheit,
das sich Jesus vorstellt, lehnt
sich an die Einheit zwischen
ihm und seinem Vater an:
„… damit alle eins sind,
wie du, Vater, in mir und
ich in dir, damit auch sie
in uns sind …“
Und Jesus bittet weiter:
„…damit sie eins sind,
wie wir eins sind …“
Eins sein, wie Vater
und Sohn. Was steht dahinter?
Was ist gemeint?
Jesus ist auf eine einzigartige
Weise mit Gott verbunden.
Er ist ganz erfüllt von Gott.
In ihm leuchtet die Nähe
und die Herrlichkeit Gottes
auf.
Gott selber teilt durch
Jesus sein Innerstes mit.
Er zeigt durch ihn,
wie sehr er den Menschen
und die Welt liebt.
Schritte, die die
Gegensätze unter Menschen
aufheben, können gelingen,
wenn der Mensch damit beginnt,
sich an Jesus zu orientieren,
wenn der Mensch sich
hineingenommen weiß
in die Beziehung Jesu
zu Gott,
wenn er sich tragen
lässt von der Gewissheit,
dass Gott selber bei ihm
ist und auch in ihm.
Echte Einheit unter denen,
die an Christus glauben,
ist immer zerbrechlich.
Das unterscheidet uns
nicht von anderen.
Das belegen auch Erfahrungen
in den einzelnen Gemeinden
und unter ihren Mitgliedern.
Wieviel an Gegensätzlichkeit
bestimmt den Alltag
in unseren Gemeinden?
Auch wenn hier die Einheit nur
ansatzweise und bruchstückhaft
gelingt – es geht von ihr
immer eine besondere
Ausstrahlung und Kraft
aus, Herrlichkeit eben.
Als Christen haben
wir einen ganz besonderen
Auftrag in dieser Welt
unter den Menschen.
An der Art und Weise,
wie wir miteinander leben
und miteinander den Umgang
suchen und dabei Christi Gebot
verwirklichen, soll die
Welt, in der wir leben,
erkennen, dass es durchaus
möglich ist, Grenzen zu überwinden
und Schritte aufeinander
zuzugehen.
Trennendes
kann überwunden
werden.
Trennendes muss
überwunden werden.
Gegensätze müssen
sich auf Dauer auflösen,
wenn der Mensch sich
nicht selber das Recht
auf Leben absprechen
will.
Ein Leben in
Freiheit und Bezogenheit.
Ein Leben in
Toleranz und Achtung vor dem
anderen und dessen Glauben
und Religion.
Ein Leben in
Einheit und Gerechtigkeit,
zum Wohl eines jeden.
„Alle sollen eins sein.
wer will das noch
wenn man sich anschaut,
was da zusammen käme
an grellen Gegensätzen
unsere Namen für Gott
sind zu Waffen geworden,
die trennen und töten
laut und gnadenlos
derweil
die leise Stimme
aus dem flammenden Dornbusch
noch immer wiederholt
nur das eine Wort:
ICH-BIN-DA“
Ja, Gott ist da.
Er ist da in unseren
Bemühungen darum,
dass die Menschheit
eins sei, ob im Kleinen
oder im Großen, ob
zwischen den Nationen
oder den Religionen.
Wir müssen ihn nur
sehen und seine
Absicht mit uns erkennen
wollen, die wirkliche
Absicht.
Unser Gott ist kein
Gott, der Gewalt und Terror
und die Vernichtung andere
dulden würde,
auch andersgläubiger
Menschen nicht.
Wer sich auf diesen Gott
beruft, der hat das Leben
im Blick und nicht seine
Zerstörung im Sinn, um
des vermeintlich rechten
Glaubens an ihn.
Judentum,
Christentum
und Islam
berufen sich alle
auf diesen Gott,
den Gott Abrahams,
Isaaks und Jakobs.
Dieser Gott ist ein Gott,
der das alle miteinander
Verbindende
sucht und entstehen
lassen will.
Wer diese Einheit
zerstört und aus eigenen
Kräften auslöschen will,
der kann und darf sich
nicht auf diesen Gott
berufen, dessen innerstes
Wesen Beziehung ist
und Liebe,
und der Beziehung
unter Menschen will,
über alle Unterschiede
hinweg will.