Begreift Ihr?
Wenn wir von Jesus nicht
mehr wüssten, als das, was wir
gerade gehört haben, was wüssten
wir dann von ihm?
Ich sage es einmal so:
Wir wüssten, dass er ein
außergewöhnlicher Mensch
war und, dass erst die Liebe
aus uns Menschen macht.
Die Liebe ist das Gesetz,
das die Welt erbaut.
Paulus spricht von
wesentlichen Merkmalen
der Liebe:
Die Liebe ist langmütig,
die Liebe ist gütig.
Sie ereifert sich nicht,
sie prahlt nicht,
sie bläht sich nicht auf.
Sie handelt nicht ungehörig,
sucht nicht ihren Vorteil,
lässt sich nicht zum Zorn reizen,
trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht,
sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hofft alles,
hält allem stand. 1 Kor 13
Begreift Ihr?
Wer nicht lieben kann,
kann sich nicht öffnen.
Wer nicht lieben kann,
kann nicht in Austausch
mit anderen treten.
Wer nicht lieben kann,
kann auch nicht wachsen.
Papst Franziskus schreibt
in Amoris Laetitia:
Wir können nur wachsen,
wenn wir auf die göttliche
Gnade mit mehr Taten der Liebe,
mit häufigen, eindringlicheren,
großherzigeren, zärtlicheren
und fröhlicheren Gesten der
Zuneigung antworten.
Die Liebe ist die Voraussetzung
zum Wachsen und zum Reifen.
Wer nicht in liebenden Austausch
steht, kann sich nicht entwickeln.
Begreift ihr?
Wer liebt empfängt.
Die Liebe ist wie der Ruf
in eine Echowand. Es schallt
zurück, was man hineinruft.
Der Dialog ist eine bevorzugte
und unerlässliche Form, die
Liebe zu leben, hebt Franziskus
weiterhin hervor.
Und: Liebe heilt.
Liebe hilft offensichtlich
mehr als alle anderen Mittel.
Liebe ist die beste Medizin –
nicht nur im übertragenen
Sinn, denn:
Krankheit ist oft nur ein
Symptom für mangelnde
Zuwendung. Krankheit
versucht oft Zuwendung
zu erzwingen.
Der geliebte
Mensch jedoch
verdient die ganze
Aufmerksamkeit.
Jesus war dafür ein Vorbild.
Wenn jemand auf ihn zukam,
um mit ihm zu sprechen,
nahm er ihn in den Blick
und schaute ihn mit
Liebe an. Niemand fühlte
sich in seiner Gegenwart
außer Acht gelassen.
Seine Worte und seine
Gesten sind Ausdruck
seiner Liebe.
Wir lieben Menschen,
die liebenswert sind.
Wir fühlen uns zu den
Liebenswürdigen hingezogen.
Wir lieben, weil uns unser
Gegenüber als wertvoll
erscheint.
Liebe, wie sie Jesus begreift,
ist an keine Voraussetzungen
gebunden, an keine Bedingungen
geknüpft. Sie gilt dem Menschen,
wie er ist. Jesus liebt den
Menschen an sich.
Das macht uns so einmalig.
Wir sind so wertvoll,
weil ER uns liebt.
Begreift ihr?
Nicht gelebte Liebe
macht krank. Sie staut
sich an und wird am
Ende Hass gegen sich
selbst. Liebe muss
verbraucht werden.
Sie ist erst dann am Ziel,
wo sie als Antwort
die gleiche Liebe
findet, dort, wo
wir nicht mehr länger
distanziert bleiben.
„Nur die Liebe zählt“,
sagt die kleine Therese.
Was wir am Ende unseres
Leben in unseren Händen
tragen sind nicht unsere
Leistungen und unsere
Werke.
Wir werden uns zuerst
und vor allem die Frage
gefallen lassen müssen,
wie viel wir geliebt haben –
auch als Gemeinde und
Kirche, wie es Wolfgang Metz
beeindruckend in Anlehnung
an die Worte des Apostels
formuliert:
ohne die Liebe
wenn ich alle Erfahrungen
hätte, alle Schaltpläne für
Umstrukturierungen
und Wünsche
und Visionen für unsere
Kirche,
hätte aber die Liebe nicht,
nützte es mir nichts,
dann bliebe es ein Turmbau
von Babel.
Wenn ich alle Konfessionen
überwinden könnte, alle Sprachen
und Riten vereinheitlichen
und alle theologischen Trennwände
einreißen,
hätte aber die Liebe nicht,
nützte es mir nichts,
dann würde ich keine
Heimat finden.
Wenn ich alle veralteten
Regeln abschaffen könnte,
alle Sprechweisen verheutigen
und Medien und Werkzeuge
perfekt einsetzte,
hätte aber die Liebe nicht,
nützte es mir nichts,
dann würde ich nie mehr
in meiner Muttersprache reden.
Vieles in Kirche und Glaube
bleibt eine Herausforderung,
aber die Liebe ist langmütig
und geduldig,
sie erträgt alles,
sie hofft alles
und glaubt alles.
Begreifen wir es?