Was soll ich sagen?
Vater rette mich aus dieser
Stunde?
Was sonst, wenn nicht
das? Wäre das nicht das
Naheliegendste?
„Hol mich da raus!
Wende es ab!
Lass es nicht zu!“
Und entspräche das
nicht auch unserem aller Beten,
wenn wir uns in unsicheren,
unser Leben in Gefahr bringenden
Situationen befinden?
„Nimm die Sorgen weg!
Lass die Krise vorüber gehen!
Bereite meinem Suchen ein Ende!
Vertreibe die Traurigkeit!
Komm mir endlich entgegen
und nimm das Schwere
von mir!“
Ja, das wäre das, was
naheliegt. Doch wir kennen
das Leben und das ist kein
Wunschkonzert. Das setzt
uns mehr als einmal sehr hart zu,
geradezu unmenschlich
zu und bringt uns oftmals
auch bis an die Grenze
der Verzweiflung.
Und wir kennen Gott.
Der scheint uns manchmal
sehr weit entfernt zu sein.
Auch wenn er uns niemals
im Stich lässt, immer wieder
gibt es Augenblicke,
die diese Zusage der Nähe Gottes
in Frage stellen wollen und uns
eines anderen überreden
möchten.
Zudem: Gott scheint nicht
immer nach unseren Vorstellungen
in unser Leben eingreifen zu
wollen. Wie sonst ist es zu verstehen,
dass er gerade dann, wenn wir
ihn am Notwendigsten haben,
nicht zur Stelle scheint und das
Schlimmste verhindert?
Menschliche Not,
Naturkatastrophen,
Hunger,
Krankheit,
Sterben,
Tod.
Deshalb bin ich in diese
Stunde gekommen.
Auf den ersten Blick hin
gesehen drücken diese Worte
einen Vorwurf aus:
Du, Gott, bist daran schuld,
dass es so weit kommen musste.
Du, Gott, hast nicht eingegriffen und
dagegengehandelt.
Du, Gott, allein trägst die Verantwortung
dafür, dass ich jetzt da bin,
wo ich bin.
Manchmal müssen wir
uns auch unserem Gott gegenüber
Luft machen. Da muss raus,
was gesagt werden muss und
uns auf der Seele brennt,
selbst dann, wenn es nur
noch Vorwürfe an Gott
sind.
Doch bei allem Verständnis,
Jesu Worte sind kein Vorwurf.
Es hat den Anschein, dass
Jesus laut denkt und sich
alles noch einmal vor
Augen führt, vor allem,
wozu er in diese Welt
gekommen ist.
„Wenn das Weizenkorn
nicht in die Erde fällt und stirbt,
bleibt es allein; wenn es aber
stirbt, bringt es reiche Frucht.
Wer an seinem Leben hängt,
verliert es; wer aber sein Leben
in dieser Welt gering achtet,
wird es bewahren bis ins
ewige Leben.“ Joh 12, 20 ff
Stimmt das nicht auch für
unser eigenes Leben?
Wie viele Tote mussten wir
schon in diesem Leben
sterben?
Wie oft hat Gott diese
Tote schon geschehen lassen?
Welche Früchte konnten
daraus entstehen?
Wozu all dies?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, dass
es keinen anderen Weg
gibt, um zur Vollendung
zu gelangen, um die Frucht
des Ewigen ernten
zu können.
Warum all dies?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, dass
Gott in allem und durch
alles verherrlicht wird.
Verherrlichung meint:
Gott kann sich alles
zu eigen machen und daraus
Gutes entstehen lassen
und dies zu seiner Ehre
und zum Heil von uns
Menschen, auch den
Tod des Menschen
kann er sich zu diensten
nehmen.
Wir bewegen uns auf
unseren Ursprung zu,
durch jedes neue Loslassen
und jedes neue Umarmen
und Wieder-Loslassen-müssen,
bis wir endlich dort angekommen
sind, wo Gott uns haben will,
bei sich. Ganz.
Nach Ignatius und den Hinweisen,
die er in seinem Exerzitienbuch
gibt, sollen wir daher
„Gesundheit nicht
mehr verlangen als Krankheit,
Reichtum nicht mehr als Armut,
Ehre nicht mehr als Schmach,
langes Leben, nicht mehr als
kurzes und folgerichtig so
in allen übrigen Dingen.
Einzig das sollen wir ersehnen
und erwählen, was mehr zu dem
Ziel führt, auf das wir geschaffen
sind.“
Das sei die Versuchung des Menschen,
meint der Jesuit Peter Köster,
„gefangen zu bleiben in der Sorge
um sich und nicht mehr offen
zu sein, für Gottes Lebensabsichten
mit ihm.“
Nichts kann uns wirklich daran
hindern, unser von Gott
vorherbestimmtes
Ziel zu erreichen:
„Denn ich bin gewiss:
Weder Tod noch Leben,
weder Engel noch Mächte,
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,
weder Gewalten der Höhe oder Tiefe
noch irgendeine andere Kreatur
können uns scheiden von der Liebe Gottes,
die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“
schreibt Paulus an die Römer. (Röm 8,28)
Damit wir es nicht falsch
aufnehmen. Es geht nicht darum,
dass Gott den Tod des Menschen
will und zuvor all die Not und
die Krisen, die einen Menschen
überfallen können.
Und es geht auch nicht
darum, dass sich der Mensch
ganz gezielt den Erfahrungen
des Kreuzes hingeben
soll.
Das hat Christus
nie gesagt und auch
nicht gewollt, wenn er
von Nachfolge spricht
und davon, dass der
Mensch sein Kreuz auf
sich nehmen soll.
Doch Gott kann das Unvermeidliche
des Kreuzes in seinen Dienst nehmen
und daraus Neues entstehen lassen,
auferstandenes Leben in seiner
ganzen nur erdenkbaren Fülle.
Vater, verherrliche deinen
Namen.
So kann Jesus nur antworten,
weil er verstanden hat, dass es
das ureigenste Anliegen des
Vaters ist, ihn nicht verlorengehen
zu lassen, sondern ihn aus dem
Tod zu erretten und ihm neues
Leben zu schenken.
Schlussendlich ist das
der Grund, warum er sich in seinem
Sterben ganz auf Gott hin loslassen
konnte mit den Worten:
„Vater, in deine Hände
lege ich meinen Geist!“
Die Verherrlichung Gottes
durch uns findet ihren Höhepunkt,
darin, dass wir uns ihm ganz
überlassen, damit er auch
an uns Großes vollbringen
kann.