Ich sagte zu dem Engel
an der Schwelle des Jahres:
„Gib mir ein Licht, damit
ich festen Schrittes in die
Ungewissheit des neuen
Lebens gehen kann.“
Aber er antwortete mir:
„Geh hinein in die Ungewissheit
und lege deine Hand in Gottes
Hand, das ist mehr wert als
ein Licht und sicherer, als
den Weg zu wissen.“
Ungewissheit, was meinen
Sie, ist dies das Wort, mit dem
sich am ehesten die Situation
vieler Menschen beschreiben
lässt? Nicht nur jetzt zur
Jahreswende, vielmehr generell,
angesichts einer Vielzahl
existentieller Bedrohungen –
Terrorismus, Atomkriegsgefahr,
Klimawandel und Wirtschaftskrisen.
Ganz zu schweigen von den
ganz eigenen und privaten
Krisen.
Es gibt unterschiedliche Haltungen,
mit denen Menschen auf die
Ungewissheit in ihrem Leben
reagieren.
Etliche flüchten sich
dabei in Wut und Verzweiflung.
Sie toben ihre Angst und ihren Hass
in sozialen Netzwerken oder
radikalen Parteien aus.
Andere machen für alle Übel
passende Sündenböcke
aus – in Deutschland sind die
Flüchtlinge schuld, bei Donald
Trump die Mexikaner, in Russland
die Westler …
Und dann gibt es auch welche,
die versinken in Depressionen.
Die ziehen sich zurück. Die
stecken den Kopf in den Sand.
Die wollen vieles von dem,
was ist, einfach nicht wahrhaben.
Die flüchten vor den Realitäten.
Es gibt noch eine andere Art,
auf das Ungewisse im Leben
zu reagieren. Manche meinen:
Man dürfe die Hoffnung nicht
verlieren, dass am Ende doch alles
gut ausgehe.
Man müsse sich in positivem
Denken üben und zum Beispiel
darauf vertrauen, dass auch
bei unheilbaren Krankheiten
noch Spontan- oder Wunderheilungen
möglich seien.
Man müsse sich der Religion
zuwenden und seinen Glauben
wiederentdecken.
Doch was ist, wenn all dies
nicht funktioniert und greift?
Manche erleben weder eine
wundersame Heilung, noch geht
ihre Krankheitsgeschichte gut
aus. Im Gegenteil.
Auch mit der Hoffnung auf Gott
oder andere höhere Mächte
braucht man manchen Menschen
nicht zu kommen. Im Gegenteil.
Manchmal verschlimmert das,
das ohnehin schon als schlimm
Empfundene.
Wie gehen Sie selbst mit der
Ungewissheit dieses Lebens
und Ihres eigenen um?
Welche Strategie haben Sie
für sich entwickelt?
Was hält Sie am Leben,
wenn vieles ins Wanken
gerät und fragwürdig
wird?
Eine Geschichte will ich
Ihnen erzählen. Eher doch eine
Parabel.
Drei Frösche fallen in einen
Topf Milch.
Der Pessimist
unter ihnen denkt:
„O je, wir sind verloren,
jetzt gibt es keine Rettung mehr.“
Sagt´s und ertrinkt.
Der Optimist
hingegen gibt sich unerschütterlich:
„Keine Sorge, nichts ist verloren.
Am Ende wird Gott uns retten.“
Er wartet und ertrinkt schließlich
ebenso sang- und klanglos wie
der Erste.
Der dritte, zuversichtliche
Frosch hingegen sagt sich:
„Schwierige Lage, da bleibt
mir nichts anderes übrig,
als zu strampeln.“
Er reckt also den Kopf
über die Milchoberfläche und
strampelt und strampelt –
bis die Milch zu Butter wird
und er sich mit einem Sprung
aus dem Topf retten kann.
Welchem der drei Frösche
würden Sie sich zuordnen,
so ganz spontan?
Wie gelingt es Ihnen, sich Ihren
ganz eigenen Lebensmut
zu bewahren, wenn die äußeren
Bedingungen unerfreulich,
düster oder gar aussichtslos
erscheinen?
Es geht um die eigene
innere Haltung zu den Dingen
in dieser Welt und das eigene
Leben betreffend, wenn sich diese so
radikal wandeln und dieser
Wandel so vieles in Frage
stellt.
Der Jesuit Alfred Delp
schreibt im Angesicht seines
Todes aus seiner Zelle
im Jahr 1944:
„Das Eine ist mir so klar
und spürbar wie selten: Die
Welt ist Gottes so voll. Aus allen
Poren der Dinge quillt er gleichsam
uns entgegen. Wir aber sind oft
blind. Wir bleiben in den schönen
und bösen Stunden hängen und
erleben sie nicht durch bis
an den Brunnenpunkt, an dem
sie aus Gott hervorströmen.
Das gilt für alles Schöne und
auch für das Elend.
In allem will Gott Begegnung
feiern und fragt und will die
anbetende, hingebende Antwort.
Die Kunst und der Auftrag
ist nur dieser: aus diesen Einsichten
und Gnaden dauerndes Bewusstsein
und dauernde Haltung zu machen
und werden zu lassen.
Dann wird das Leben frei in
der Freiheit, die wir oft gesucht
haben.“
„Die Kunst und der Auftrag
ist nur dieser, aus diesen Einsichten
und Gnaden dauerndes Bewusstsein
und dauernde Haltung zu machen
und werden zu lassen.“
Was macht also die Haltung
aus, die Delp anspricht und
möglicherweise meint? Und
wessen sollten wir uns
bewusst sein?
Ich glaube, dass es die
Haltung der Zuversicht ist.
Einer Zuversicht, die nicht
die illusionäre Hoffnung
hegt, sondern einen klaren
Blick für den Ernst der Lage
behält.
Einer Zuversicht, die sich
nicht lähmen lässt, sondern
die Spielräume nutzt, die sich
auftun – und seien sie noch
so klein.
Damit wir es nicht
falsch verstehen, es geht
dabei nicht um eine naive Hoffnung,
dass am Ende irgendwie alles
wieder gut werde. Wer könnte
eine solche Hoffnung vertreten,
in der Zelle, den Tod vor
seinen Augen?
Delp sicherlich nicht.
Auch der Vergleich
mit dem halb vollen Glas
zieht hier nicht wirklich.
Schon gar nicht hilft
ein Blick durch die
rosarote Brille.
Es geht um eine Zuversicht,
die uns in die Lage versetzt,
der Angst zu trotzen und jene
Spielräume zu nutzen, die
sich auftun.
Die Frage nach der Zuversicht
ist heute eine essentielle Frage.
Wie kann der Mensch, dem
möglicherweise die alten
Zukunftserwartungen
zerstoben sind, noch eine positive
Perspektive entwickeln?
Was erzeugt jene Hoffnung,
die unabdingbar für das
Weiterleben ist?
Anders gefragt:
Woraus lässt sich der
Lebensimpuls gewinnen,
der am Anfang jeder Art
von Aktivität steht –
und sei es nur das
froschhafte Strampeln
in einem Topf voller
Milch?
Ohne dieses Ausschauhalten
nach möglichen Spielräumen ist
keinerlei Bewegung möglich.
Es bleibt nur die Erstarrung
und schließlich – um im Bild
des Fröschebeispiels zu bleiben –
der zwangsläufige Untergang.
Ich meine, dass die Zuversicht
eine notwendige Form von
Lebensenergie darstellt.
Die Zuversicht ist der Antrieb,
der tief im Menschen ruht,
der unsere Existenz
überhaupt erst möglich
macht.
Würden Sie sich als einen
zuversichtlichen Menschen
beschreiben?
Wenn ja, worin gründet Ihre ganz
eigene Zuversicht? Was macht
Ihre Zuversicht aus?
Ohne ein Mindestmaß an
Zuversicht würde kein vernünftiger
Mensch Kinder in die Welt setzen.
Ohne ein Mindestmaß an
Zuversicht, würde keine Familie
mehr einen Weihnachtsmarkt
besuchen.
Ohne ein Mindestmaß an
Zuversicht, würde keiner mehr
zu einer Reise aufbrechen.
Ohne ein Mindestmaß an
Zuversicht, würde keiner mehr
ein politisches Programm entwerfen,
geschweige denn morgens
aufstehen können.
Jeder Mensch muss sich
irgendwo eingestehen, dass er von
einer Art Zuversicht angetrieben
wird, von einem, wenn auch
nur leisen Lebenswillen,
der sich nicht rational
erklären lässt.
Wäre es tatsächlich anders,
würde die Selbstmordrate
drastisch in die Höhe
schnellen.
Wir Christen haben unsere
ganz eigene Zuversicht.
Diese trägt für uns einen
Namen: Jesus Christus.
Er ist unser Grund;
der Grund auf dem wir
immer noch zu stehen kommen,
wenn alles um uns herum ins
Wanken geraten ist.
Die Einladung an uns ist
es, unsere Hand in seine zu
legen, uns von ihm also
an der Hand nehmen zu
lassen, die uns sicher
unseres Weges führt,
über Höhen hinweg
und durch Tiefen
hindurch.
Dieser Glaube sei
mehr wert als ein Licht.
Diese Zuversicht ist
mehr wert als tausende
von Lichtern.
Und dennoch brauchen
wir diese lichten Momente,
in den uns einleuchtet,
dass Gott uns nah ist
und auch nah bleibt.
Gab es diese Momente
im vergangenen Jahr für
Sie? Was waren diese
Momente? Haben Sie
in ihnen Gottes Gegenwart
verspüren können? –
Dann bewahren Sie
sich die Zuversicht,
die diese Momente
möglicherweise in
Ihnen neu entstehen
haben lassen.
Ich will mit Ihnen darum bitten,
dass uns solche lichten
Momente auch im kommenden
Jahr die Nähe Gottes zusagen
mögen, in allem, was noch
ungewiss vor uns liegt.
Am Ende unseres Lebens
sollte es tatsächlich so sein,
dass wir dieses Licht nicht
mehr brauchen, sondern uns
ganz in die Hand Gottes empfehlen
können. Ohne Vorbehalte
und mit der wundersamen
Zuversicht, dass Gottes
Segen bei uns neu werden
kann.
Ein Segenswort
will ich an das Ende
meiner Gedanken stellen:
Beim Namen hast du uns
gerufen, Herr und Gott,
aus dunkler Nacht hinein ins
neue Morgenrot, mit deiner
Liebe hast du uns so tief berührt,
in deine große Freiheit hast du
uns geführt.
Gefordert sind wir stark
in dieser Umbruchszeit,
jedoch trotz Fragen, Zweifeln,
Ängsten und auch Streit sind
wir bereit, für dein Reich
einzutreten, Zeichen zu setzen
für das wahre Leben.
Dein Geist bewegt uns, stärkt uns,
macht uns alle frei, mit seiner Kraft
er für uns Trost und Antrieb sei,
damit wir mutig neue Weg wagen,
trotz Widerstand die Frohbotschaft
zu sagen.
Gesegnet und gesalbt von deiner
Schöpferhand sind wir von dir erwählt,
berufen und gesandt, um geisterfüllt die
Zukunft zu gestalten, des Menschen
Würde gottgewollt zu erhalten.
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