„Was haben wir
mit dir zu tun, Jesus
von Nazareth?“
Der Widerstand, auf den
Jesus stößt, ist groß.
Man stelle sich die Szene
einmal vor: Jesus kommt
in unsere Gottesdienstgemeinde
und wir würden uns erheben
und ihm entgegenrufen:
„Was haben wir mit dir
zu tun, Jesus von Nazareth?“
Undenkbar?
Vielleicht.
Die Verunsicherung
wäre sehr wahrscheinlich
größer als der Widerstand.
Irritiert wären wir sicherlich.
Und hilflos und verlegen.
Und irgendwann, da würde
sich bei dem ein oder
anderen von uns
auch Widerstand
melden.
Zumindest ist dies die Haltung,
die ich bei vielen Gruppierungen
und Gemeinden und auch
Kirchenvertretern erlebe,
wenn man sie in ihrer
Komfortzone antrifft und sie,
ausgehend von dem, was Jesus
gelebt und gesagt hat, in ihrem
eigenen Tun anfragt:
Widerstand.
„Was haben wir
mit dir zu tun,
Jesus von Nazareth?“
Die Frage ist berechtigt:
„Was hat das Ganze
noch mit Jesus zu tun,
was wir als Kirche
und Gemeinde tun,
leben und feiern?
Ist er überhaupt noch unsere
Mitte oder dreht sich vieles
nicht schon längst um ganz
anderes?
Franz Alt fragt in diesem
Zusammenhang:
„Ist das Christentum heute
deshalb so saft- und kraftlos,
so zerstritten, widersprüchlich
und unglaubwürdig, weil die
meisten Christen gar nicht
wissen, was Jesus wirklich
gesagt und gemeint hat und
ihn deshalb gar nicht richtig
kennen können …?“
Carl Gustav Jung spricht
sogar davon, dass die Auffassungen
des Christentums in Anbetracht
der heutigen Weltumstände
antiquiert sind.
„Das christliche Symbol
ist ein lebendiges Wesen“,
meint er, „das die Keime zur
weiteren Entfaltung in sich trägt.
Es kann sich weiterentwickeln,
und es liegt nur daran, ob
wir uns dazu entschließen
können, über die christlichen
Voraussetzungen nachzudenken.
Dazu braucht es eine andere
Einstellung … als man bisher
hatte.“
Viele wollen dagegen,
dass alles beim Alten bleibt.
Im Großen wie im Kleinen.
Ihre Einstellungen ändern
sich nicht. Erst recht
nicht, wenn es an
das ganz Eigene geht.
Tabuthemen gibt es
in jeder Gemeinde.
Kardinal Kaspar schreibt:
„Papst Franziskus geht den
Dingen auf den Grund. Er
setzt radikal an, das heißt:
bei der Wurzel, beim Evangelium.“
Was aber nützt es, wenn
viele sich nicht bis an diesen Punkt
hinführen lassen wollen
und Widerstand zeigen?
Kardinäle,
Ortsbischöfe,
Pfarrer,
kirchliche Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen,
Pfarreiräte,
Gemeindeausschüsse,
Gemeindemitglieder?
„Was haben wir mit dir
zu tun, Jesus von Nazareth?
Bist du gekommen, um uns
ins Verderben zu stürzen?“
Vielleicht muss Altes und allzu
Liebgewordenes tatsächlich
erst einmal vergehen, damit
Neues entstehen kann.
Eine neue Form von
Gemeinde, eine neue Form
von Kirche und Miteinander.
Was lässt viele davor fürchten?
Was lässt sie so verbissen und
verkrampft am Alten festhalten?
Warum zeigen sich so viele
so unbeweglich und stur?
Geistverschlossen?
Wo Widerstand herrscht,
dort kann nichts Neues
entstehen. Da bleibt alles
beim Alten. Und davon
am Ende nur noch
Asche.
Wollen wir Hüter dieser
Asche sein oder vielmehr
die darunterliegende Glut,
neu zur Flamme erstehen
lassen? Noch ist sie
da, die Glut. Worauf
also warten wir?
Nur wenn wir Jesus
so nahe wie möglich sind
und dem, was er gesagt
hat, finden wir die zentralen
Antworten auf die zentralen
Fragen unserer Existenz:
Wer bin ich?
Woher komme ich?
Wohin gehe ich?
Was erwarte ich?
Wie finde ich das Glück?
Wird alles gut?
Wie soll Gemeinde heute sein?
Wie werde ich im Tod
Gott begegnen?
In unseren Kirchen
sind die Dogmen und
Lehrsätze, die Vorschriften
und die Befehle von oben,
Richtlinien und Erlasse und
Konstitutionen sehr oft wichtiger
als das Evangelium, das, was
Jesus gesagt und gemeint
hat.
Dieses wird sehr oft gesetzlich
eingeschnürt und verdrängt.
Es bleibt auf der Strecke,
ebenso wie die wirkliche
Sorge um den
Menschen.
Das kann Jesus so
nicht gewollt haben!
„Was haben wir
mit dir zu tun,
Jesus von Nazareth?“
"Nicht nur in Nazareth",
so heißt ein Gedanke
der Benediktinerin
Charis Doepgen:
Widerspruch
im Gotteshaus
mitten unter uns.
die Rede
in göttlicher Vollmacht
scheint unerträglich
wer unterscheidet
die Geister
wer kennt sie
und wem gehorchen sie
erschrocken
frage ich mich
wes Geistes Kind ich bin
der Blick auf Jesus
ersetzt die Antwort
ER durchschaut mich
Charis Doepgen
Was bedeutet es praktisch,
dass Jesu Botschaft die
geistige Grundlage meines
Lebens ist und auch
des Lebens der Kirche und
einer Gemeinde?
Was vermag die Glut
wieder zum Leuchten
zu bringen?
Gott will mich.
Das dürfte die erste
Erkenntnis sein.
Und Jesus zeigt mir
den Weg zu ihm.
Zeichen der Nähe Gottes
gibt es überall. Ich muss
sie lernen zu beachten.
Gott will mich und
in Jesus bekennt er sich
zu meinem Leben.
Das lässt Vertrauen
entstehen. Vertrauen
zwischen Gott und mir.
Vertrauen heißt:
niemals zu resignieren,
niemals zu kapitulieren.
Arthus Schoppenhauer
sagt: „Ich glaube, dass,
wenn der Tod unsere
Augen schließt, wir in einem
Licht stehen, von welchem
unser Sonnenlicht nur der
Schatten ist.“
Gott hilft mir meine
Unsicherheiten zu ertragen
Wir können niemals tiefer
fallen als in seine Hände.
Jesus schenkt ein Urvertrauen
ins Leben und in Gott.
Der Sinn unseres Lebens
ist nicht Opfer oder Verzicht
oder Askese, sondern die Fülle
des Lebens. Diese müssen wir
selbstverständlich gestalten
in Verantwortung vor den
nächsten Generationen.
Die Fülle des Lebens
bezieht sich aber auch
auf das, was kommen wird
und noch aussteht. Auf
das Leben nach dem Tod.
Nach Jesus besteht der Sinn
unseres Lebens darin, glücklich
zu sein und glücklich zu werden
und anderen Menschen zum
Glück zu verhelfen.
Das ist Liebe! Jemand glücklich
zu machen, das ist das größte
Glück.
Ohne neu die Frage nach
Gott zu stellen, nach Geist
und Sinn und Seele werden
wir kaum den Weg zu einem
Leben in Fülle finden. Auch nicht
zu einer Kirche, wie sie Jesus
gedacht hat und wie sie
für unsere Zeit so
wesentlich wäre.
Jesus selber weist uns
diesen Weg. Er ist
selber dieser Weg.
Ihn zu gehen, sind wir
alle eingeladen. Dazu hat
Gott dich und mich berufen
und als Gemeinde alle
zusammen.
Wollen wir uns auf
ihn einlassen? Und wollen
wir einander beistehen,
damit wir diesen Weg
gehen können,
miteinander?
„Was haben wir mit dir
zu tun, Jesus von Nazareth?“
Eine ganze Menge, wie
ich meine. An ihm führt
kein Weg vorbei.
Weder für den Einzelnen
noch für die Kirche
als Ganze.
Denn in ihm ist das Leben.
Er bringt die frohe Botschaft.
Er lehrt mit einer noch nie
dagewesenen Vollmacht.
Er spricht mit einer Stimme,
die wieder lebendig macht.
Das ist eine neue Chance.