Da gibt es ein Wort,
das mich seit einigen Tagen
begleitet. Und dieses Wort
heißt so:
Jetzt schon leben,
was dann einmal sein
wird.
Ich habe es in einem
Buch von Reinhard Körner
gelesen. Reinhard Körner
ist teresianischer Karmelit
und Leiter des Exerzitienhauses
in Birkenwerder bei Berlin.
Vielen ist er durch seine
Exerzitienkurse, Seminare
und Bücher bekannt.
Jetzt schon leben,
was dann einmal sein
wird.
Für mich bringt dieser
Satz passend auf den Punkt,
worin die christliche Art
zu leben besteht, gerade
auch mit dem Blick
auf den uns verheißenen
Himmel.
Jetzt schon leben,
was dann einmal sein
wird.
Dann –
das meint unser Leben
am Ziel aller Wege in
Gottes Ewigkeit, die wir
auch als Himmel
bezeichnen.
Was „dann“ einmal
sein wird, oder vielmehr,
was dann dort einmal
sein wird, das können wir
uns zwar nicht ausmalen,
auch in den hellsten Farben
nicht.
Doch im Licht des Evangeliums
betrachtet, dürfen wir erwarten,
dass wir das Leben Gottes
mitleben werden.
Und was wird dies
für ein Leben sein?
Es wird ein Leben in
vollkommener Liebe sein,
ein Leben in tiefer Beziehung
mit dem dreieinen Gott.
Und miteinander.
Bildreich bringt das Buch
der Offenbarung dieses Leben
ins Wort:
Dann sah ich einen neuen Himmel
und eine neue Erde; denn der erste Himmel
und die erste Erde sind vergangen,
auch das Meer ist nicht mehr.
Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem,
von Gott her aus dem Himmel herabkommen;
sie war bereit wie eine Braut,
die sich für ihren Mann geschmückt hat.
Da hörte ich eine laute Stimme
vom Thron her rufen:
Seht, die Wohnung Gottes
unter den Menschen!
Er wird in ihrer Mitte wohnen,
und sie werden sein Volk sein;
und er, Gott, wird bei ihnen sein.
Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen:
Der Tod wird nicht mehr sein,
keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal.
Denn was früher war, ist vergangen.
Er, der auf dem Thron saß, sprach:
Seht, ich mache alles neu. (Off 21)
Am Ziel unseres Lebens,
im Status unserer Vollendung
in der Ewigkeit Gottes werden
wir wie eine jede der drei
göttlichen Personen sein,
sozusagen ihrem Charakter
gleich: So zuwendungs-
und liebesfähig wie Gott,
so wahr, so kreativ, so
lebendig …
Himmel bedeutet:
Mit den göttlichen Drei
in vollendetet Beziehung
leben zu können, und zugleich
auch allen in Gott Vollendeten
so vollendet zugewandt sein
können, wie die Drei einander
zugewandt sind.
Himmel bedeutet
die von Gott gewollte,
letztendliche Zukunft des
Menschen.
Nicht, dass wir uns selber
dazu fähig machen könnten.
Nein. Vielmehr wird uns
Gott dazu fähig machen,
wenn er uns geraderichtet
und herrichtet für das
Leben in seinem Himmel.
Zugeben, von diesem
Himmel sind wir noch weit
entfernt. Aber jetzt schon
leben, was dann einmal
sein wird, das könnten wir
schon.
Nicht in Vollkommenheit,
ganz und gar nicht. Doch was uns
in unserer Unvollkommenheit
davon zu verwirklichen möglich ist,
das könnten wir schon heute
leben – jetzt schon:
einander anschauen,
nicht nur von Gesicht zu Gesicht,
sondern von „Angesicht zu Angesicht“;
einander erkennen, nicht abschätzig
durchschauen;
geraderichten,
was nur geradezurichten geht;
wiederherrichten und heilen, wo
immer das Unheile quält;
einander aufrichten zum aufrechten
Gang …
Und weinen miteinander,
in Schuld, im Schmerz und im
Glück.
Jetzt schon leben,
was dann einmal sein
wird.
Alles, was jetzt die christliche
Art des mitmenschlichen Verhaltens
ausmacht, lässt sich mit diesem
Wort zusammenfassen.
Aber auch, worauf es jetzt
im Leben mit Gott ankommt
ist mit diesem Wort gesagt
und auf den Punkt gebracht.
Wenn das Dann darin besteht,
in vollkommener, tiefster Beziehung
mit Gott zu leben, dann geht es
auch im Jetzt schon darum,
diese Beziehung zu suchen
und zu pflegen:
Die von der Liebe getragene
Beziehung mit dem zwar
verborgenen, aber im
Verborgenen anwesenden
Gott.
Es geht darum, dass
ich ihm die Liebe glaube,
die er zu mir hat; und dass
ich mich ihm liebend,
aus dem Herzen heraus,
zuwende - dem Gott,
der die Gemeinschaft
der drei göttlichen Personen
ist und dass ich mit ihm liebe,
das heißt das zu lieben,
was auch Gott liebt.
Der Himmel ist die Zukunft
unseres Lebens. Und er hat
schon begonnen. Denn wenn der
Tod nicht das Ende ist, dann
leben wir ab jetzt schon ewig.
Jetzt schon leben,
was dann einmal sein
wird.
Alles, was wir jetzt tun
und wofür wir uns jetzt
engagieren, ist für immer!
Auch unsere Liebe zueinander
hat Zukunft für immer, ihre
Ewigkeit hat schon begonnen.
Jede Freundschaft, jede Liebe –
alles, aber auch alles
steht unter dem Stern
der Ewigkeit.
Nichts ist umsonst
getan, was wir liebend
tun; und was wir jetzt
nicht-liebend tun, wird
einmal geradegerichtet
sein.
Vor diesen Gedanken
gewinnt das Wort Jesu
eine ganz neue Kraft
und Entschiedenheit:
Geht hinaus in alle Welt!
Oder, um es nochmals
auf den Punkt zu bringen:
Lebt schon jetzt, was
dann einmal sein wird.