Taufe
Familienfest
mit entzückendem Säugling
im Mittelpunkt
Ouvertüre
zu einem Stück,
das nicht mehr gespielt
wird
Beurkundeter Akt,
für den sich die Statistiker
interessieren
oder was?
wer weiß es noch:
Zusage von Gott
geliebte Tochter, geliebter Sohn
zu sein – ein Leben lang
Charis Doepgen OSB
Provozierend wirken die
Worte der Benediktinerin
Charis Doepgen auf mich.
Ich bin geneigt, mich gegen
sie zu wehren:
„Nein, so ist es wirklich
nicht.“ - Wirklich nicht?
Bei genauerem Hinsehen
trifft die Frau den Nagel
auf den Kopf. Vielfach ist es
so, dass Eltern ihr Kind
zur Taufe anmelden.
Sie verabreden sich zu einem
Taufgespräch. Die Taufe wird
gespendet. Und dann?
Und dann trifft man sich
möglicherweise erst
wieder, wenn das Kind zur
Erstkommunion geht.
Möglicherweise aber
auch nicht.
Was bedeutet die Taufe
im Leben junger Eltern?
Hat sie Konsequenzen?
Konsequenzen für das
eigene Leben und das
Zusammenleben in
der Familie?
Bei der Taufe bekennen
Eltern und Paten den christlichen
Glauben und sie versprechen,
dass sie ihrem Kind diesen
Glauben nahebringen möchten,
ihn vorleben und ihm
von Gott und Jesus Christus
erzählen wollen.
An diesem Punkt steigen
viele dann wieder aus.
Sie spielen nicht mehr
mit bei dem Stück,
das sich an die Taufe
anschließt.
Die Gründe kenne ich nicht.
Doch das ist die Erfahrung.
Warum dann die Taufe?
Warum dieser Aufwand
zu einem Schritt ohne Folgen?
Wäre es nicht konsequenter
die Entscheidung zur Taufe
dem Kind selbst zu überlassen?
Nun, das wäre etwa so, wie
wenn ich einem Kind erst
dann beibringen würde zu
laufen, wenn es
sich selbst dazu entschieden
hat, laufen zu wollen.
Zudem schafft die Firmung
die Möglichkeit der eigenen freien
Entscheidung eines Menschen
zum Glauben und damit zu Gott.
Ich kann in die Eltern
nicht hineinschauen.
Ich kenne ihre Beweggründe
zu ganz bestimmten Verhaltensmustern
nicht. Also kann ich auch nicht
über sie urteilen.
Ich darf es nicht.
Keiner darf dies.
So will vermuten, dass
sie einen guten Grund haben,
um die Taufe für ihr Kind
zu bitten und dass sie sich, aus
ihrer Perspektive betrachtet,
ehrlichen Herzens und aus Überzeugung
zu dem Versprechen verhalten,
das sie in der Taufe geben.
Möglicherweise ist es
das Bedürfnis, ihr Kind in
guten Händen zu wissen und
sein Leben unter Gottes
Schutz und Segen.
Ist das nicht eine Sehnsucht,
die in uns allen steckt;
ein sehr verständliches
Bedürfnis, in dem sich auch
der Wunsch nach einem gelingenden
und einem sinnvollen Leben
ausdrückt?
Möglicherweise erkennen Eltern
aber auch ihre ganz eigenen Grenzen
an, wenn es um das Leben ihres
Kindes geht. Sie wissen, dass sie
nicht alles in Händen haben und
beeinflussen können. Vielleicht
auch, dass sie manche Wege,
die ihr Kind in späteren Jahren
gehen wird, nicht mehr mitgehen
können, aus Überzeugung nicht.
In der Taufe vertrauen sie das Leben
ihres Kindes Gott an, legen es in seine Hand,
stellen es unter seinen Segen.
Das darf sie entlasten.
Das darf sie entsorgen.
Wenn nicht ganz,
so doch zu einem sehr
wesentlichen Teil.
Tut es uns nicht allen gut,
uns in unseren Fragen und Sorgen,
Gott anvertrauen zu können?
Wir wissen, da blickt
jemand auf uns herab.
Jemand der unser Wohl
im Auge hat, der uns vor
Schlimmem bewahren
will und uns Sicherheit
und Zukunft verheißt.
Taufe –
wer weiß es noch:
Zusage von Gott
geliebte Tochter, geliebter Sohn
zu sein – ein Leben lang
Das ist ein Aspekt,
der zudem eine Rolle spielt,
eine sehr wesentliche.
Das ist der alles entscheidende
Punkt sogar.
Als Jesus von Johannes
getauft wird, öffnet sich der
Himmel über ihm. Eine Stimme
ist zu hören: „Du bist mein Sohn.
Ich liebe dich!“
Diese Zusage an Jesu Leben
ist zugleich wie eine Klammer
um unser ganz eigenes.
Wir sind von Gott geliebt.
Ein Leben lang.
Die Konsequenz, die sich
aus der Taufe ergibt, ist,
sich dieser Liebe immer
wieder bewusst zu werden
und zugleich andere Menschen
dieser Liebe zu vergewissern:
„Auch du bist ein von Gott
geliebter Mensch.“
Ein wunderbares Geschenk,
die Liebe Gottes so entgegennehmen
zu dürfen. Meinen Sie nicht auch?
Eine wunderbare Gabe,
die Liebe Gottes zugleich anderen
Menschen weiterschenken
zu dürfen.
Hierzu sind wir alle
berufen und eingeladen.
Sind Sie sich dieser
Liebe und Zuneigung Gottes
bewusst? Wenn nein,
dann machen Sie sich
ihrer bewusst. Halten
Sie sich vor Augen:
So wie ich jetzt da bin,
genauso liebt mich Gott,
so nimmt er mich an.
Wir alle leben aus
dieser Liebe. Sie bedeutet
in ihren tausend Nuancen:
Mut und Geduld,
Freundlichkeit und Freundschaft,
Takt und Spontaneität,
Höflichkeit und Leidenschaft,
mit der Gott und Mensch
einander begegnen.
Alles, was zum Guten führt,
alles, was zu mehr Recht und Frieden
für den Menschen führt, das ist
die Liebe Gottes, mit der er uns
liebt.
In dem Stück, das sich an
die Taufe anschließt,
geht es darum, dieser
Liebe sein Vertrauen zu schenken
und aus dieser Liebe, Kraft dieser
Liebe, zu leben.
Wer wollte sich diesem Stück
gegenüber wirklich verschießen?
Als Gemeinde haben wir
zugleich einen Auftrag, der
sich mit unserer eigenen Taufe
verbindet:
Den Raum zu schaffen,
in der diese Liebe Gottes zu den
Menschen zum Greifen kommen
kann, einen Raum auch für
Eltern, die mittunter durch
die Taufe ihres Kindes zum
ersten Mal wirklich in Kontakt mit
Gemeinde und Kirche
kommen.
Je mehr uns dies als Gemeinde
miteinander gelingt, desto
mehr werden junge Eltern die Taufe
ihres Kindes nicht als Ouvertüre zu einem
Stück verstehen, das sie nicht mitspielen
möchten, vielmehr als eine Einladung,
immer mehr in diese Liebe hineinzuwachsen und in dem Stück ihre ganz eigene Rolle
zu spielen.
Die Frage, die offen bleibt
ist diese: Wird es uns möglich
sein, als Gemeinde einen
solchen Raum zu schaffen,
Bedingungen zu bewirken
und einladend für andere
Menschen zu sein und
zu bleiben?
Und, wenn wir schon zur Liebe
imstande sind, ob wir sie
durchhalten werden?
Unsere Zukunft als Kirche
und Gemeinde vor Ort
steht und fällt mit der ganz
eigenen Bereitschaft in dem
Stück, in dem Gott die Hauptrolle
spielt und in dem die Liebe
das Thema ist, mitzumachen.
Ohne Wenn und Aber.