Bis auf den letzten Platz
ist sie besetzt, die Synagoge
von Kafarnaum und es ist
mäuschenstill unter
den Menschen.
Sie fragen sich, was wohl
jetzt noch kommen kann.
Und wer eigentlich dieser
Jesus ist.
Wer ist das, der mit
fünf kleinen Broten
und zwei Fischen 5000
Männer satt bekommen hat?
Und dabei sind noch zwölf
Körbe voll übrig geblieben!
Auch die Jünger fragen
sich: Wer ist er eigentlich?
Einer der bei tosendem
Sturm über dem Wasser
wandelt, ohne dass
auch nur seine Sandalen
nass werden …
Gleich die ersten beiden
Worte, die Jesus in den
Mund nimmt, haben es
in sich und geben die Antwort:
Jesus sagt: „Ich bin.“
Das kann im Moment
nicht mehr bedeuten,
als wenn sich ein Mensch
vorstellt und sagt:
„Also, ich bin der und der,
oder die und die …“
Doch aus dem Mund
Jesu bekommen diese
Worte einen besonderen
Klang. Wir erinnern uns:
Immer wieder setzt Jesus
mit diesen beiden Worten
neu an:
Ich bin – das Licht der Welt.
Ich bin – der gute Hirte.
Ich bin – die Tür zu den Schafen.
Ich bin – der wahre Weinstock.
Mag sein, dass einige
der Zuhörer Jesu sich
auch an die Stimme aus dem
brennenden Dornbusch
erinnern. Jahwe sagt
zu Mose:
„Ich bin der ich bin.“
Mit seinen Worten
stellt sich Jesus an die
Seite seines Vaters, der
aus dem brennenden
Busch zu Mose geredet
hat und unterstreicht
seine Herkunft und
Autorität.
„Ich bin.“
„Ich bin das lebendige
Brot, das vom Himmel
gekommen ist“, fährt
Jesus fort.
Brot, das verstehen
die Leute. Sie alle haben
noch den Geschmack
des Brotes von der
Brotvermehrung
im Mund. Und alle kennen
auch die Geschichte, wie
Gott in der Wüste das
Manna regnen ließ,
das Brot vom Himmel.
Und sie träumen schon lange,
dass endlich die Verheißung
der messianischen Zeit
wahr wird, einer Zeit,
in der es an Brot
niemals mehr
mangeln wird.
In die Erwartung
des Retter, des
Messias, des Herrn,
desjenigen, der Israel
erlösen wird hinein,
hallen die nächsten
Worte wie Hammerschläge.
Sie lösen Schock und
Schrecken und Enttäuschung
aus:
„Dieses Brot ist mein
Fleisch.“
Mehrmals wiederholt
Jesus dieses Wort.
„Ich bin das Fleisch,
so wie ich auch das
Brot bin.“
Spätestens jetzt geht
es für manche zu weit
und sie fangen an
nachzufragen:
„Wie kann er uns sein
Fleisch zu essen geben?“
Hat dieses Wort trotz
aller Mühen und deutenden
Versuche nicht einen Hauch
von Kannibalismus an sich?
Sind wir Christen etwa
Menschenfresser?
„Dieses Brot ist mein
Fleisch.“ Dieses Wort
ist ein Schlüsselwort
der Botschaft Jesu.
Daher sei die Frage
erlaubt:
Wie und was hat Jesus
damit gemeint?
Es hat für mich
den Anschein, als wolle
Jesus damit sagen:
„Schaut her, Leute,
ich bin kein virtuelles
Programm Gottes, das man
in der Bibel wie in einem
Computer aufrufen kann.
Ich bin keine Simulation
des Allmächtigen, die
der Vater auf die Erde
gebeamt hat.
Ich habe nicht nur 33 Jahre
lang das Menschsein gespielt,
wie der Hauptdarsteller
in Oberammergau.
Ich bin wirklich ein
Mensch wie ihr.
Ja, ich bin aus Fleisch
und Blut wie ihr.
Schaut euch nur die
Schwielen an meinen Händen an:
Die stammen von meiner Arbeit
in der Werkstatt in Nazareth.
Schaut euch meine Fußsohlen an:
Die harte Hornhaut kommt von
den langen Wanderungen.
Und schaut euch die Wunden an:
die haben die Nägel in mein
offenes Fleisch gerissen.
Ja, sie haben mich
in der Tat zerfleischt auf
der Schlachtbank des Kreuzes.
Und genau das habe ich
gemeint mit dem Fleisch
und dem Blut, von dem
ich heute spreche.
Ich habe es wirklich
hingegeben für euch:
mein wirkliches und
wahres Leben.
Im Alten Testament
benützt die Bibel ohne
Scheu die Worte „Fleisch“
und „Blut“ und meint
damit einfach den Menschen.
Bald nach der Erschaffung
des Menschen „merkt“ Gott,
dass Tiere keine richtigen
Partner für den Menschen
sind. Da erschafft er die Frau.
Und Adam begreift:
„Das endlich ist Bein von
meinem Bein und Fleisch
von meinem Fleisch.“
Das ist ein Satz,
der auf die Ebenbürtigkeit
der ersten Menschen
verweist.
Genau darum geht es
Jesus. Er ist einer von
uns geworden.
Wir gehören zusammen.
Er und ich.
Er und du.
Er und wir.
Die Rede von Fleisch und
Blut ist eine Sprache, die
die innigste Verbindung
und Zusammengehörigkeit
ausdrücken möchte.
Die innigste Verbindung
und Zusammengehörigkeit
zwischen Jesus und den
Menschen findet in der
Feier der Eucharistie
ihren Höhepunkt.
Hier ist Jesus gegenwärtig.
Hier ist er ganz da.
Jesus wollte nicht nur
33 Jahre lang für ein paar
wenige Menschen im kleinen,
fernen Palästina sichtbar
und greifbar sein. Er
wollte zu allen Zeiten
und bei allen Menschen
berührbar bleiben
und ihnen so nah.
Für uns heute in der
Scheibe Brot, die wir
zu seinem Gedächtnis
brechen und teilen
und essen.
Von diesem Brot
schreibt Joe Übermesser:
„Dies ist das Brot.
Mehr als Mehl und
Wasser zu einem Laib
gebacken.
Dies ist das Brot, in dem
alles enthalten ist,
was ein Leben ausmacht:
30 Jahre an der Hobelbank
und die Stunden bis nach
Golgotha.
Es ist schwer verdientes
Brot, das Jesus seinen Jüngern
reicht. Schwer verdient ist, was Jesus
reicht beim Abendmahl und
sagt: Nehmt und esst alle
davon.
Das ist mein Leib.
Brot für das Leben
der Welt.“