Er wollte die Menschen
untereinander und mit Gott
versöhnen. Gescheitere,
Verzweifelte und Benachteiligte
wollte er wieder aufrichten
und ins Leben zurückholen.
Den Liebenden sagte er,
dass sie ganz in der Spur Gottes
leben und allen Menschen
verkündete er Heil,
Erlösung und Leben in Fülle.
Jetzt ist er tot.
Er hängt am Kreuz.
Von Gott und der Welt
verlassen. Ja, auch von
Gott!
Tiefer kann ein Mensch
nicht fallen. Drastischer
kann man das Ende eines
Lebens nicht ins Bild
bringen.
Ist Jesus gescheitert?
Ja, ganz eindeutig ja.
Und zwar an all den Menschen,
deren Herz wie aus Stein ist
und die sich endgültig nicht öffnen wollen
für eine Wahrheit, die alles
umfasst, die auch ihr Leben
betrifft.
Einer Wahrheit, die zwar nicht
von dieser Welt ist, wie Jesus sagt,
jedoch bis in ihre kleinste
Ecke hineinwirkt, vor
allem doch die Seele
eines Menschen berühren
und befrieden will.
Gottes Wahrheit.
Der Wahrheit die
Liebe heißt.
Der größte Widerspruch
für Jesu Ansinnen und seine
Botschaft vom Reich Gottes
ist und bleibt der Mensch.
Jesus scheitert an den Menschen.
So wie unsere Welt und
das Menschengeschlecht
heute am Menschen selber
auf Dauer zugrunde gehen muss:
An seiner Engherzigkeit.
und seinem Egoismus.
An seiner Bereitschaft zum Krieg
und seiner Verantwortungslosigkeit
der Schöpfung und Umwelt gegenüber.
An seiner fehlenden Mitmenschlichkeit,
seinem blinden Fanatismus und der damit
sehr oft einhergehenden Brutalität.
An seinem Größenwahn
und seiner Gier nach Geld
und Macht und Einfluss.
An seiner Selbstüberschätzung, die
darin besteht, selber sein zu wollen
wie Gott.
Dagegen:
Wo Menschen sich auf
die Botschaft von Vergebung
und Liebe und Mitmenschlichkeit
einlassen, da entsteht Neues,
vollkommen Neues, eine
Welt des Miteinanders
und nicht des Gegeneinanders.
Eine Welt der Gerechtigkeit
und des Friedens.
Eine Welt, in der der
Maßstab der Liebe zählt
und sich alles an dieser
Frage entscheidet:
Ob der Mensch tatsächlich
der Liebe fähig ist.
Jesus ist gescheitert.
Am Menschen. Und er scheitert
immer noch in Millionen
von Einzelschicksalen, Menschen
mit Namen, die unter Armut
und Hunger, Krieg und Heimatlosigkeit
leiden, an der ungleichen und
ungerechten Verteilung der Güter
und Reichtümer, an den Folgen
sozialer und politischer Diskriminierung.
Dort, wo andere eigennützig
Profit machen möchten
und Kriege zu führen
bereit sind, die am Ende
den Tod für alle
bedeuten.
Wann hören wir endlich
damit auf, Jesu Kreuz immer
wieder aufs Neue zu errichten
und unsere Welt daran
festzunageln?
Wann fangen wir endlich
an zu begreifen, dass der Mensch
nicht dazu berufen ist, den
Weg des Kreuzes und der
Schmach zu gehen, sondern
der Spur des Lebens
zu folgen?
Wann sind wir endlich
dazu bereit, uns abzuwenden
von allem, was Leben zunichte
macht und Gottes Absichten
entgegensteht, vielmehr,
einander zu leben
verhelfen?
Wann?
Die Antwort weiß
ganz allein der Mensch!
Bis dahin müssen wir
den Karfreitag heute
und die vielen Karfreitage
dieser einen Welt
und ihrer Menschen
ertragen. So sehr sie uns
auch verzweifeln lassen
und uns mehr als einmal
uns unserer eigenen Ohnmacht
bewusst werden lassen.
Sie schön zu reden bringt
uns nicht weiter. Keinen
von uns.
Eher doch eine radikale
Umkehr und Wende.
Anderes zu sagen
wäre unlauter und
unaufrichtig.
Jesus ist gescheitert,
am Menschen gescheitert.
Der größte Widerspruch
zu seiner Botschaft
ist der Mensch selber.
Dagegen: Die Ehre
Gottes ist der
lebendige Mensch.
Wie nah doch beides
zusammenliegt!
Wir haben die
Wahl.
„Unsere Welt ist,
wie sie ist“ sagen manche.
Wir hätten keine andere und diese
ist uns auch nur einmal anvertraut.
Wie recht haben sie.
Deshalb will ich meine
Hoffnung nicht aufgeben.
Sie rettet mich über
die Widersprüchlichkeiten
der Welt hinweg.
Es ist die Hoffnung,
die ich in einem Gedicht
von Huub Oosterhuis
vorfinde:
Da hing er und sang
Psalmen. „Gott, mein Gott!“
Er rief und rief, es klang, als
ob er hoffte, dass Rettung
kommen würde.
Und wir standen und schauten,
seine Freunde auf der Flucht.
Die Sonne schwarz, der Himmel
tiefes Grab. da schrie er:
„Warum hast du mich verlassen!“
Auf dich hab ich … du würdest
mich nie … du nicht.
Du kennst meinen Namen
nicht mehr? Ich weiß noch
den deinen, du heißt:
„Ich werde da sein“ – für wen?
Es ist vollbracht … doch was?
Sein Atem stockte.
Ich lege die Zukunft in deine Hände,
Vater.