Die Botschaft dieses Evangeliums
liegt auf der Hand und scheint klar:
Es gibt einen Durst in jedem
Menschen, der nicht mit
einem erfrischenden Glas
Wasser gestillt werden
kann.
Dieser Durst, von dem das Evangelium
spricht, sitzt tiefer und reicht tiefer,
bis in das Innerste eines Menschen
hinein. Es ist der Durst, den unsere
Seele kennt.
Wonach also dürsten wir?
Recht unterschiedlich werden
die Antworten auf diese Frage
ausfallen. Je nachdem, wo
ein Mensch gerade steht,
was ihn ausmacht und bewegt,
woran es ihm fehlt.
Menschen können dürsten
nach Anerkennung und Ansehen.
Sie können dürsten nach
Annahme und Wohlwollen.
Sie können sich sehnen nach
Geborgenheit, Zärtlichkeit
und Liebe.
Sie können verlangen nach
Freiheit und Gerechtigkeit,
Frieden und Vergebung.
Sie können sich ausstrecken
nach der Gesundheit des Körpers.
Auch nach Glauben und nach
Gott kann sich die Seele
eines Menschen sehnen.
Wonach dürsten Sie?
Was ist es, wonach Ihr Herz
verlangt? Welche Sehnsucht
kommt aus Ihrer Seele
und sitzt ganz tief in Ihrem
eigenen Inneren, bewusst
oder unbewusst, geahnt
aber noch nicht klar ins
Wort zu bringen?
Sehnsucht sei heilig,
meinen die Romantiker.
In unserer Sehnsucht, in unserem
Durst und Hunger schmecken wir
das Heilige; verspüren wir
unser Verlangen nach dem
Unermesslichen, das zu uns gehört
und zu dem wir gehören,
ohne es zu besitzen.
Sehnsucht sei der Grund für die Unruhe
unseres Herzens, die sich nicht
einstellt, bis wir das Unermessliche
berührt, Ruhe gefunden haben
in Gott.
Menschen können einander
ihre Sehnsüchte stillen. In einem
viel größeren Maß als gedacht und
vielleicht auch verwirklicht,
können Sie einander erfüllen.
Es ist ein wahres Geschenk,
wenn Menschen einander derart
erfüllen, dass ihre Sehnsüchte
fast gänzlich gestillt werden
können, insbesondere doch
durch die Liebe, die sie
einander schenken.
Menschen, die sich Liebe und
Zuneigung zuteilwerden lassen
und die erkennen, woran es dem
anderen tatsächlich mangelt,
können zur lebendigen Quelle
füreinander werden.
Es gibt Menschen, denen fehlt
es an solchen zwischenmenschlichen
Begegnungen. Sie fühlen sich einsam
und verlassen. Ihre Seele ist ausgetrocknet.
Es gibt Menschen, die versuchen
ihr Verlangen durch materielle Dinge
zu befriedigen. Sie konsumieren
ohne Grenzen.
Es gibt Menschen, die versuchen
ihre Sehnsucht und ihr Verlangen
erst gar nicht zu spüren und betäuben
sich durch Alkohol oder andere
Mittel, die sie unempfindlich
werden lassen.
Diese Befriedigung der Sehnsucht
hält nur für wenige Momente.
Sehnsucht lässt sich nicht
reduzieren auf Sex, Erfolg, Sport
und Wellness.
Jesus weiß um den Durst des Menschen.
Er kennt die menschlichen Sehnsüchte.
Die Trockenheit der menschlichen Seele
ist ihm nicht fremd.
Jesus bietet sich selbst dem Menschen an,
seinen Durst durch ihn stillen zu lassen.
Jenes Verlangen, das seinem tiefen Inneren
entspringt.
Zur Quelle lebendigen Wassers
will er dem Menschen werden, aus der dieser
unbegrenzt schöpfen kann, darf, soll.
Dabei versteht Jesus es, jenen Durst zu stillen,
der in dieser Welt immer ungestillt bleiben
muss. Ich meine den Durst nach der Fülle
des Lebens, nach dem Absoluten,
dem Ewigen.
Die Seele eines
Menschen ist mit nicht
weniger als dem Unermesslichen
zufrieden. Und solange er nicht
den Bereich des Unermesslichen
berührt und schmeckt, wird er
unruhig und unerfüllt bleiben.
Er wird suchen und dabei auch
viele Irrwege gehen.
Wer sich des Wassers bedient,
das Jesus schenkt, der wird niemals
mehr durstig sein müssen.
Das ist die frohe Botschaft
des heutigen Evangeliums.
Was machen wir daraus?
Für uns?
Für unsere Gemeinde?
Für unsere Kirche und all
die anderen Menschen?
Es geht darum, Christus wieder
als die Quelle des Lebens zu entdecken.
Es geht darum, unsere Quellen in
ihm entspringen zu lassen.
Es geht darum, uns von ihm
tränken zu lassen und das Wasser
an all jene weiterzureichen,
die den Weg zur Quelle noch
nicht gefunden haben oder
ihn aus eigenen Kräften nicht
mehr gehen können.
Solange uns unser Weg nicht
dahin führt, wohin der Heilige Geist
in uns selbst uns hintreibt,
werden wir umherirren, nicht
den Frieden, nicht die Erfüllung,
nicht die Zufriedenheit finden,
nach denen wir uns zutiefst sehnen.
Wir werden halb gebrochen bleiben
und unerfüllt.
Aus dieser Einsicht heraus entstand
das folgende Gebet:
Herr, erfüll mich neu mit Deinem
Geiste, der mich belebt und zu Dir,
mein Gott, hinziehet!
Hier bin ich vor Dir. Leer sind meine
Hände. Herr, füll mich ganz mit Dir.
Herr, füll mich neu. Füll mich neu mit
Deiner Liebe, die bei Dir bleibt und mit
Freuden Lasten trägt.
Herr, füll mich neu. Füll mich mit
Deinem Glauben, der auf Dich schaut
und bei andern Glauben weckt.
Herr, füll mich neu. Füll mich neu
mit Deiner Freude, die überströmt
und in Lob und Preis Dich rühmet.
Hier bin ich vor Dir. Leer sind meine
Hände. Herr, füll mich ganz mit Dir.
Wie steht es eigentlich darum?
Sind wir noch mit ihm gefüllt?
Sind wir noch durch ihn erfüllt?
Als Einzelne?
Als Gemeinde?
Als Gemeinschaft?
Als Kirche?
Manchmal habe ich den
Eindruck, dass der ganz eigene
Zugang zur Quelle, die Christus ist,
unterbrochen ist.
Im einzelnen Menschen.
In den Gemeinden.
In den Gemeinschaften.
In der Kirche.
Woher sonst kommt die
Sehnsucht, die in uns Menschen wohnt,
und die unaufhörlich bei uns anklopft?
Oder sind wir mittlerweile schon derart
ausgetrocknet, dass wir dieses
Klopfen schon gar nicht mehr
wahrnehmen?
Geht es uns tatsächlich noch
darum, uns auf den
Weg zur Quelle zu begeben,
als Einzelne und in Gemeinschaft,
oder haben wir uns derart
in Nebensächlichkeiten, Debatten
und Selbererhaltungsversuchen verloren,
dass wir diesen Durst nach Christus
gar nicht mehr verspüren?
Das wäre schlimm und traurig
zugleich. Wir hätten allesamt
unsere Berufung aus dem Auge
verloren.
Als Einzelne.
Als Gemeinde.
Als Gemeinschaft.
Als Kirche.
Dabei müssten wir gar nicht
weit gehen. Wir müssten die Quelle
nur endlich wieder freilegen
und für uns neu entdecken
lernen.
Alfred Delp schreibt:
In uns selbst strömen
Quellen des Heils und der Heilung.
Gott ist als Brunnen in uns,
zu dem wir zu Gast
und Einkehr eingeladen
sind.
Diese inneren Quellen
müssen wir finden und immer
wieder strömen lassen
in das Land unseres Lebens.
Dann wird keine Wüste.
Ich will euch erquicken:
Das alte Herrenwort
wird vom strömenden Geist Gottes
eingelöst.
Wohin zielt unsere Sehnsucht?
Unsere Sehnsucht als Einzelne?
Unsere Sehnsucht als Gemeinde?
Unsere Sehnsucht als Gemeinschaft?
Unsere Sehnsucht als Kirche?
Was macht den Durst unserer
Seele aus?
Herr, schenke uns die Gnade der
Sehnsucht nach dem Unermesslichen,
nach Dir, unserem Gott.
Lass uns unsere Sehnsucht spüren,
in Dein Heiligtum einzutreten,
Dich in unser Heiligtum einzulassen.
Gib uns die Gnade, uns unserer
Sehnsucht zu überlassen, sie will uns hinführen
zu Dir, dem Unermesslichen,
dem Heiligen Geist, so dass
wir Ruhe finden in Dir.
Gebet aus den Philippinen
Mache uns unruhig, Herr,
wenn wir bequem und selbstzufrieden sind;
wenn unsere Träume sich erfüllt haben,
weil sie allzu klein, zu engherzig und beschränkt waren;
wenn wir nur allzu nahe am Ufer segelten,
und wie im sicheren Hafen ankernd uns bereits am Ziel glauben.
Schenke uns Sehnsucht Herr,
wenn wir über der Fülle der Dinge, die wir ansammelten, die Schönheit und die Wahrheit des Einfachen nicht mehr erkennen und den Durst nach den reinen Wassern des Lebens
verloren haben;
wenn wir verliebt in unser Leben, aufgehört haben, von der Ewigkeit zu träumen,
wenn wir über all den Mühen, die wir in den Aufbau der neuen Erde aufwenden, unsere Vision des neuen Himmels vergessen haben.
Rüttle uns auf, Herr,
damit wir mutiger werden
und uns hinauswagen auf dein weites Meer,
wo uns Stürme deine Allmacht erfahren lassen,
und wir mit der Entfernung vom Ufer
deine Sterne leuchten sehen.
Amen.