„Oder bist du neidisch,
weil ich zu anderen gütig bin?
Neid zerfrisst die Seele
eines Menschen. Neid macht
einen Menschen unzufrieden
mit sich selber, seinem eigenen
Leben und, Neid zerstört die
Beziehung zu anderen.
Neid entsteht sehr oft,
indem sich Menschen mit
anderen Menschen vergleichen
und dabei feststellen, dass es
das Leben mit einem anderen
vermeintlich besser meint,
als mit einem selber.
Die Wurzel des Neids
ist der Vergleich des ganz
Eigenen mit dem, was ein
anderer hat, kann und
ist.
Die Wurzel des Neids
ist auch die permanente
Unzufriedenheit mit dem
eigenen Leben und seinen
Bedingungen.
Auch die Unfähigkeit,
die mangelnde Bereitschaft,
sich seinem eigenen Leben zu stellen,
es kritisch und aufmerksam
zu betrachten, kann Neid
entstehen lassen.
Dass dabei der Neid
das Verhältnis zu anderen
erheblich belastet,
dessen sind sich die wenigsten
bewusst.
Wie oft übertragen
Menschen ihre Unzufriedenheit
mit dem eigenen Leben
auf andere?
Von Projektionen spricht
die Psychologie.
Es ist unangenehm,
auf einen neidischen Menschen
zu stoßen und seine Missgunst
zu verspüren.
Vielfach sind es Menschen,
die in der Öffentlichkeit
stehen, die zu Opfern von
neidvollen Menschen
werden. Oder aber
auch der Nachbar von
nebenan oder
gegenüber.
Neid macht
das Leben kaputt, zerstört
es langsam und allmählich.
Neid lässt einen Menschen
zu einem verbitterten
Wesen werden,
das sich immerzu
benachteiligt fühlt
und das versucht den anderen,
kleiner zu machen oder
ihn gar in der Öffentlichkeit
zu verunglimpfen und
zu verleumden, nur um
sich ein kleines bisschen
besser zu fühlen.
Dem Leben tut Neid
nicht gut! Dem Menschen
erst recht nicht.
Neid kann
auch körperliche Schäden
hervorrufen.
„Neid entsteht
aus Schwäche, Kleinmut,
mangelndem Selbstvertrauen,
selbstempfundener Unterlegenheit
und überspanntem Ehrgeiz,
deswegen verbirgt der Neider,
seinen unschönen Charakterzug
schamhaft. Er lehnt
lauthals ab es dem
Beneideten gleichzutun.
Geht es ihm an den Kragen,
genießt der Neider
stille Schadenfreude.“
Götz Aly, Historiker und Journalist
„Neidisch sind nur jene Menschen,
… die das Glück anderer nicht
akzeptieren können“,
lautet ein Gedanke.
Der Schriftsteller Bruce Marshall
schildert in seinem Roman
„Keiner kommt zu kurz“
das Leben eines französischen
Priesters, Abbé Gaston.
Dieses Leben ist nicht
großartig. Der Mann macht
keine Karriere. Er hat keine
großen Erfolge vorzuweisen.
Er verliert die Menschen,
die er liebt und die ihm
am meisten bedeuten.
Doch am Ende des Buchs,
als Gaston alt und fast blind
ist, heißt es dann doch:
„Die Geheimnisse des Herrn!
Wie unvollkommen verstand er
sie! Eins von ihnen aber glaubte
er nun allmählich zu verstehen,
nämlich dieses, warum alle
Arbeiter im Weinberg, ob die
die Hitze des Tages und die Last der
Arbeit ertragen haben oder
nicht, einen Groschen
ausgezahlt bekommen
haben. Warum?
Weil so vieles an der Arbeit,
meinte er, seinen Lohn und
vieles in der Welt seine Strafe,
in sich selbst trug.
Und da überfiel ihn plötzlich
die Erkenntnis, dass er
als Priester sehr glücklich
gewesen war.“
Das ist gewiss keine theologische
oder exegetische Antwort, wie
sie sich einige von uns im Anschluss
an das gehörte Evangelium
vielleicht erhofft haben.
Aber es ist eine existenzielle
Antwort. Eine Antwort, die
das ganz eigene Leben
betrifft, mit all den
Fragen, die es aufwirft.
Abbé Gaston erkennt
am Ende seines Lebens,
dass er dankbar sein kann
für den Dienst in Gottes
Weinberg, dass er nicht
neidisch sein muss auf die,
die anderes und mehr
erhalten haben, weil
dieser Dienst und die
Gemeinschaft mit Gott
ihn schon auf Erden
glücklich machen
konnten.
Ob manchen unter uns
jetzt selber ein Licht aufgeht?
Die Anregung der Geschichte
jenes Abbés Gaston ist ein Anstoß
für uns alle.
Dankbarkeit für das zu sein,
was Gott uns schon jetzt
schenkt, Dankbarkeit für
die Gemeinschaft mit ihm
ist die Haltung, die verhindert
zu schauen, ob andere
reicher beschenkt werden,
und für sich mehr zu
verlangen.
Dankbarkeit ist eine
Haltung, die den Neid
im Keime ersticken kann.
„Oder bist du neidisch,
weil ich zu anderen gütig bin?
Am Ende dieser Überlegungen
steht nun eine andere Frage,
wie ich meine. Es ist die Frage
nach all dem, wofür ich in
meinem ganz eigenen und
persönlichen Leben
dankbar bin.
Diese Frage setzt nicht
bei den Defiziten an, die
fast ein jedes Leben kennt,
sondern bei den Geschenken,
die das Leben für mich
persönlich bereitgehalten
hat und ferner noch bereithalten
wird.
Sie setzt an bei der Gnade,
die Gott mir in meinem Leben
bislang erwiesen hat und würdigt
all das in meinem Leben, was
gut und richtig, erfüllend
und heilvoll ist. Das, was mir
Grund zur Freude sein will.
Ich bin überzeugt,
dass jeder Mensch Grund
zur Dankbarkeit hat, auch
wenn sich das Leben ihm
gegenüber aus seiner ganz
eigenen Sicht nicht
immer gerecht
verhält.
Die Erzählung jedenfalls
lädt uns ein, dankbar auf
das ganz eigene Leben
zu schauen und
den anderen nicht zu missgönnen,
dass es Gott auch mit ihnen
gut meint.
Vielleicht auf einem
anderen Weg und auf ganz
andere Weise gut meint,
weil das der Weg Gottes
mit ihnen ist, jedoch
nicht mit mir.
Mit mir geht Gott
seinen ganz eigenen
Weg.
Hierzu passe dann
noch ein anderer Gedanke:
„Das Gras nebenan sieht
vielleicht grüner aus.
Vielleicht will dich das Leben
aber auch daran erinnern,
das Gras auf dem du jetzt
stehst, besser zu gießen
und zu pflegen.“
So betrachtet hätte
der Neid auch eine gute Seite,
etwas Konstruktives, dann nämlich,
wenn er den Menschen dazu
anspornt, sein eigenes Leben
in die Hand zu nehmen
und Gutes daraus entstehen
zu lassen.