Hätten wir es geglaubt,
nach all dem, was passiert war?
Thomas jedenfalls tut es nicht.
Er will Beweise.
Er will absolute Sicherheit.
Er will verstehen und begreifen.
Er will Jesus sehen.
Damit spricht er eine Seite
in uns selber an, die die Wahrheit
der Auferstehung bewiesen
haben möchte, damit
wir endlich selber glauben
können.
Doch beweisen lässt
sich die Auferstehung Jesu
nicht.
Der Glaube an die Auferstehung
folgt einer anderen Logik. Einer
Logik, wie sie auch die Liebe
kennt.
Keiner kann mir die Liebe
erklären. Sie deshalb für nicht
existent zu halten und das Gefühl,
die Wirklichkeit der Liebe zu
verleugnen – auf diesen
Gedanken kämen die
allerwenigsten
von uns.
Der Glaube an die Auferstehung
und der Glaube an die Liebe berühren
eine Wirklichkeit, die außerhalb
unserer eigenen Möglichkeiten
liegt.
Eine Wirklichkeit, die
wir nicht selber initiieren
und bewirken können,
die uns vielmehr geschenkt
wird, von Gott ermöglicht.
Dass der Mensch selber etwas für nicht
existent und für wahr hält, bedeutet
nicht, dass es die von ihm infrage
gestellte Wirklichkeit nicht gibt.
An diesem Punkt jedoch
scheiden sich die Geister vieler.
Jener, die an die Auferstehung
glauben und jene, die sie
verneinen, weil ihnen
diese Wirklichkeit nicht
zugänglich ist.
Didymus (andreas knapp)
wenn du es bist,
tritt durch die stahltür,
die von angst gehärtete
in mein zitterndes innen
wenn du es bist
leg deinen finger
auf die fieberstirn
meiner zweifel
wenn du es bist
führ deine hand
an die herzensschwäche
meiner liebe
wenn du es bist
du weißt, was weh mir tut,
innwendig kennst du mich
als wärst du mein
zwillingsbruder
Da gibt es tatsächlich diese
beiden Seiten in einem Menschen.
Die eine, die sich gerne dem Glauben,
dass es eine Auferstehung gibt,
hingeben möchte und die andere,
die daran zweifelt, dass es jemals
möglich sein wird, in eine neue,
gewandelte Welt eintreten
zu können, in der der Tod
nicht mehr das Sagen hat,
sondern das Leben und die
Liebe allein. Für sie spricht
augenscheinlich zu vieles
dagegen.
Wer wollte es den Menschen
verdenken, die dabei auf
Nummer sichergehen wollen?
Mit der Auferstehung Jesu
hat sich etwas völlig Anderes
ereignet. Daran lässt das Neue
Testament keinen Zweifel.
Jesu Auferstehung war der Aufbruch
in eine ganz neue Art des Lebens,
in ein Leben, das eben nicht mehr
dem Gesetz des Stirb und Werde
unterworfen ist, sondern jenseits davon
steht – ein Leben, das eine
neue Dimension des Menschseins
eröffnet hat.
In Jesu Auferstehung sei eine
neue Möglichkeit des Menschseins
erreicht, die alle angeht und Zukunft,
eine neue Art von Zukunft,
für die Menschen eröffnet, meint
Papst Benedikt.
Nur wenn wir die Auferstehung Jesu
„als universales Ereignis, als die Eröffnung
einer neuen Dimension menschlicher
Existenz verstehen, sind wir auf dem Weg,
überhaupt das Auferstehungszeugnis
des Neuen Testaments zu verstehen.“
(Jesus v. Nazareth II S. 269)
Thomas selbst und mit ihm
viele von uns scheinen noch ganz am
Anfang dieses Weges zu stehen,
dort, wo noch immer der Zweifel
an der Auferstehung stärker ist
als der Glaube an die Auferstehung.
Der Zweifel fragt:
Kann es wirklich so gewesen sein?
Können wir als moderne Menschen
der Auferstehung und der Zeugen
Glauben schenken?
Das aufgeklärte Denken sagt:
Nein.
Natürlich kann es keinen Widerspruch
geben zu dem, was klare wissenschaftliche
Gegebenheit ist. Die Jünger sprechen
allerdings etwas an, was in der Erfahrungswelt
des Menschen nicht vorkommt.
Da wird gesagt:
Es gibt eine Dimension mehr,
als wir sie bisher kennen.
Steht das im Widerspruch
zur Wissenschaft?
Kann es wirklich nur das geben,
was es immer gab?
Kann es nicht das Unerwartete,
das Unvorstellbare, das Neue geben?
Wenn es Gott gibt, kann er dann
nicht auch eine neue Dimension des
Menschseins, der Wirklichkeit überhaupt
schaffen?
Papst Benedikt meint:
„Die Umkehrung der Proportionen
gehört zu den Geheimnissen Gottes.
Das kleine Samenkorn ist das
wahrhaft Große.
So ist die Auferstehung
nur in einigen geheimnisvollen Erscheinungen
an die Erwählten in die Welt hineingetreten.
Und doch war sie der eigentliche neue Anfang –
das, worauf im Stillen alles wartete.
Und für die wenigen Zeugen war sie –
gerade weil sie selber es nicht fassen konnten –
ein so umstürzendes und reales Ereignis, so
machtvoll auf sie zutretend, dass jeder
Zweifel zerrann und sie mit einer ganz neuen
Furchtlosigkeit vor die Welt hintraten,
um zu bezeugen: Christus ist wahrhaft
auferstanden.“
Thomas selbst darf diese neue
Dimension des Lebens berühren und
Jesus als den Auferstandenen
begreifen. Er kommt zu diesem
wunderbaren Bekenntnis:
„Mein Herr und mein
Gott.“
Und als wenn es Jesus wüsste,
was für eine Herausforderung der
Glaube an die Auferstehung für die
nachfolgenden Generationen bedeuten wird,
fasst er die Erfahrung des Apostels
zu einem Lehrsatz zusammen,
der unverrückbar bestehen bleibt
bis in unsere Zeit hinein
und weit darüber
hinaus:
„Weil du gesehen hast, glaubst du.
Selig sind, die nicht sehen und dennoch
glauben.“
Wir selber können die Auferstehung Jesu nicht sehen.
Wir selber können die Auferstehung Jesu nicht begreifen.
Ja, wir haben nicht einmal Klarheit darüber, wie es
sich am Ende unseres eigenen Lebens ereignen wird,
dann, wenn wir aus dem Tod ins Leben hineingehen
werden.
Für diese neue Dimension des Lebens
braucht es ein anderes Schauen und ein
anderes Begreifen. Es braucht die Logik
der Liebe, die immer mehr sehen kann
und will, als das, was für das Auge
offensichtlich ist.
Man glaubt nur mit dem Herzen
gut, das Wesentliche ist für die Augen
unsichtbar.