Sie macht ihm das Leben
schwer und stellt für ihn immer
wieder eine große Herausforderung
dar: die Gemeinde aus Korinth
für den Apostel Paulus.
Unter den Korinthern
gibt es zahllose Probleme
und Auseinandersetzungen
über entscheidende Fragen
des Glaubens und
des Zusammenlebens.
Da gibt es welche, die
sich besser glauben als andere.
Sie wollen sich über andere
erheben.
Da gibt es Verhalten, das dem
christlichen Glauben widerspricht
und auch dem Evangelium.
Paulus selber stößt mit seinem
Anspruch als Apostel in
Korinth auf heftige Kritik.
Er versucht sich zu verteidigen.
Immer wieder greift er
korrigierend in das Leben
der Gemeinde ein.
„Kehrt zur Ordnung zurück,
lasst euch ermahnen,
seid eines Sinnes
und lebt in Frieden!
Dann wird der Gott der
Liebe und des Friedens
bei euch sein.“
Ich höre diese Worte
in unsere Zeit hineingesprochen.
In das Zusammenleben der Völker
und Nationen, in das Zusammenleben
der Religionen und der Konfessionen,
in das Zusammenleben der Menschen
im Kleinen wie auch im Großem.
Und ich komme zu dem Entschluss,
dass keine andere Mahnung
treffender für unsere Zeit
ist als jene, die Paulus
vor mehr als 2000 Jahren
einer kleinen Gemeinde
mit auf den Weg gegeben
hat.
In die zahllosen
Unsicherheiten unserer Welt;
in die nicht mehr
zu überschauenden Kriege und
terroristischen Anschläge;
in die nicht enden wollenden
Menschenrechtsverletzungen
und das Machstreben von
Menschen;
schließlich auch in die
Zerstörung von Schöpfung
und in die Ignoranz gegenüber
dem, was Mensch und
Schöpfung gut täte,
spricht dieses Wort
hinein:
„Kehrt zur Ordnung zurück,
lasst euch ermahnen,
seid eines Sinnes
und lebt in Frieden!
Dann wird der Gott der
Liebe und des Friedens
bei euch sein.“
„Kehrt zur Ordnung zurück!“
Die Ordnung war zu Anfang
gut. Der Schöpfungsbericht
im Alten Testament hält fest,
dass all das, was Gott geschaffen
und ins Leben gerufen hatte,
gut gewesen war.
Doch, was zu Anfang als
gut gedacht und geschaffen wurde,
ist schon lange nicht mehr gut!
Das Unglück des Menschen
begann damit, dass
der Mensch sich selber wie
Gott wähnte und sich
an seine Stelle setzte.
Das Unglück begann
mit dem Wunsch des Menschen,
wie Gott sein zu wollen und seine
ganz eigenen Ordnungen
zu schaffen.
In seinem Schreiben „Evangelii
gaudium“ schreibt Franziskus:
„Wir dürfen nicht vergessen,
dass der größte Teil der Männer und
Frauen unserer Zeit in täglicher
Unsicherheit lebt, mit unheilvollen
Konsequenzen. Einige Pathologien
nehmen zu.
Angst und Verzweiflung ergreifen
das Herz vieler Menschen, sogar in
den sogenannten reichen Ländern.
Häufig erlischt die Lebensfreude,
nehmen Respektlosigkeit
und Gewalt zu,
die soziale Ungleichheit tritt
immer klarer zutage.
Man muss kämpfen, um
zu leben – und oft wenig
würdevoll zu leben.“
„Kehrt zur Ordnung zurück,
lasst euch ermahnen,
seid eines Sinnes
und lebt in Frieden!
Dann wird der Gott der
Liebe und des Friedens
bei euch sein.“
Eine wichtige Herausforderung
ist, zu zeigen, dass die Lösung
all jener Probleme niemals
darin bestehen kann, einer
persönlichen und engagierten
Beziehung zu Gott, die sich
zugleich für den anderen
Menschen und die Umwelt
einsetzt, auszuweichen.
Doch genau das geschieht,
wo immer Menschen sich
voreinander verstecken,
sich nach dem Leben trachten
einander aus dem Blick
verlieren.
Franziskus meint,
dass es nötig ist, „zu der Einsicht
zu verhelfen, dass der einzige
Weg darin besteht zu lernen,
den Mitmenschen in der rechten
Haltung zu begegnen, indem man
sie schätzt und als Weggefährten
akzeptiert ohne innere Widerstände.
Noch besser: Es geht darum zu
lernen, Jesus im Gesicht der anderen,
in ihrer Stimme, in ihren Bitten
zu erkennen.
Und auch zu lernen, in einer
Umarmung mit dem gekreuzigten
Jesus zu leiden, wenn wir ungerechte
Aggressionen oder Undankbarkeiten
hinnehmen, ohne jemals müde
zu werden, die Geschwisterlichkeit
zu wählen.“
Mit anderen Worten:
Es geht darum,
mit anderen Menschen in eine
echte und wahrhaftige Beziehung
zu treten, die bereit ist, im anderen
die Größe zu erkennen, die Gott
in jeden Menschen hineingelegt
hat und die bereit ist in jedem
Menschen Gott selber
zu sehen.
Leben und ein gutes Auskommen
untereinander ereignen sich immer nur
in Beziehung von Menschen
zueinander.
„Alles wirkliche Leben ist Begegnung“,
sagt Martin Buber.
Viele Begegnungen unter Menschen
sind krank. Sie sind verstellt und werden
verhindert durch einen allzu großen
Eigensinn, durch Egoismus, durch
den fehlenden Blick für das, was
einem anderen Menschen fehlt
und ihm guttut. Es fehlt ihnen
an Echtheit, Wohlwollen und
dem uneigennützigen Interesse
am anderen. Es fehlt ihnen
an wahrer Liebe.
Wir feiern heute in der Kirche
das Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit.
Wir feiern das Fest einer wahren
Begegnung zwischen Gott, Vater,
Gott, Sohn und Gott, Heiligem Geist.
Gott, der Vater und Gott,
der Sohn, sie können nur miteinander
bestehen und existieren. Sie sind
aufeinander verwiesen und angewiesen.
Ihre Beziehung zueinander macht
das eine göttliche Wesen aus.
Das, was beide zusammenhält
und miteinander sein lässt ist
Gott, der Heilige Geist.
Der Geist ist das sie
miteinander Verbindende.
Es ist der Geist der Liebe.
Die Lehre über das Wesen
des christlichen Gottes setzt
ihren ganz eigenen Akzent
im Hinblick auf die Herausforderungen
unserer Zeit und macht klar:
Menschen können nur in Bezogenheit
aufeinander bestehen. Niemals
gegeneinander, losgelöst voneinander.
Menschliche Schicksale sind miteinander
verwoben, bedingen einander.
Ein Mensch hängt
vom anderen Menschen ab.
Einer hat den anderen nötig.
Allein, losgelöst vom anderen,
verkümmert der Mensch und
wird krank.
Das muss erst
einmal begriffen werden.
Im Kleinen, den ganz alltäglichen
Begegnungen. Im Großen,
den diese Welt und ihre Bewohner
beeinflussenden Begegnungen
unter den Verantwortlichen in
Politik und unter den Religionen.
Solche Begegnungen funktionieren
allerdings nur dort, wo die Verbundenheit
untereinander gesucht wird und um ein
ehrliches und echtes, das Leben förderndes
Miteinander gerungen wird.
Die Liebe allein ist das Band,
welches das Miteinander von Menschen
und ihre Begegnungen zusammenhält.
Nichts anderes sonst.
Keine Alleingänge.
Keine Diktaturen.
Keine Waffen.
Keine Kriege.
Keine Anschläge.
Keine Zerstörungen.
Keine Gewalt.
Kein Morden.
Keine Falschheit.
Keine Intrige.
Keine Ausbeutung des
Menschen und der Schöpfung.
„Kehrt zur Ordnung zurück,
lasst euch ermahnen,
seid eines Sinnes
und lebt in Frieden!
Dann wird der Gott der
Liebe und des Friedens
bei euch sein.“
Die Ordnung, die uns allen
zu bestehen und zu leben
verhilft, ist die Ordnung
einer Liebe, die immer den anderen
und das große Ganze in den Blick
zu nehmen bereit ist.
Sie allein schenkt Bestand
und lässt den Gott, dessen Name
auch Liebe ist, mitten unter uns
Menschen sein. Gegenwärtig
in einer Welt, der er von
Anfang an, eine gute Ordnung
zugrunde legt hat.
Es käme darauf auf,
zu ihr zurückzukehren.
Zu Gott hin umzukehren.
Aus Verantwortung
für das Leben der Menschen,
der Schöpfung, der Welt.