Urlaub bedeutet für
viele unter uns Auszeit;
Abstand vom Alltäglichen;
Ausnahmezeit. Denn, wann kann
man schon einmal für längere
Zeit die Seele tatsächlich
baumeln lassen, wie
in diesen Tagen?
Dabei setzen Menschen
ganz unterschiedliche Akzente.
Interessiert habe ich bei
einer Talkshow zugehört,
bei der Menschen
unterschiedlichen Alters
und unterschiedlicher Berufsgruppen
erzählten, wie sie diese
Zeit verbringen.
Einmal im Jahr fährt
Linda allein in Urlaub, ohne
den Mann und ohne die Kinder,
nur mit ihrer Freundin.
„Wenn man eine Auszeit
von der Familie nimmt,
merkt man, wie schön
und wertvoll so
etwas sein kann. Und
wenn man mit aufgetankten
Energiereserven zurückkehrt,
profitiert die ganze Familie
davon“, meint sie.
Nathalie ist Klinikärztin.
Schichtdienst und Überstunden
gehören für sie zur Tagesordnung.
Doch anstatt sich im Urlaub
vom Stress zu erholen, verbringt
sie ihren Jahresurlaub damit,
in den Slums von Kalkutta
notleidenden Menschen
zu helfen.
„Ich empfinde das, was ich tue,
als wahnsinnige Bereicherung“,
sagt die Kinderärztin.
Lore und Kurt, ein Renterehepaar,
verbringen sei 45 Jahren ihren
Urlaub auf einem Campingplatz –
keine 30 Kilometer entfernt von ihrem
Zuhause.
„Es ist einfach schön erwartet
zu werden und Freundschaften zu
pflegen“, meinen sie einstimmig.
Johannes ist Marketing-Manager.
Im Urlaub reist er als Kriegsfotograf
in den Nahen und Mittleren Osten
und riskiert dabei sein Leben.
„Meine Reisen sind kein Ausgleich
zum Alltag oder zum Job,
sondern eine Ergänzung. Mit
meinen Fotos will ich den
geflüchteten Menschen
vor Ort, aber auch hier helfen“,
gesteht er der Runde.
Jeder sucht etwas anderes
im Urlaub:
Der eine die reine Erholung
von Arbeit und Alltagsstress,
der andere das Abenteuer, das
ihn an die eigenen Grenzen bringt.
Andere feiern bis zum Abwinken
und schließen neue Bekanntschaften.
Wieder andere engagieren
sich sozial und für
Notleidende.
Allen gemeinsam ist die Auszeit
vom Alltag. Der Abstand
vom Alltäglichen.
Den Alltag zu unterbrechen,
dazu lädt uns auch das heutige
Evangelium ein.
„Kommt alle zu mir,
die ihr euch plagt unter schweren
Lasten zu tragen habt,
ich werde euch Ruhe
verschaffen“, sagt Jesus
und gibt sich selber als den
Ort an, an dem es dem Menschen
gelingen soll, den Alltag einmal
hinter sich zu lassen, Gewohnheiten
zu unterbrechen, den inneren
Modus herunterzufahren
und loszulassen.
Jesus weiß um die Lasten,
die ein Mensch bisweilen auszuhalten
und zu tragen hat.
Er kennt die Herausforderungen,
die sehr oft zum Leben dazugehören,
für die es aber Kraft braucht, um
sie tragen und mit ihnen
leben zu können.
Er selber will zu dem Ort
werden, wo der Mensch wieder
auftanken darf, Kraft und Vertrauen,
Zuversicht, Glauben und Hoffnung
finden soll, um im Alltag wieder
seinen Mann, seine Frau stehen
zu können. Um das Leben
bestehen zu können.
Dazu braucht es nicht
unbedingt den Urlaub.
So wichtig er auch sein mag.
Dazu braucht es einzig
und allein den ganz eigenen
und persönlichen Willen,
sich in seinem Alltag, für einige
Augenblicke nur, unterbrechen
zu lassen.
Wie das funktioniert?
Wie gesagt, es funktioniert
nur dann, wenn ich es auch
wirklich will. Wenn ich meiner
Seele, die Verschnaufpause
gönnen möchte. Wenn
ich es ihr erlauben will,
im Alltag nachzukommen.
Ich möchte Sie gerne einladen,
sich für einen Augenblick nur,
unterbrechen zu lassen.
Schließen Sie Ihre Augen.
Konzentrieren Sie sich auf Ihren
Atmen. Atmen Sie ruhig und
regelmäßig ein und aus.
Tun Sie dies ganz bewusst
dreimal hintereinander.
Sie atmen ein.
Sie atmen aus.
Nehmen Sie Ihren Körper
wahr. Nehmen Sie die Stellen
wahr, die verspannt sind.
Atmen Sie in diese Stellen hinein.
Nehmen Sie wahr wie Sie
sitzen. Wie Ihr Rücken angelehnt
ist. Wie Ihre Füße auf dem Boden
stehen.
Machen Sie sich die Gegenwart
Gottes bewusst. Hier und jetzt.
In Ihnen, im anderen, neben Ihnen,
in diesem Raum. Werden Sie sich
seiner Liebe zu Ihnen bewusst.
Gott nimmt Sie an, so
wie Sie da sind. Mit alldem,
was Sie ihm entgegenhalten
möchten. Dinge, die Ihnen
auf dem Herzen liegen.
Dinge, die Sie traurig machen.
Dinge, die sie mit Freude
erfüllen. Dinge, die sie
dankbar sein lassen.
Wenn Sie dabei spüren,
dass Sie Gott danken möchten,
dann tun Sie es.
Wenn Sie dabei spüren,
dass Sie ihn um Verzeihung
bitten wollen, dann tun
Sie es.
Bei alldem bleiben Sie
sich seiner Nähe bewusst
und dass er sie annimmt,
bedingungslos liebt.
Bleiben Sie noch etwas
in dieser Gegenwart Gottes.
Formulieren Sie ihm
gegenüber Ihr tiefstes
Bedürfnis. Formulieren
Sie diesen Wunsch positiv.
Schließlich,
legen Sie alles in seine
Hand. Hören Sie die Einladung
Jesu: „Kommt alle zu mir,
die ihr euch plagt unter schweren
Lasten zu tragen habt,
ich werde euch Ruhe
verschaffen.“
Die Einladung gilt
jetzt Ihnen ganz persönlich.
Jetzt atmen Sie noch
dreimal tief ein und aus.
Öffnen Sie dann Ihre Augen
und kommen Sie wieder hier
an. Wenn Sie möchten,
dann können Sie sich
auch einmal strecken.
„Was sollte das?“
Werden Sie vielleicht fragen.
Nun, es ist eine Möglichkeit,
sich in seinem Alltag, für einen kurzen
Moment nur, unterbrechen
zu lassen, sich auf das
Wesentliche zu besinnen:
auf Liebe,
auf Geborgenheit,
auf Annahme,
auf Vergebung,
um dann wieder, so gestärkt,
in den Alltag zurückkehren
zu können.
Es ist ein Ernstnehmen,
dessen, wozu uns Jesus jederzeit,
mitten am Tag einlädt:
Sich ihm zuzuwenden,
um bei ihm die Kraft zu finden,
die das Leben zu bestehen hilft,
den Glauben und das Vertrauen,
dass ich von ihm gehalten
und getragen bin.
Im Lied heißt es,
dass wir manchmal mitten am
Tag ein Fest der Auferstehung
feiern könnten.
Solche Unterbrechungen
können diese Erfahrung
bewirken. Sie lassen uns
aufstehen zu neuem
Leben.
In der Gesprächsrunde,
von der ich vorhin gesprochen
habe, befand sich auch Gabriele.
Sie macht ihn ihrer freien Zeit
keine Reisen, sondern sucht
vielmehr die innere Einkehr.
Sie ist Geschäftsführerin einer
Agentur und zieht sich zum
Schweigen in ein Kloster zurück.
„Die Meditation hat direkten
Einfluss auf meinen Alltag“, meint
sie. „Viele denken bei Spiritualität
an den Himmel – mich hat
dies geerdet.“
Ich wünsche Ihnen allen
von Herzen, dass Sie selber
die Zeit in Ihrem ganz eigenen
und persönlichen Alltag finden,
um sich immer wieder erden zu
lassen, um sich auf den Gott
zurückbeziehen zu lassen,
der unser aller Leben
will und uns anbietet,
in ihm und durch ihn
zur Ruhe zu kommen.