Ein Kind ist uns
geboren. Ein Kind!
Als wenn von einem
Kind wirklich die Rettung
der Welt und des Menschen
käme.
Die Rettung aus
Unterdrückung,
Krieg,
Gewalt,
Terror,
Dunkelheit
und Tod.
Nicht einmal Erwachsene
können dem ganzen Geschehen
Einhalt gebieten, das sich
in den vergangen Monaten
und in diesen Wochen um
uns herum zuträgt.
Sie werden einfach nicht
Herr über die zahllosen
Herausforderungen
in diesem Leben,
unter Menschen,
in dieser Welt.
Sie sind ohnmächtig.
Sie sind unsicher.
Sie haben Angst.
Sie wissen sich keinen
Rat mehr auf die vielen
Anfragen des Lebens
und auf die Anschläge
auf eben dieses Leben.
Ein Kind ist uns
geboren. Ein Kind!
Als wenn von einem
Kind wirklich die Rettung
der Welt und des Menschen
käme.
Tut es.
Zumindest ist das
die Botschaft dieser Nacht.
Das ist die Botschaft
dieser Tage.
„Denn uns ist ein
Kind geboren, ein Sohn ist
uns geschenkt.
Die Herrschaft ruht auf
seinen Schultern;
man nennt ihn wunderbarer Ratgeber.
Starker Gott, Vater in Ewigkeit,
Fürst des Friedens.
Seine Herrschaft ist groß
und der Friede hat
kein Ende.“ (Jes 9,1ff)
Friede!
Das ist nicht jedermanns
Wunsch. Es gibt dieses Ansinnen
in den Köpfen vieler Fanatiker
und Fundamentalisten, ihren
ganz eigenen Frieden zu
schaffen und zwar mit Waffen,
durch Gewalt und die Tötung
von unschuldigen Menschen.
Kann das Ergebnis solch brutalen
Eingreifens in den Lauf der
Dinge wirklich Frieden schaffen?
Nein!
Solch ein Frieden ist egoistisch.
Solch ein Frieden ist zerstörerisch.
Es ist ein vermeintlicher Frieden.
Ein Frieden, der nicht hält,
was er verspricht.
Solch ein Frieden hat nichts mit
dem Frieden zu tun, wie ihn
Gott meint und wie er ihn
uns zusagt in diesem Kind.
Jesaja vertritt eine Vision
dieses göttlichen Friedens.
In sehr aussagekräftigen Bildern
malt er sich und uns aus,
wie es sein wird, wenn endlich
Frieden herrscht. Frieden,
wie Gott ihn meint und will:
„Jeder Stiefel der dröhnend
daherstampft, jeder Mantel,
der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt.
wird ein Fraß des Feuers.“ (Jes 9,1ff)
Das heißt:
Man hat keine Angst mehr
vor den dunklen Nächsten,
in denen am Himmel Flieger
zu hören sind, die sinnloses
Töten initiieren und Städte
und Kulturdenkmäler
wie besessen vernichten.
Das heißt:
Man zuckt nicht mehr zusammen,
wenn Schritte in der Dunkelheit
zu vernehmen sind, weil sie
Ungutes verheißen.
Das heißt:
Man braucht keine Angst
mehr zuhaben vor brennenden
Flüchtlingsheimen und Angriffen
auf Leib und Seele in den
Straßen unserer Städte.
Das heißt:
Man fühlt sich frei.
Völlig befreit, von all dem
Niederdrückenden und dem
Lärm und dem Zerstörerischen
und dem Menschverachtenden,
die blinde Vernichtungswut
mit sich bringen.
Stattdessen:
„Wohnt der Wolf beim Lamm,
der Panther liegt beim Böcklein.
Kalb und Löwe weiden zusammen,
ein kleiner Knabe kann sie hüten.
Kuh und Bärin freunden sich an,
ihre Jungen liegen beieinander.
Der Löwe frisst Stroh wie das Rind.
freunden sich an.
Der Säugling spielt
vor dem Schlupfloch der Natter,
das Kind streckt seine Hand
in die Höhle der Schlange.
Man tut nichts Böses mehr
und begeht kein Verbrechen
auf meinem ganzen heiligen Berg;
denn das Land ist erfüllt
von der Erkenntnis des Herrn,
so wie das Meer mit Wasser
gefüllt ist.“ (Jes 11, 1ff)
Ein Kind ist uns
geboren. Ein Kind!
Als wenn von einem
Kind wirklich die Rettung
der Welt und des Menschen
käme.
Tut es.
Zumindest ist das
die Botschaft dieser Nacht.
Das ist die Botschaft
dieser Tage.
Während andere durch
Waffen, sinnloses Töten
und Gewalt, Abschiebung
und Ausweisung Herr der Lage
werden wollen,
will Gott Herr sein
mit Hilfe dieses Kindes,
vor dem Hirten und Könige
gleichermaßen in die Knie
gehen.
Die jüdische Philosophin
Hanna Arendt sah in Jesus
vor allem dieses Kind.
Vor allem den Geborenen.
Für sie war die „Natalität“,
also das Geborensein
oder die Gebürtigkeit,
das, was menschliche
Existenz im Wesentlichen
bestimmt.
Ist das etwa der Weg
des Menschen von Morgen,
sich als ein nacktes Kind
zu begreifen, das versorgt
werden muss wie jeder
andere Säugling auch?
Wie sehr wären wir
demnach darauf angewiesen
Geborgenheit zu erfahren
und Schutz, Hilfe und Unterstützung,
Zuwendung und Liebe.
Wo ein Mensch andere nähren kann,
wo eine Gemeinschaft bereit ist,
sich gegenseitig zu füttern
mit Speisen, liebevollen Worten
und hilfreichen Taten, da wird Leben
gestiftet und erhalten.
Da kann Frieden sein.
„Wo Menschen sich vergessen,
die Wege verlassen und neu beginnen,
ganz neu …
Wo Menschen sich verschenken,
die Liebe bedenken und neu beginnen,
ganz neu …,
Wo Menschen sich verbünden,
den Hass überwinden und neu beginnen,
ganz neu … da berühren sich Himmel
und Erde, dass Frieden werde
unter uns.“
Eben diese Grundhaltung
des Sichvergessens,
des Sichverschenkens,
des Sichverbündens zieht
sich durch das Leben Jesu,
wie ein roter Faden:
Er sorgt für Getränke.
Er verteilt Brot.
Er sättigt mehrere tausend Menschen.
Er kümmert sich um den Körper.
Er berührt Kranke, umarmt
Aussätzige und lässt seinen Jünger
Johannes an seiner Brust liegen wie
eine Mutter ihr Kind.
Im letzten Mahl mit seinen
Jüngern fasst Jesus das
Überleben-Dürfen
und Gefüttertwerden von Gott
zusammen.
Das blieb nicht ohne Auswirkungen:
Dieses Kind bringt Menschen bis
heute dazu, Kranke zu pflegen
und Sterbende von der Straße zu holen,
Hospize und Waisenhäuser zu bauen,
Suppenküchen einzurichten
und Armenhäuser.
Selbst Carepakete, Rosinenbomber,
Tafeln für Sozialhilfeempfänger,
Babyklappen, Adoptionen,
Traumtherapie, Unicef
und Rotes Kreuz entstammen
der Gesinnung Jesu.
Ein Kind ist uns
geboren. Ein Kind,
von dem die Rettung
der Welt und des Menschen
kommt.
Diese Botschaft zu würdigen
bedeutet, eine hohe Achtung zu
entwickeln vor der Kostbarkeit
Mensch und Schöpfung.
Eine solche Achtung hätte auch
weitreichende ethische Konsequenzen.
Sie drückt sich aus im Schutz
für das Leben der Ungeborenen,
Behinderten, Alten, Dementen
und Sterbenden.
Hannah Arendt meint:
„Weil jeder Mensch aufgrund
des Geborenwerdens ein Anfang
und Neuankömmling in dieser Welt
ist, können Menschen Initiative
ergreifen, Anfänger werden
und Neues in Bewegung
setzen.“
Ein Kind ist uns
geboren. Ein Kind!
Als wenn von einem
Kind wirklich die Rettung
der Welt und des Menschen
käme.
Tut es.
Zumindest ist das
die Botschaft dieser Nacht.
Das ist die Botschaft
dieser Tage.