Lk 14,1.7-11
Der erste Platz,
wer möchte ihn nicht
haben? Es fühlt sich einfach
gut an, auf dem Siegerpodest
ganz oben, auf der Eins
zu stehen.
Schon eine
Bronzemedaille kann
die Freude trüben.
Vor allem, wenn es
zuvor um Sekunden ging.
Wenn ein Außenseiter
an einem vorbeizieht,
einen abhängt und
schließlich gewinnt.
Es scheint
in der menschlichen Natur
angelegt zu sein, sich nach
vorne kämpfen zu wollen;
und sei es auch mit den Ellenbogen,
den ersten Platz ergattern
zu wollen.
Nur der Gewinner zählt.
Er darf sich der Aufmerksamkeit
des Publikums gewiss sein.
Die anderen stehen
in seinem Schatten.
Jesus argumentiert
in die andere Richtung.
Bleib bescheiden.
Üb Dich in Zurückhaltung.
Nimm Dich selber nicht
so wichtig.
Dräng dich nicht nach
vorne.
Als Coach hätte Jesus
bei Olympia eindeutig
versagt.
Doch Hochmut
kommt bekanntlich
vor dem Fall und es könnte
ja tatsächlich sein, dass mein
Platz eben nicht der erste
Platz ist, sondern nur
der zweite, der dritte,
oder gar der vorletzte.
Dann gäbe es ein böses
Erwachen für die, die
immer die ersten sein wollen.
Nicht nur am Buffet.
Nicht nur an der Kinokasse.
Jesus plädiert
für Bescheidenheit,
Zurückhaltung und Demut.
Das kommt in vielen Ohren
nicht gut an. Für viele
sind diese Begriffe wie
Fremdwörter, die
sie erst einmal erklärt
bekommen müssen.
Jemand anderem
den Vortritt lassen -
an der Kasse, an der Kreuzung?
Wie käme man darauf!
Immerzu gilt das Recht
des Stärkeren.
Das macht den Umgang
unter Menschen sehr oft
so aggressiv.
Und wer sagt mir,
dass ich davon etwas habe,
wenn ich mich zurücknehme
und bescheiden verhalte?
Wer garantiert mir,
dass ich auf einen höheren
Platz gerufen werde?
Niemand!
Da scheint es vernünftiger,
die Platzordnung selber
in die Hand zu nehmen.
Jesus meint dagegen,
dass kein Mensch weder einen Grund,
noch einen Anlass dazu haben
muss, sich selber beweisen zu
müssen und wichtig zu machen.
Das hat kein Mensch nötig!
Der Mensch hat sein Ansehen
bei Gott schon längst gefunden.
Für Gott steht der Mensch
an oberster Stelle, sozusagen
auf dem ersten Platz.
Den kann ihn niemand streitig
machen. Der ist ihm fest
zugesagt. Auch den vermeintlichen
Verlieren unter uns.
Ansehen,
Achtung,
Wertschätzung,
Aufmerksamkeit,
Liebe …
ich muss sie mir als Mensch
nicht erkämpfen oder
gar anderen streitig machen,
denn ich besitze sie von
Anfang meines Lebens
an.
Dieses Bewusstsein
kann entlastend wirken.
Es entspannt und entkrampft.
Es nimmt den Druck, dem
ich mich sehr oft selber
aussetze, aus meinem
Leben heraus.
Vor allem weitet
es meinen Blick auf
meine Umgebung,
auf die Menschen neben
mir, auf jene, die in
den Augen der Vielen
zu den Verlieren in diesem
Leben gehören.
Ich muss sie
nicht mehr umrennen,
ihnen die Vorfahrt nehmen
oder mich vor sie drängeln.
Ich darf auch ihnen ihren ganz
eigenen Platz zugestehen,
der ihnen zukommt und gebührt,
vor Gott zusteht.
Die besten Plätze,
heißt es Gedicht von
Andreas Knapp:
die menge
umdrängt dich
kinder werfen sich
in deine Arme
eine frau berührt dich
sanft von hinten
maria sitzt
zu deinen füßen
johannes ruht
an deiner brust
die beiden plätze
zu deiner rechten
und linken
bleiben jedoch
zwei verbrechern
vorbehalten.
Gott ist so ganz
anders, immer wieder
auf eine besondere,
vielleicht auch oftmals
uns vor den Kopf stoßende
und aufrüttelnde Weise
anders, als wir es für
möglich halten.
Wir müssen uns
damit vertraut machen.
Wir müssen uns mit
ihm auseinandersetzen
und uns immer wieder
herausholen lassen
aus den vermeintlichen
Sicherheiten, die wir
uns zurechtgelegt haben.
Und das ist gut so!
Für den Augenblick bin
ich froh und dankbar,
dass ich meinen Platz
vor Gott nicht erstreiten
muss. Weil kein Platz,
ganz gleich, wo ich auch
sein mag, sitze oder stehe,
gottlos ist und selbst
der allerletzte Platz
von ihm bewohnt
wird.
Dieses Wissen soll
mir genügen. Für den
Moment.