Schon viel
haben sie von ihm gehört,
dem Wunderrabbi.
Alle, die bislang mit ihm
zu tun hatten, loben ihn
in den höchsten Tönen.
Sein Ruf eilt ihm voraus.
Er schraubt die Erwartungen
der anderen sehr hoch.
Ob dieser Mann tatsächlich
halten kann, was man ihm
nachsagt?
Wer ist er eigentlich?
Wozu ist er gekommen?
Was führt er im Schilde?
Die Spannung ist groß
in der Synagoge von Nazareth.
Sie ist zum Schneiden.
Alle Augen richten sich auf ihn.
Was wird passieren?
Was wird er sagen?
Wie wird er das Wort
Gottes auslegen?
Jesus erhebt sich.
Man drückt ihm das
Buch in die Hand.
Aus dem Propheten Jesaja
soll er vorlesen.
Die Stelle scheint wie
zufällig aufgeschlagen.
Wirklich?
„Dass er das Buch öffnet
und jenen Abschnitt der Lesung
findet, der über ihn weissagt,
geschieht nicht durch
Zufall, sondern ist Werk
der Vorsehung Gottes“,
sagt der Kirchenvater
Origenes.
Wie dem auch sei,
zumindest wird ihm die Stelle
„zugespielt“, die genau sein
Programm sein wird:
Armen eine gute Nachricht
zu bringen, Blinden die
Augen zu öffnen,
Zerschlagene in die Freiheit
zu führen.
Am Ende der Lesung
erfolgt die Auslegung
des Gehörten. Kurz und knapp
fällt sie aus. Eher bescheiden.
„Heute hat sich das
Schriftwort erfüllt.“
Noch gibt es daraufhin
keinen Widerspruch. Erst
später werden sich die Geister
an diesem Mann scheiden
und dem, was er sagt,
und dem was er lebt.
Da findet man, dass er
zu anmaßend sei;
dass er Gott lästere
und ihm das Maul
gestopft werden
müsste.
Doch auch am Ende
wird sich zeigen:
Jesus ist der Gesalbte.
Jesus ist der Gesandte.
Jesus ist der, der unter
dem Wort Gottes steht.
Das gilt für damals.
Das gilt für heute.
Denn Gottes Handeln
ist immer aktuell.
Es umfasst die Vergangenheit
und es betrifft die Zukunft,
vor allem doch
die Gegenwart.
Es gilt gleichermaßen
uns allen.
Sören Kierkegaard
schreibt:
„Im Verhältnis zu dem
Unbedingten gibt es nur
eine einzige Zeit:
die Gegenwart.
Wer mit dem Unbedingten
nicht gleichzeitig ist,
für den ist es gar nicht da.
Weil nun Christus
das Unbedingte ist,
sieht man leicht ein,
dass es im Verhältnis
zu ihm nur eine einzige
Lage gibt, -
die Gleichzeitigkeit.“
Ich empfinde es als
einen Trost, zu wissen,
dass Gott mit mir gleichzeitig
ist, dass er mir nicht hinterherhinkt
und dass er mir nicht voraus ist,
sondern im Hier und Jetzt
mir nahe ist.
Diese Gleichzeitigkeit
Gottes mit mir ist aber auch
zugleich eine Herausforderung
an mich und jeden, der
selber mit Gott in seinem
Leben rechnen will.
Sie besteht darin,
Gott in allen Dingen
erkennen zu wollen.
Sie besteht darin,
sein Leben in die Gegenwart
Gottes zu halten und
hierbei Wesentliches
und Wandlung zu
erfahren, die
darin bestehen,
Leben zu erfahren,
in Fülle zu erfahren.
Jetzt ansatzweise.
Dann für immer.
U. Schaffer
beschreibt diese
Gleichzeitigkeit, das Heute,
so:
„Wenn ich in dir bin
und du in mir,
dann hören alle Fragen auf.
Ich ruhe von meinem Streben.
Mein Herz ist in sich gekehrt.
und doch nach außen offen,
beides in einem.
Es entfaltet sich das,
was ist und was sein wird.
Es gelingt mir dann besser
das Wesen von allem zu sehen.
Das Schicksal, das allem
innewohnt, verstehe ich
gleichzeitig als Wahl
und Bestimmung.
Ich greife, begreife
und werde begriffen.
Ich werde geheilt
und heile.“
Genau dazu ist er in
die Welt gekommen,
um zu heilen, um
Armen eine gute Nachricht
zu bringen, Blinden die
Augen zu öffnen,
Zerschlagene in die Freiheit
zu führen.
Um dich und mich
wieder unserem Ursprung
zuzuführen und uns
zu beleben.