„Alles wirkliche
Leben ist Begegnung“,
sagt der jüdische Philosoph
und Theologe Martin Buber.
Und er fährt fort:
„Der Mensch wird
am Du zum Ich.“
Wir Menschen leben
in Beziehung zueinander
und wir entwickeln uns
in Beziehung zu anderen
und zu unserer Umwelt.
Wir sind auf Beziehung
hin geschaffen.
Unserem Wesen entspricht
unsere Bezogenheit auf das
andere, auf den anderen.
Ein Mensch nur für sich,
vereinsamt zunehmend,
nimmt sich das zum Leben
Wichtige und Entscheidende,
nämlich den Kontakt
mit all dem, was an
Leben um ihn herum
passiert und geschieht.
„Alles wirkliche Leben
ist Begegnung.“
Die Lehre
von der Dreifaltigkeit
gibt der Überzeugung
Ausdruck, dass auch Gott
selber, in sich, Begegnung
und Beziehung ist und
dass es zum Wesen
des christlichen Gottes
gehört, Beziehung
zu haben.
Zunächst im Zueinander
der drei göttlichen Personen,
Vater, Sohn und Geist,
sodann nach außen,
zu allem, was ist
und besteht.
Schlussendlich
zu uns Menschen.
Gott ist Beziehung.
Gott will Beziehung.
Gott sucht Beziehung.
Er sucht das Gegenüber.
Und er erschafft sich
dieses Gegenüber.
Die Schöpfung setzt er,
nach dem er sie geschaffen
hat, in Beziehung zu sich.
Den Menschen macht
er zu seinem Partner.
Ihm vertraut er das
Geschaffene an.
Alles, was lebt
und sich auf Erden und
im Weltall bewegt,
setzt er in Bezug
zu sich.
So glauben wir
den einen Gott, den
Schöpfer des Himmels
und der Erde und all
dessen, was ist.
Gott lässt nicht darin
nach, sich immer wieder
in Beziehung zum Menschen
zu setzen.
Er erwählt sich ein Volk.
Israel. Für dieses Volk
will er sich verantwortlich
wissen. Er nennt es sein
Eigen. Ihm gegenüber
macht Gott viele
Versprechungen.
Zu einem Segen
soll das Volk für
alle werden.
Israel wächst an seinem
Gott. Es entwickelt sich
an seinem Gott, indem
es sich immer wieder von
ihm herausfordern lässt.
Die Beziehung
zwischen Gott und Israel
kennt Höhen und Tiefen.
Das Spiel von Nähe und
Distanz ist keinem der
beiden fremd.
In diesem Zueinander
von Gott und seinem Volk
werden die unterschiedlichsten
Facetten, die Beziehungen
ausmachen können, greifbar:
Liebe,
Hass,
Eifersucht,
Erbarmen,
Vergebung,
Zorn,
Streit,
Hingabe,
Selbstvergessenheit.
Gott sucht die Beziehung
zu seinem Volk. Gott braucht
diese Beziehung zum Menschen,
weil er von seinem Wesen her
gar nicht anders kann. Weil auch
er nur Gott ist, wenn er sich
auf ein Gegenüber beziehen
kann. Das ist der Mensch.
Das bist du. Das bin ich.
Beziehung bedeutet immer auch
Liebe. Liebe verwirklicht sich
in der Hingabe an den anderen.
Hingabe bedeutet auf den
anderen zuzugehen,
sein Herz für den
anderen weit zu machen.
In der Weite des Herzens
und seiner Tiefe kann eine
Begegnung entstehen,
die anrührend und
bewegend ist.
Gott weitet sein Herz,
Gott sucht die Begegnung
mit dem Menschen,
indem er selber Mensch
wird. Gottes Mitteilung,
die zum Greifen ist und
gespürt werden kann,
geschieht in seinem
Sohn: Jesus Christus.
Wie Gott Beziehung und
das Miteinander von Menschen
verstehen will, das macht er
durch ihn deutlich.
Auch Jesus setzt
sich zu den Menschen
in Beziehung.
Er geht auf sie zu.
Er lässt sich von ihnen
ansprechen.
Er gib ihnen, wonach
ihr Herz verlangt.
Er schenkt eine Begegnung,
die Leben möglich macht
und die Menschen in der
Tiefe ihrer Seele anzurühren
vermag:
Blinde fangen an zu sehen.
Taube fangen an zu hören.
Lahme fangen an zu gehen.
Abgewiesene fangen an,
an die eigene Würde
zu glauben. Sie finden
in der Begegnung mit
Jesus ein Ansehen
und einen Wert.
Die Begegnung mit
Jesus wirkt befreiend.
Sie ist erlösend.
Jeder, der an ihn
glaubt, der sich auf
ihn einlässt, hat Anteil
an dieser Erlösung
durch ihn.
Der Wunsch Gottes nach
Begegnung setzt sich durch
die Zeiten fort.
Dieses göttliche Verlangen
ist auch da, nach der
Himmelfahrt Jesu,
gewirkt durch den
Geist, der von ihm
ausgeht, der Leben
schafft, der anrühren,
der verbinden will,
Menschen untereinander
und mit ihrem Gott.
„Der Geist des Herrn
erfüllt das All“, so singen
wir an Pfingsten.
Gottes
Geist ist in allem:
Der Schöpfung,
dem Menschen,
in der Begegnung zwischen
Menschen. In den Höhen
und den Tiefen des Lebens
ist er da. In all dem,
was das Leben für uns
bereithält, will er den
Menschen immerfort in
Beziehung bringen mit
Gott.
Die große Herausforderung
für uns Menschen besteht darin,
das Wirken dieses Geistes
für möglich zu halten gerade
auch in den unscheinbarsten
Dingen des Lebens, in den
Kleinigkeiten, die wir
allzu gerne bagatellisieren
und übersehen wollen.
Gott sucht die Begegnung
mit uns in der Natur.
Gott sucht die Begegnung
mit uns in einem anderen
Menschen, in der Liebe,
die Menschen füreinander
empfinden.
In unserer Freude setzt er
sich in Verbindung mit uns.
In unserer Trauer und unserem
Schmerz ist er da und bietet
uns seine Nähe an.
Es käme darauf an,
uns von all dem berühren
zu lassen und uns
dem Dunst der Gleichgültigkeit
zu entziehen.
Wichtig ist, dass wir
keine Scheu
davor haben uns von
ihm in den Dingen des
Lebens berühren
zu lassen.
Es gibt tatsächlich nichts,
worin er nicht zugegen wäre.
„Höhen, Tiefen, sie sind sein.“
Dort treffen wir ihn an.
Auch außerhalb
unserer Kathedralen,
in denen wir das Geheimnis
Gottes gerne aufbewahren,
für uns sichern
möchten.
„Alles wirkliche
Leben ist Begegnung.“
Der christliche Gott
ist ein Gott der Begegnung
und der Beziehung.
Er sucht die Begegnung.
Er will die Begegnung
auch unter Menschen und
zwar über alle Differenzen und
Unterschiede, Gräben
und Mauern hinweg.
Wo dies gelingt,
wo es möglich ist,
aufeinander zuzugehen,
sich die Hände zu reichen,
die Verbindung zu anderen
Menschen entstehen
zu lassen, da ist er mitten
unter ihnen, als der Dreieinige.
Als Vater, als Sohn,
als Heiliger Geist