Der Schrecken steckt ihnen
noch in den Gliedern.
So richtig beruhigen konnten
sie sich noch nicht - wie auch, nach
all dem, was sich zugetragen
hatte.
Zuerst der Tod Jesu.
Dann die Nachricht der
Frauen und der anderen,
dass Jesus auferstanden
sei, dass er lebt.
Nicht zu vergessen,
die vielen tausend Gedanken,
die ihnen wie Blitze durch
den Kopf schießen, gefolgt
von den peinigenden
Gewissensbissen.
Schließlich hatte jeder
auf seine Weise den Herrn
verraten.
Und wie großspurig hatte
er sich verhalten, Petrus:
„Nein, Herr, ich werde
dich niemals verlassen!“
Der Hahnenschrei ist
ihm immer noch im Ohr.
Er erinnert ihn daran, wie
schwach er gewesen war,
als es darauf ankam, sich für
ihn, Jesus, stark
zu machen.
Er hatte versagt.
Auf der ganzen Linie
ist er gescheitert.
Er hat falsch gemacht,
was falsch gemacht
werden konnte.
So etwas lässt sich
kaum aushalten:
„Ich gehe fischen!“,
platzt es aus ihm heraus.
Ablenkung tut gut.
Die Gedanken treten dabei
in den Hintergrund.
Für einen Moment wenigstens
kommt das Karussell
der Selbstanklagen
zum Stehen.
„Wir kommen auch mit!“,
stimmen die anderen mit ein.
Etwas Besseres haben auch
sie nicht zu tun. Auch sie
wollen diesem Stand-by-Modus
entfliehen. Allemal besser,
als nichts tuend herum zu sitzen
und Trübsinn zu blasen.
Der Fang wird zu einer
einzigen Katastrophe.
Die Netze bleiben
leer.
Zudem steht ein
Fremder am Ufer, der
es besser wissen will.
„Werft die Netze auf
der rechten Seite aus.“
Was soll´s.
Zu verlieren
haben sie eh nichts.
Etwas Anderes zu tun
auch nicht.
Also fahren sie
noch einmal hinaus.
Mit Erfolg.
Später sitzen sie
zusammen am Feuer.
Die Jünger und der Fremde,
den sie mittlerweile
erkannt haben.
Eine Offenbarung unter
vielen anderen in diesen
Tagen.
Wie er sich wohl
in seiner Haut gefühlt haben
mag, Petrus, der Kleingläubige,
der Angeber, der Verräter?
Geschämt haben wird
er sich. Am liebsten
im Erdboden verschwunden
wäre er.
Jesus geht auf ihn zu.
Er nimmt ihn zur Seite.
Fragen stellt er ihm.
Immer wieder dieselben.
Diese bohren sich wie
spitze Pfeile durch die Haut.
Sie gehen tief ins Herz.
Sie tun weh:
„Simon, Sohn des Johannes,
liebst du mich?“
Was soll das?
Will er ihn nun gänzlich
demütigen?
Zugegeben mit Liebe
hatte das nichts zu tun,
was Petrus in der Nacht
des Verrats getan hat.
Das war vielmehr Ausdruck
der Angst, seiner Angst
um das ganz eigene Leben.
Zögerlich kommt es aus
ihm heraus: „Du weißt,
dass ich dich lieb
habe.“
Doch damit nicht genug.
Zweimal noch muss sich
Petrus diese Frage gefallen
lassen:
„Simon, Sohn des Johannes,
liebst du mich?“
Trotz allem, was gewesen
war, Petrus liebt ihn, vielleicht
sogar mehr noch als damals.
„Du weißt, dass ich dich lieb
habe.“
Dreimal fragt Jesus nach,
so wie ihn Petrus dreimal
verleugnet hatte.
Die Frage nach der Liebe
dreimal fragst du mich
das schmerzt
warum fragst du immer
wieder du weiß es doch
oder willst du es einfach hören
immer wieder hören
fragst du damit ich es nie vergesse
und immer wieder neu sagen lerne
ja dann frage mich
frag immer wieder
frag immer neu
ach höre nie auf zu fragen
Andreas Knapp
Sie trägt sich durch
die Zeit, die Frage Jesu nach
der Liebe.
Nur mit dem einen Unterschied.
Sie richtet sich heute an uns:
„Sag, Werner liebst du mich?
Sag, Ursel, liebst du mich?
Sag, Paul, liebst du mich?
Sag, Dorothee, liebst du mich?
Sag, Ingrid, liebst du mich?
Sag, Klaus, liebst du mich?
Sag, Robert, liebst du mich?
Sag, Thomas, liebst du mich?
…
Liebst du mich mehr als
diese?“
Jesus will unsere Liebe.
Jesus will unsere Hingabe an ihn.
Jesus will, dass wir ihm
mehr sind als nur Freund.
Mit dem Wort „Absolut“
ist ein Gebet von Charles
des Foucauld überschrieben:
Herr, dir überlasse ich mich;
mach mit mir, was dir gefällt!
Was du auch mit mir tun magst,
ich danke dir dafür.
Zu allem bin ich bereit,
alles nehme ich an.
Wenn nur dein Wille sich
an mir erfüllt und an allen deinen
Geschöpfen,
so ersehne ich nichts weiter,
mein Gott.
In deine Hände lege ich
meine Seele.
Ich gebe sie dir, mein Gott,
mit der ganzen Liebe meines
Herzens, weil ich dich liebe
und weil es meine Liebe
verlangt,
mich dir hinzugeben,
mich in deine Hände
zu legen,
absolut,
mit grenzenlosem Vertrauen.
Denn du bist mein.
Ich höre die Frage im
Kirchenraum:
„Wie geht das,
Jesus, Gott, so zu lieben?“
Das geht nicht einfach so.
Die Liebe zu Gott ereignet sich.
Sie ereignet sich in unserem
Suchen, Fragen und
Sehnen nach
ihm.
„Du sucht unentwegt
nach Gott, willst ihn erkennen
in den Dingen, die dich
umgeben, in den Blicken,
die sich dir schenken,
den Händen, die sich
dir entgegenstrecken?
So liebst du ihn!“
„Du fragst mit deinem
ganzen Wesen nach Gott,
seiner Anwesenheit
in deinem Leben?
So liebst du ihn!“
„Du sehnst dich mit
deinem ganzen Herzen
nach Gott, seiner Nähe,
seiner Gegenwart
und Liebe?
So liebst du ihn!“
Lassen sie mich
enden mit einem anderen
Gebet, das mit dem Titel
„Späte Liebe“ überschrieben
ist:
Herr, ist es möglich,
dass einer neu geboren wird,
der schon des Lebens Mitte
überschritt?
Du hast´s gesagt,
und mir wurde es zur Wirklichkeit.
Des langen Lebens Last an Schuld
und Leid fiel von mir ab.
Ach, keines Menschen Herz
vermag zu fassen,
was du denen bereitet,
die dich lieben.
Nun hab ich dich
und lasse dich nicht
mehr los.
Edith Stein
Und das sei mein
Wunsch an Sie:
Dass Sie sich die Frage
Jesu nach der Liebe zu ihm
immer wieder gefallen lassen.
Dass Sie, bevor Sie selber eine
Antwort auf diese Frage geben,
wissen, dass er sie unbedingt
liebt.
Dass sie durch ihr eigenes
Suchen, Fragen und Sehnen
nach Gott, ihm immer näher
kommen und Ihre Liebe
zu ihm spüren und ahnen.
Und schließlich:
Dass, wenn Sie ihn
endlich haben,
ihn niemals mehr
loslassen und erfahren,
was er mit ihnen
gemeint hat,
als er sie ins Leben
rief.
So sei es.