Häuser brennen
in unserem Land.
Wieder einmal.
Menschen werden
niedergeschrien
und niedergeschlagen.
Wieder einmal.
Sie werden ausgegrenzt,
in Sperrbezirken
untergebracht.
Wieder einmal.
Landesgrenzen
werden verbarrikadiert.
Wieder einmal.
Die Auseinandersetzungen,
die vielen Gespräche und Diskussionen,
die Worte der Leute an den Ecken
der Straßen und den Stammtischen,
die die Flüchtlingsfrage betreffen,
wecken Erinnerungen und
lassen Ahnungen hochkommen.
Zugegeben:
Ich habe Angst.
Ich bin unsicher.
Ich fühle mich hilflos
und ausgeliefert.
Geradezu ohnmächtig.
In der Themenwoche
„Kriegsgeschichten“ spiegelten
sich in vielen Dokumentationen
und Filmen dramatische
Schicksale und menschliche
Tragödien während des
Zweiten Weltkriegs und
in der unmittelbaren Zeit
danach wider.
Diese Reihe, die auf
3 SAT ausgestrahlt wurde,
lässt mein Empfinden
nicht geringer werden.
Im Gegenteil.
Ich spüre Enge.
Ich spüre Bedrohung.
Einhalt gebieten möchte ich.
Aber ich weiß nicht wie.
Ich weiß nur eins.
Dass etwas geschehen
muss. Schnell, bevor es
zu spät ist und
zerstörende Kräfte sich
verselbstständigen und
Unheil bringend über unser
Land legen.
Kräfte, die die Würde
des Menschen in Frage stellen
wollen, sein Ansehen,
seine Bedeutung, seinen
Wert an sich.
Papst Franzikus
schreibt in seiner ersten
Enzyklika Evangelii Gaudium:
210. Es ist unerlässlich, neuen
Formen von Armut und Hinfälligkeit
- den Obdachlosen,
den Drogenabhängigen,
den Flüchtlingen, den eingeborenen
Bevölkerungen, den immer mehr
vereinsamten und verlassen Menschen –
unsere Aufmerksamkeit zu widmen.
Wir sind berufen, in ihnen den
leidenden Christus zu erkennen
und ihm nahe zu sein, auch wenn
uns das augenscheinlich keine greifbaren
und unmittelbaren Vorteile bringt.
Die Migranten stellen für mich
eine besondere Herausforderung
dar, weil ich Hirte einer Kirche
ohne Grenzen bin, die sich
als Mutter aller fühlt.
Darum rufe ich die Länder
zu einer großherzigen
Öffnung auf, die, anstatt die Zerstörung
der eigenen Identität zu befürchten,
fähig ist, neue kulturelle Synthesen
zu schaffen.
Wie schön sind die Städte,
die das krankhafte Misstrauen
überwinden, die anderen
mit ihrer Verschiedenheit
eingliedern und aus dieser
Integration einen Entwicklungsfaktor
machen!
Wie schön sind die Städte,
die auch in ihrer architektonischen
Planung reich sind an Räumen,
die verbinden, in Beziehung setzen
und die Anerkennung des anderen
begünstigen.
Die zweite Lesung
des heutigen Tages lässt
keinen Zweifel daran:
Die geltende Ordnung, die ja
bis heute in unseren Gesellschaften
gilt, wird umgeworfen.
Nichts bleibt mehr wie es war.
Die Ersten werden die Letzten
sein und die Letzten die Ersten.
Standesdenken und gesellschaftliche
Unterschiede gibt es nicht mehr.
Jedem Menschen soll
Anerkennung und Zuwendung gelten,
Wertschätzung und Ansehen – ausnahmslos.
Geradezu Mut machend
und anspornend
spricht der Prophet Jesaja
zu uns:
„Fürchtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott.“
Nein,
ich will mich nicht
fürchten.
Mutig und zuversichtlich
will ich mit den vielen
anderen Menschen
in die Zukunft blicken,
mit anpacken, wo meine
Hilfe gebraucht wird,
mich auf die Seite derer
stellen, die meine Unterstützung
brauchen,
das Wort ergreifen und
einschreiten, wenn Entwicklungen
in eine falsche Richtung laufen,
dem Menschen und seinem
Wohlwollen entgegen.
Wenn Gott wirklich,
und das glaube ich,
das Heil und die Heilung
des Menschen will und
er den Menschen retten wird,
wovor sollte ich dann
noch Angst haben?
Es bedarf nur einer einzigen
Berührung von ihm, damit
unsere Ohren sich öffnen
und unsere Zunge sich wieder
lösen kann, um sein Wort
zu verstehen und immer
kraftvoller und entschiedener
seine Absicht mit uns
Menschen zu verkünden.
Ohne Unterschied und
Ansehen der Person.
Ohne Angst, um die ganz
eigene Existenz.
Ganz im Vertrauen
auf unseren Gott.