Sie warten.
Die Menschen aus Jerusalem.
Auf den Messias.
Und sie sind sich unsicher.
Deshalb fragen sie nach,
bei Johannes, ob er denn der
Messias sei.
Ist er nicht.
Vielmehr jener, der nach ihm kommen wird.
Er selber geht ihm nur voraus.
Er ebnet ihm den Weg.
Und dennoch lassen die Menschen
nicht locker. Sie laufen hinter Johannes her.
Sie wollen wissen, was sie denn zu tun haben,
wenn sie dem Messias den Weg bereiten sollen.
Einfache Menschen sind es.
Menschen wie Du und ich.
Menschen, die spüren,
dass sich Grundlegendes in ihrem Leben
verändern muss;
dass nicht alles beim Alten bleiben darf;
dass sich eine Sehnsucht
in ihrem Herzen ausgebreitet hat
nach dem wahren,
dem unverstellten,
dem befreiten Leben,
von dem sie jetzt sehr wenig verspüren.
Angesichts der poltischen Verhältnisse
in ihrem Land nicht.
Im Hinblick auf ihr ganz eigenes, persönliches
Leben nicht.
Einfach erscheinen
die Antworten des Johannes.
Teilen sollen die Menschen.
Hab und Gut.
Verstehen und Akzeptanz.
Achtung und Wertschätzung.
Hilfe und Aufmerksamkeit.
Die Zöllner sollen niemanden betrügen
und keinem Menschen mehr Zoll
abnehmen, als ihnen zusteht.
Die Soldaten sollen mit ihrem
Sold zufrieden sein und keine Gewalt
ausüben, gegenüber niemanden.
Es scheint:
Die wirklich tragenden Lösungen auf die
Fragen des Lebens und seine Herausforderungen,
liegen gar nicht so weit von uns entfernt,
wie wir dies oftmals zu meinen glauben
und manchmal erscheinen sie sehr, sehr einfach.
Die innere Wandlung der Menschen
soll durch ein Zeichen verdeutlicht werden.
Johannes tauft die Menschen.
Mit Wasser.
Es ist eine Taufe der Umkehr.
Der Messias tauft die Menschen
mit dem Heiligen Geist.
Es ist eine Taufe, die den Bund Gottes
mit dem Menschen besiegelt,
eine Taufe der Stärkung.
Unvermittelt steht er vor ihm:
der Messias.
Die Zeit ist erfüllt.
Für Johannes scheint es Zeit zu sein,
sich zurückzuziehen und Jesus Platz zu machen.
Jesus sieht dies anders, zunächst.
„Tauf mich“, meint er zu Johannes.
„Das muss so sein.
So hat es Gott gedacht.“
Die Begegnung zwischen Jesus und Johannes
ist überschattet durch den Heiligen Geistes.
Der lässt sich bei der Taufe auf Jesus nieder
und Gottes Stimme bekennt:
„Das ist mein geliebter Sohn.
Ich habe Gefallen an ihm.“
Der Groschen scheint noch nicht gefallen
zu sein, zumindest bei den anderen Leuten
nicht.
Noch begreifen sie nicht.
Sie sind weiterhin auf das Zeugnis des Johannes
angewiesen.
Der legt Zeugnis für Jesus ab,
wieder einmal:
„Seht her, der ist es.
Von ihm habe ich gesprochen.
Ihn habe ich gemeint.“
Er ist der, der Euch retten wird,
aus aller Verstrickung, aus Not, aus Leid, aus Schuld.
Er ist der, der Euch geben wird, wonach Euer Herz verlangt,
Ansehen und Beachtung, Wertschätzung und Leben,
Leben auch über den Tod hinaus.
Er ist der, der für Euch eintreten wird bei Gott.
Er ist der, auf den Ihr wartet.
Er ist der Sohn Gottes.
Beeindruckend ist es,
wie Matthias Grünewald,
diese Szene ins Bild bringt.
Er malt Johannes wie ihn sich
unser inneres Auge vorstellen
mag.
Eine asketische Gestalt.
Bekleidet mit einem Fell
aus Kamelhaar.
Und einem übergroßen Zeigefinger,
mit dem Johannes auf Jesus weist:
das Lamm Gottes,
das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
Und die Augen des Betrachters
des Isenheimer Altars in Colmar
sehen Jesus von seinem Ende her.
Sie sehen Jesus am Kreuz.
Wir Menschen heute
stehen nicht viel anders da,
als die Menschen damals
vor Johannes.
Auch jeder von uns hat seine
ihn bedrängenden
Fragen und Sorgen und Unsicherheiten.
Es wäre gut, wenn auch uns
zuallerst die Frage unruhig werden
lassen würde, was es denn zu tun gäbe,
um den Weg für Gott
zu bereiten,
hinein in diese Welt,
hinein in das Leben der Menschen,
hinein in unser eigenes Leben.
„Sucht zuerst das Reich Gottes“, meint Jesus
und dass dem Menschen
alles weitere hinzugegeben werden würde.
Menschen warten.
Auf den Messias.
Nicht nur damals in Jerusalem.
Auch heute.
Sie suchen Heilung ihrer verwundeten Seelen.
Sie suchen Ruhe statt ständiges Umhergetriebensein.
Sie suchen Frieden in ihren Beziehungen,
in dieser Welt, in ihrem Herzen.
Sie suchen ihre Ängste und Sorgen zu überwinden.
Sie suchen Vertrauen in etwas Bleibendes,
die Endlichkeit dieser Welt Überragendes.
Dabei laufen sie oftmals
all jenen Angeboten hinterher,
von denen sie sich
Freude,
Lust
und Unendlichkeit erhoffen.
Einmal in diese Richtung.
Einmal in jene Richtung.
Und immer wieder drehen
sie sich um sich selber und ihre ach so kleine
und begrenzte Welt, die sie gerne als das Maß
aller Dinge ausgeben würden.
Viele gibt es,
die sich die Unsicherheit und die Sehnsucht
des Menschen nach Heil
zunutze machen und ihre Gewinne
daraus erzielen,
die aber nicht halten können,
was sie sprechen,
weil sie ihre eigenen Grenzen
nicht sprengen können,
die des maßlosen Eigennutzes
und Profitdenkens nicht,
schon gar nicht die Grenze
der Endlichkeit und der des Todes.
Das kann nur Einer:
Gott.
Zu dem,
was wir Menschen tun können, gehört,
dass wir Gott wieder an die erste Stelle setzen;
dass wir als Christen mit unserem Leben,
so wie es damals Johannes tat,
derart auf Gott verweisen,
dass man wieder
beginnt, nach Gott zu fragen.
So sehr und so eindringlich zu fragen,
dass allein schon der Gedanke an ihn wieder anfängt,
das Leben dieser Welt zu beeinflussen
und unser Denken
und unser Tun
und unser Miteinander.
Wir müssen
das Experiment mit Gott wieder wagen –
und ihn wieder hineinwirken lassen
in unsere Gesellschaft,
in unser Leben,
in unsere Familien,
in unsere Beziehungen,
in die unterschiedlichsten Arbeitsfelder,
in denen wir am Wirken sind,
in all die Hoffnungslosigkeit
und Resignation,
die vielen Menschen heute innewohnen
und auch in die glücklichen und erfüllenden
Momente hinein, denn auch sie
sind von ihm her zu deuten
und zu verstehen.
Unsere große Aufgabe ist es,
in erster Linie, die Priorität Gottes wieder
ans Licht zu bringen.
Heute ist das Wichtigste,
dass man wieder sieht,
dass es Gott gibt,
dass Gott uns angeht,
dass Gott an jedem einzelnen Menschen gelegen ist,
dass er uns antwortet
und wie das Leben von ihm her gedacht ist.
Und dass umgekehrt,
wenn Er wegfällt,
alles andere noch so gescheit sein kann,
aber dass der Mensch dann seine Würde
und seine eigene Menschlichkeit verliert
und damit das Wesentliche
zusammenbricht.
Gott,
halte in uns die Sehnsucht wach,
die Sehnsucht nach mehr,
als das tägliche Einerlei,
die Sehnsucht nach mehr,
als Essen und Trinken
und Fernsehschauen,
die Sehnsucht, deinen Auftrag zu erfüllen,
die Sehnsucht nach dir!