Das hatte
er sich so gedacht:
Sich heimlich davonstehlen.
Die Tür hinter sich schließen und weglaufen.
Einfach gehen. Ganz gleich wohin,
nur weg von hier.
Zu verstehen ist es schon.
Oder? Zumindest im ersten Augenblick.
Irgendwann kann man
nur noch seine sieben Sachen
packen, sich auf und davon machen,
weil es einem zu viel wird,
weil man nicht mehr kann,
weil man keinen Sinn mehr in den Dingen sieht,
weil man den Durchblick nicht mehr hat,
weil es einem nur noch weh tut,
weil es sich so nicht mehr leben lässt.
Das muss man sich vorstellen.
Ein alter Mann, so wird erzählt.
Im Besitz einer Werkstatt.
Zimmermann ist er.
Brav.
Angesehen.
Anständig.
Fromm.
Verlobt.
Mit einer Frau,
die bedeutend jünger ist als er selber.
Die fast noch Kind ist.
Eine Familie wollen sie gründen.
Kinder wollen sie haben.
Doch dann zieht
es dem Mann den Boden
unter seinen Füßen weg.
Es kommt ganz anders.
Seine Verlobte ist schwanger.
Das soll es geben.
Das kommt vor.
Schon vor der Heirat.
Auch damals.
Aber das Kind ist nicht von ihm.
Da muss doch alles
in sich zusammenbrechen.
Das ist doch nur noch zum Davonlaufen.
Oder?
Wie gesagt,
zumindest in ersten Augenblick.
Welcher Mann lässt sich schon gerne
Hörner aufsetzen?
Welcher Mann verliert schon gerne
sein Gesicht?
Das tut weh.
Das verletzt.
Das kränkt.
Die Geschichte erfährt eine Wende.
Gut geht sie aus. Happy end.
Josef bleibt bei Maria.
Maria bekommt ihr Kind.
Doch es dauert nicht lange,
da ist von dem Greis
nichts mehr zu hören.
Er verschwindet im Hintergrund
der Heilsgeschichte.
Schade eigentlich.
Bedauerlich.
Maria und Jesus stehlen
ihm die ganze Show.
Ich meine, seine Bedeutung.
Können wir sie ermessen?
Einfach Davonlaufen,
das geht nicht.
Gewiss, es gibt immer
genügend Gründe,
das Weite zu suchen
und wegzulaufen:
weg von dem Partner,
weg von der Familie,
weg von dem Beruf,
weg von der Kirche,
weg von der Gemeinde,
weg von dem ganzen
Wust des so beschissenen Lebens.
Das kann ich tun.
Dann ich nehme mich immer
selber dorthin mit, wo
ich mich endlich in vermeintlicher
Sicherheit glaube.
Und auch die anderen nehme ich mit.
Uneingestandene Krisen und Probleme
nehme ich mit.
Der Wust des Lebens lässt
sich nicht so einfach unter den Teppich
kehren.
Einfach Davonlaufen,
das geht nicht.
Ich muss mich
den Herausforderungen stellen.
Wenn nicht im ersten Augenblick,
dann später.
Ich muss mich aussprechen können.
Ich muss auf den anderen hören wollen.
Ich muss zur Versöhnung bereit sein wollen.
Ich muss nach Lösungen suchen wollen.
Und die gibt es immer.
Selbst wenn ich selber
dafür kein Auge habe.
Vielleicht hilft dabei
etwas anderes.
Ein anderer?
Josef bekommt Hilfe im Traum.
Im Schlaf löst sich das Problem auf.
„Der Herr schenkt es dem Josef im Schlaf.“
Den Schlaf,
den Traum
sollten wir nicht unterschätzen.
Ich weiß manche
können vor Problemen
kein Auge mehr zutun.
Und wenn sie träumen,
dann sind es zumeist Albträume,
die sie am nächsten Tag
belasten. Manchmal so sehr,
als hätten sie die ganze Nacht
durchgemacht.
Andere schlafen einfach
drüber und am nächsten Tag
ist alles klar.
Beherzt packen sie zu.
Ermutigt tun sie das,
was getan werden muss.
Das hatte
er sich so gedacht:
Sich heimlich davonstehlen.
Die Tür hinter sich schließen und weglaufen.
Einfach gehen. Ganz gleich wohin,
nur weg von hier.
Josef bleibt.
Das hat er Gott zu verdanken.
Der schickt ihm einen Engel.
Der Engel sagt Josef,
was er zu tun und zu lassen hat.
Von höchster Stelle gestärkt
und vergewissert,
stellt er sich der Herausforderung.
Josef nimmt Maria
zur Frau.
Das Evangelium heute
erzählt davon.
Aber noch mehr vom
Eingreifen Gottes in den Lauf
der Dinge,
des Lebens,
der Welt.
Rechne ich damit?
Dass Gott sich einmischt?
Dass Gott eingreift,
- wenn ich selber nicht mehr ein noch aus weiß?
- wenn es nur noch zum Davonlaufen ist?
- wenn ich nur noch das Weite suchen will?
- wenn sich der ganze Wust meines Lebens vor
meinen Füßen ausbreitet und ich nicht weiß,
wohin mit allem?
In einem Gedicht lese ich:
Du Gott-mit-uns,
der mit uns geht,
der zu uns steht,
der in uns lebt.
Du Gott-mit-uns,
der nicht mehr thront,
der bei uns wohnt,
der sich nicht schont.
Du Gott-mit-uns,
der sich ganz gibt,
der liebt und liebt –
und uns in seine Liebe
zieht. Wolfgang Steffel
Gott mischt sich ein.
Wo immer wir aus eigenen
Kräften und Möglichkeiten
nicht mehr weiterkommen
und nur noch davonlaufen wollen.
Gott mischt sich ein.
In seinen Sohn und durch ihn.
Gott mischt sich ein
in den Lauf der Dinge,
in das Geschehen dieser Welt,
in mein eigenes Leben.
Hierin will er zur Welt
kommen. Jeden Tag aufs Neue.
Wenn ich es zulassen will.
Wenn ich mich darauf einlassen will.
Wenn ich ihm vertrauen will.
Wenn ich es mit ihm wagen will.
Dann wird alles gut.