Liebe und Gebot.
Wie passt das zusammen?
Liebe und Gebot.
Schließen sich
beide nicht einander aus?
Liebe beruht auf Freiheit.
Liebe kann man nicht machen.
Liebe entspringt dem Inneren des Menschen.
Liebe ist eine Entscheidung des Herzens.
Gebote zwingen Menschen in Ordnungen.
Gebote schaffen Rahmenbedingen,
in denen sich Menschen bewegen sollen.
Du sollst …
Du darfst nicht …
Gebote kommen von
außen und nicht aus dem Herzen.
Wirklich nicht?
Jesus sieht das anders.
Es gibt Gebote,
die tatsächlich im Herzen
des Menschen wurzeln.
Es gibt Gebote,
die können einem Menschen
nicht auferlegt werden.
Es gibt Gebote,
die können nur mit
einer stimmigen, inneren
Einstellung zum Leben
gelebt und gehalten werden.
Ein Gesetzeslehrer kommt zu Jesus:
„Was muss ich tun, um das ewige
Leben zu gewinnen?“, fragt er.
Der Mann will ihn auf die Probe stellen.
Aber Jesus lässt sich nicht reizen.
Er verweist ihn auf das Gesetz:
„Was steht im Gesetz?“ fragt er ihn.
„Was liest du dort?“
Und wie er es gelernt hat,
gibt der Gesetzeslehrer die Antwort:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott,
lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele,
mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken,
und: Deinen Nächsten sollst du lieben
wie dich selbst. (LK 10, 26)
„Genau!“, meint Jesus.
„Das ist es! Und jetzt geh
und mach es genau so.“
Liebe und Gebot.
Wie passt das zusammen?
Liebe und Gebot.
Schließen sich
beide nicht einander aus?
Nicht in der Bibel.
Nicht bei Jesus.
Für ihn zählt zunächst
nur das Eine:
Die Liebe.
„Ganz genau!“ sagt Paulus.
„Die Liebe hält allem stand.
Die Liebe ist das Band,
das alles zusammen hält.
Und wenn ich die Liebe nicht
hätte, so wäre ich nichts.“
Die Liebe setzt Maßstäbe.
Andere als diese Welt.
Andere als unsere Gesellschaft.
Andere als jene, die uns immer
wieder vor Augen
gehalten werden.
Paulus meint:
Die Liebe ist langmütig …
Die Liebe ist gütig …
Die Liebe ereifert sich nicht …
Sie prahlt nicht …
Sie bläht sich nicht auf …
Sie handelt nicht ungehörig …
Die Liebe sucht nicht ihren Vorteil …
Die Liebe lässt sich nicht zum Zorn reizen …
Die Liebe trägt das Böse nicht nach …
Sie freut sich nicht über das Unrecht …
Die Liebe freut sich an der Wahrheit …
Liebe und Gebot.
Wie passt das zusammen?
Liebe und Gebot.
Schließen sich
beide nicht einander aus?
„Wenn ihr mich liebt,
dann werdet ihr meine Gebote
halten“, meint Jesus.
Mir scheinen zwei Synonyme
für das Wort Gebot sehr passend.
Angebot und Bedürfnis.
Jesus bietet uns an,
so zu leben wie er
und auf diesem Weg
zu einem Leben zu finden,
dessen Fülle er uns verheißt.
Und wer sich tatsächlich
aus freien Stücken
und ohne Zwang auf ihn eingelassen
hat und auf seine Art das Leben
zu begreifen und den Menschen
zu verstehen, der wird
mit der Zeit ein inneres Bedürfnis
verspüren, dieses Leben
aus dem Geist des Evangeliums
auch in aller Konsequenz
zu leben.
Die Liebe wird ihm
zum Gebot werden.
Weil es hierzu
keine wirkliche Alternative
gibt.
„Ja“, sagt Paulus.
Es gibt den Glauben,
Es gibt die Hoffnung.
Es gibt Liebe, diese drei.
Doch am größten
unter ihnen ist die Liebe.“
Hilde Domin schreibt:
Die Sehnsucht
nach Gerechtigkeit
nimmt nicht ab
Aber die Hoffnung.
Die Sehnsucht
nach Frieden
nimmt nicht ab
Aber die Hoffnung
Die Sehnsucht
nach Sonne nicht
täglich kann das Licht kommen
durchkommen
Das Licht ist immer da
eine Flugzeugfahrt reicht
zur Gewissheit
Aber die Liebe
der Tode und Auferstehungen fähig
wie wir selbst
und wie wir
der Schonung bedürftig
Liebe und Gebot.
Wie passt das zusammen?
Liebe und Gebot.
Schließen sich
beide nicht einander aus?
Im Gegenteil:
Die Liebe muss zum Gebot
werden, wenn sie nicht
verlorengehen soll
in den Gesichtern
der Menschen,
in ihren Herzen,
in ihren Gedanken
in ihrem Tun.
Die Liebe muss zum Gebot
werden, wenn wir etwas
von dem erahnen
wollen, wer Gott für uns ist
und wozu Gott uns fähig
gemacht hat:
Zusammen zu leben.
Uns unter die anderen zu mischen.
Einander zu begegnen.
Uns in den Armen zu halten.
Uns anzulehnen.
Aus uns selbst herauszugehen,
um uns mit den anderen
zusammenzuschließen.
Das Risiko der Begegnung
mit dem Angesicht des anderen
einzugehen.
Wahres Leben zu erfahren.
Die Liebe zu erleben.