Diakon ist er.
Zuständig für den Dienst
an den Tischen ist er.
Verantwortlich
für die Witwen,
für die Waisen,
für die Armen.
Märtyrer ist er.
Der erste Christ,
der diese Auszeichnung
zugesprochen bekommt.
Stephanus.
Weil er sich zu Christus bekennt.
Weil er es ernst meint, mit dem Glauben an ihn
und dies in aller Konsequenz.
Weil er sich den Mund nicht verbieten lässt,
sondern auftritt voll Gnade und Kraft
Sein Zeugnis.
Sein Glauben.
Sein Vertrauen
bringen ihm den Tod.
Man steinigt ihn.
Zu all dem,
was wir in diesen Tagen feiern,
den vielen Emotionen
dem Ruhigen,
dem Friedlichen
dieser Tage,
wirkt der Inhalt des heutigen Feiertages
wie ein Schlag ins Gesicht.
Es ist uns nicht erlaubt,
uns weiter im Stall aufzuhalten,
bei dem Kind,
bei der Mutter,
unter Hirten und Königen
und sich in dieser Idylle zu verlieren.
Die Wirklichkeiten,
in denen sich unser Glauben zu bewähren hat,
holen uns schnell wieder ein.
Der Tag, an dem wir uns
an das Martyrium des heiligen Stephanus
erinnern,
macht uns dies in aller Deutlichkeit bewusst.
Nur sind es heute keine Steine mehr,
die auf Christen geworfen werden.
Zumindest nicht in unseren Regionen.
Der Angriff auf das Christentum
in unserer Gesellschaft ist anderer
Art.
Was uns als Christen heute in die Knie zwingen
kann ist die zunehmende Gleichgültigkeit
vieler Menschen hinsichtlich des christlichen Glaubens
und die Auffassung von Menschen,
dass sie auch ganz gut ohne Gott zu Recht kommen
könnten.
Madeleine Delbrel,
die christliche Pionierin
im säkularisierten Paris,
sieht die Situation vor
über 50 Jahren so:
„Die Pfarreien begegnen
einer neuen Form von Unglauben:
der fortschreitenden Atheisierung
unserer Welt.“
Sie lässt auch die Christen
nicht ungeschoren davonkommen:
„Unbewusst werden sie
dazu gedrängt, (…) das tiefe
Band zwischen sich und Gott
verkümmern zu lassen. …“
Die Konsequenz:
Das christliche Leben
reduziert sich auf
menschliches Maß.
In der Tat:
Es gibt Christen,
die nicht mehr wissen, wovon wir reden,
wenn wir von Gott sprechen,
von einem Gott, der Mensch wurde, den Menschen gleich,
von Sterben, Tod und Auferstehung,
von einer Berufung zum Leben,
einem erlösten und befreiten und heilen Leben,
von einer nie erlöschenden Hoffnung und Zuversicht
in den Herzen der Menschen.
Am Ende sieht Stephanus den Himmel offen.
Der offene Himmel ist eine Verheißung
an alle, die an Christus glauben
und die nicht damit aufhören,
diesen Glauben
zu bezeugen,
zu leben
und dies in aller Konsequenz,
entgegen den Vielen,
die diesen Glauben nicht mehr als
wesentlich erachten und für das Leben
entscheidend.
Papst Franziskus meint im Hinblick
auf die Kirche:
„Mir ist eine verbeulte Kirche,
die verletzt ist und verschmutzt,
weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist,
lieber, als eine Kirche,
die aufgrund ihrer Verschlossenheit
und ihrer Bequemlichkeit, sich an
die eigenen Sicherheiten zu klammern,
krank ist.
Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist,
der Mittelpunkt zu sein.“
Stephanus ist keineswegs bequem,
ängstlich und allzu sehr um sich
selbst besorgt.
Das Gegenteil ist vielmehr der Fall:
Sein Auftreten ist voller Gnade und Kraft.
Er lädt uns ein, es ihm gleichzutun.
Christus nachzufolgen
in Wort und Tat
und nicht den Steinewerfern,
den Gleichgültigen,
den Unwissenden,
den Gottlosen,
das Feld zu überlassen.
Als Christen bleibt es uns aufgeben,
in die Wirklichkeiten dieser Welt hineinzureden
und Gottes Sicht von Leben zu vertreten.
Als Christen bleibt es uns aufgeben,
auch gegen die Wirklichkeiten
dieser Welt zu reden
und Gottes Wahrheit zu verkünden,
weil sie dem Menschen zugute kommt
und seiner Befreiung zum Leben.
In der Nachfolge Christi
haben wir keine andere Mission
zu erfüllen als diese.
Sie beginnt im Herzen eines jeden einzelnen von uns
und reicht über die uns anvertrauten und nahe stehenden
Menschen in diese Welt hinein.
Ein Auszug aus dem Ordensgelübde
von Silvia Maribel Arriola bringt das Gemeinte
auf seine Weise ins Wort:
In einer Gesellschaft,
die auf Macht, Besitz und Genuss ausgerichtet ist,
will ich ein Zeichen der echten Liebe sein;
ein Zeichen dafür, dass Christus allein
der Herr der Geschichte ist,
dass er unter uns anwesend und fähig ist,
eine Liebe hervorzurufen,
stärker als die Instinkte und der Tod,
stärker als alle wirtschaftlichen Mächte …
Ich gelobe, dem Herrn die Treue zu halten:
in Gesundheit und Krankheit,
in meiner Jugend und im Alter,
in ruhigen Zeiten und in der Verfolgung,
in der Freude und in der Traurigkeit,
in seiner Menschwerdung in den Armen,
in dem ich arm und solidarisch sein will
mit ihnen und in ihrem Kampf für die Befreiung,
durch Beteiligung an seinem evangelischen Auftrag
unter den Menschen,
indem ich meine Liebesfähigkeit
ganz und gar auf ihn und alle Schwestern und Brüder richte
und indem ich in der Suche nach dem Willen Gottes lebe,
durch sein Wort, in seiner Kirche
und nach den Zeichen der Zeit
unter den Menschen.
Von einer missionarischen Entscheidung
spricht in diesem Zusammenhang
Papst Franziskus in seinem letzten Schreiben,
Evangelii Gaudium, die nicht nur das Leben
des einzelnen Christen betrifft,
sondern der Kirche im Ganzen:
Ich träume von einer missionarischen Entscheidung,
die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten,
die Stille, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede
kirchliche Struktur ein Kanal werden,
der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt,
als der Selbstbewahrung (der Kirche) dient.“
Mögen auch uns Gnade und Kraft
zuteil werden, um unsere ganz eigene
Berufung unter den Menschen
in dieser Welt leben zu können
und um nicht einer Art
kirchlichen Introversion zu verfallen.
Denn diese Welt braucht
unser Zeugnis und zwar an dem Platz,
an den wir gestellt sind.