Wie gewonnen,
so zerronnen.
Manchmal ganz schleichend.
Ein anderes Mal
ganz plötzlich und unvermittelt
über Nacht.
In der Tat:
Wer viel besitzt,
ist in Gefahr, sich in sein
Vermögen zu verlieben.
Das gewinnt eine Eigendynamik
nach immer Mehr.
Das verführt dazu,
sein Herz daran zu hängen
und auf keinen Fall mehr
davon zu lassen.
Wer wüsste das nicht
von sich selbst?
Wer sähe das nicht in unserer
Haben-Gesellschaft?
Wer viel besitzt,
muss es auch sichern –
zur Not mit Gewalt.
Wer das Heil von Geld und
Vermögen erwartet,
wird sich entsprechend
rüsten müssen –
zur Verteidigung seines
Besitzstandes.
Der wird immer
noch größere Scheunen
für seine Vorräte
bauen müssen.
Es muss nicht unbedingt
Geld und materieller Reichtum
sein.
Es gibt auch einen intellektuellen
Kapitalismus,
der nicht minder aufgerüstet daherkommt.
Wissen, Macht und Geld –
das sind drei Großmächte,
die einen eigenartigen Hang
zur Absolutsetzung
in sich haben.
Wer darauf baut,
muss bist ins Innerste
seines Herzens
„auf Abwehr“
eingestellt sein.
Hier liegt die Quelle
der Rechthaberei,
des Unfriedens,
der Gewalttätigkeit,
des Egoismus.
Windhauch,
Windhauch,
sagte Kohelet,
Windhauch,
Windhauch,,
das alles ist Windhauch.
Denn es kommt vor,
dass ein Mensch,
dessen Besitz durch
Wissen, Können,
und Erfolg erworben wurde,
ihn einem anderen,
der sich nicht dafür angestrengt hat,
als dessen Anteil übergeben
muss. Koh 1,2
Wie gewonnen,
so zerronnen.
Manchmal ganz schleichend.
Ein anderes Mal
ganz plötzlich und unvermittelt
über Nacht.
Eine Todesanzeige fällt
mir in die Hand.
Der Tod eines Unternehmers
wird bekanntgegeben.
Erfolgreich war er.
Kompetent und engagiert.
Innovativ und zukunftsorientiert
führte er sein Unternehmen.
Er organisierte.
Er fusionierte.
Er konsolidierte.
Mitte Fünfzig war er
nach längerer Krankheit
gestorben.
Michael Frank
dichtete im 17. Jahrhundert
diese Zeilen:
Ach wie flüchtig,
ach
wie nichtig ist der Menschen Leben!
Wie ein Nebel bald entstehet
und
auch wieder bald vergehet,
so ist unser Leben, sehet!
Ach wie nichtig,
ach
wie flüchtig sind der Menschen Tage!
Wie ein Strom beginnt zu rinnen
und
mit Laufen nicht hält innen,
so fährt unsre Zeit von hinnen.
Ach wie flüchtig,
ach
wie nichtig ist der Menschen Freude!
Wie sich wechseln Stund und Zeiten,
Licht
und Dunkel, Fried und Streiten,
so sind unsre Fröhlichkeiten.
Ach wie nichtig,
Ach
wie flüchtig ist der Menschen Schöne!
Wie ein Blümlein bald vergehet,
wenn
ein rauhes Lüftlein wehet,
so ist unsre Schöne, sehet!
Ach wie flüchtig,
ach
wie nichtig ist der Menschen Glücke!
Wie sich eine Kugel drehet,
die
bald da, bald dorten stehet,
so ist unser Glücke, sehet!
Ach wie nichtig,
ach
wie flüchtig sind der Menschen Schätze!
Es kann Glut und Flut entstehen,
dadurch, eh wir uns versehen,
alles muss zu Trümmern gehen.
Ach wie flüchtig,
ach
wie nichtig ist der Menschen Prangen!
Der in Purpur hoch vermessen
ist
als wie ein Gott gesessen,
dessen wird im Tod vergessen.
Ach wie nichtig,
ach
wie flüchtig sind der Menschen Sachen!
Alles, alles, was wir sehen,
das
muss fallen und vergehen.
Wer Gott fürcht', wird ewig stehen.
Wie gewonnen,
so zerronnen.
Manchmal ganz schleichend.
Ein anderes Mal
ganz plötzlich und unvermittelt
über Nacht.
Worauf kommt´s an?
Wir wissen:
Geld allein mag beruhigen,
aber es macht nicht wirklich glücklich.
Ein hoher Dax-Kurs macht nicht
wirklich satt.
Er stillt nicht still den Hunger
der Seele, das Verlangen,
das dem Inneren
des Menschen entspringt
und nach mehr verlangt,
als nach hohen Gewinnen
als nach hohen Dividenden
als nach hohen Renditen.
Worauf kommt´s an?
Zu erkennen,
was uns wirklich reich macht.
Zu erkennen,
was uns wirklich zufrieden
sein lässt,
von innen heraus
spürbar zufrieden, glücklich,
froh und frei sein lässt.
Zu erkennen,
worauf es wirklich ankommt.
Oftmals sind es gerade die Dinge,
die sich nicht mit Geld
bezahlen und machen lassen,
die uns wahre Glücksmomente bescheren:
Ein Sonnenaufgang über den Weinbergen.
Die meditative Stille eines glasklaren Sees.
Das unbeschreibliche Freiheitsgefühl
beim Blick in die Rheinebene hinunter.
Der unbeschwerte Genuss eines
guten Glases Wein.
Das Lachen eines Kindes und
seine Unbeschwertheit dem Leben
und den Menschen gegenüber.
Momente auf dem Rücken eines Pferdes,
das uns durch die Wälder und über
die Wiesen trägt.
Die Nähe, die wir einem lieben Menschen
gegenüber empfinden,
wenn wir ihm Zeit und Aufmerksamkeit schenken.
Noch einmal:
Worauf kommt´s an?
Zu erkennen,
was uns wirklich reich macht.
Darauf kommt´s an.
Und darauf,
das Erkannte zu tun,
umzusetzen,
zu leben.
Das ist es,
was Jesus zu seinen Jüngern
zu sagen veranlasst,
alles zu verlassen
und nichts, aber auch gar nichts
auf den Weg mitzunehmen:
Kein Brot.
Keine Vorratstasche.
Kein Geld.
Keine Schuhe.
Kein zweites Hemd.
Das ist es,
was es dem reichen Jüngling
andererseits wiederum
schwer mach, Jesus
nachzufolgen.
Das ist es,
was einen Oberzöllner Zachäus,
am Ende der Begegnung mit Jesus
die Hälfte seines
Vermögens den Armen
zurückgeben lässt.
Das ist es,
was die Vögel des
Himmels und die
Lilien des Feldes
auszeichnet
und letztere
schöner sein lässt als
König Salomo in seiner ganzen
Pracht.
Und über
und vor allem das
Vertrauen in Gott,
dem die Anzahl der Haare
auf unserem Kopf schon längst
bekannt ist;
der unsere Worte kennt,
noch ehe sie uns auf
der Zunge liegen;
dem wir nicht gleichgültig
sind und der über jedem
von uns immer wieder
aufs Neue die Sonne
aufgehen lässt,
jeden Tag
und auch am Ende
unserer Erdenzeit.
Leider finden die meisten
unter uns immer einen Grund,
nicht radikal zu sein.
In der Nachsicht mit
sich selber
sind sie grenzenlos.