Er ist tot.
Der einzige Sohn.
Und zurück bleibt die Mutter.
Eine Witwe.
Und zurück bleibt ein Schmerz,
der nicht in Worte gebracht werden
kann – angesichts des Sterbens
und des Todes ihres Sohnes.
Die Frau weint.
Ihre Tränen erzählen von:
Hilflosigkeit und Trauer.
Unsagbar großer Trauer und
innerem Verwundetsein.
Von Zerrissenheit und Wut.
Von der Angst vor dem,
was noch kommen wird
und der Frage
nach dem Warum.
Und Jesus sieht diese Frau.
Und Jesus erkennt ihre Not.
Und Jesus hört ihr Weinen.
Und er hat Mitleid mit ihr.
Sorge empfindet er für die Frau.
„Weine nicht!“, meint er.
Und was dann passiert,
kommt einem Wunder
gleich.
Jesus geht zur Bahre hin
und befiehlt dem jungen Mann
wieder aufzustehen.
Und der erhebt sich.
Und der beginnt wieder zu sprechen.
So als wäre nie wirklich etwas
geschehen und der Gedanke an den Tod
unendlich weit entfernt.
Aber der junge Mann war tot.
Mausetot!
Und die Tränen der Frau,
sie waren echt und wirklich.
Nur was dann geschah,
das mutet so unwirklich an,
dass die, die dabeistehen
nur noch staunen.
Ihre Reaktion ist bei weitem noch heftiger:
Sie fürchten sich.
Und am Ende preisen sie Gott,
weil er sich des Menschen angenommen hat.
Das ist es, was unseren
Glauben ausmacht und bestimmt.
Gott nimmt sich des Menschen an.
Das ist es, was unserer Hoffnung auch angesichts
des Todes uns nahestehender
Menschen und auch angesichts der eigenen
Hilflosigkeit dem Tod gegenüber,
Nahrung gibt und was uns nicht trauern lässt,
wie all jene, die keine Hoffnung
haben:
Gott überlässt den Menschen nicht dem Tod.
Er holt ihn heraus aus dem
Dunkel des Todes und schenkt ihm
in Jesus Christus, neues
und vom Tod erlöstes Leben.
Jedem, der an Jesus Christus glaubt,
gilt dieses Wort:
„Steh auf!“
Und als Christen haben wir die Hoffnung,
dass wir auferstehen werden,
dass der Tod nicht das Ende dieses Lebens ist,
sondern dass am Ende unserer Zeit
auf Erden Gottes Wille sich durchsetzen wird
und die Liebe:
Der Mensch wird leben,
auf ewig,
unverstellt und frei,
erlöst,
denn stärker als der Tod ist die Liebe.
Und dennoch bleibt die Erfahrung des Todes
wirklich. Sie kann nicht verdrängt werden.
Und wirklich sind auch Trauer und Schmerz,
Elend, Leere und Hilflosigkeit,
Ohnmacht - ein Durcheinander von Gefühlen
angesichts dieser Erfahrung
und die Versuchung,
am Sterben und am Tod
zu verzweifeln.
Die Wirklichkeit des Glaubens greift auch
hier in unser Leben ein:
Gott nimmt sich des Menschen an.
Christus selber stellt sich in jedem Augenblick der Not,
manchmal von uns fast unbemerkt, an unsere Seite.
Er sieht unser Elend.
Sie sieht unsere Tränen
und wie sehr wir an so vielem zu zweifeln
anfangen wollen.
Und er hat Mitleid mit uns.
Und er empfindet Sorge für uns.
Und er sagt:
„Weine nicht!“
In diesen Momenten kommt es darauf an,
dass wir uns von ihm an der Hand nehmen
und Trost zusprechen lassen.
Dass wir uns ihm anvertrauen mit all dem,
was das Leben, das Sterben und der Tod bei uns
hinterlassen haben
an Fragen,
an Zweifeln,
an Vorwürfen,
an Schuldgefühlen,
an Kleinglauben,
an Wut,
an Verbitterung,
an Verzweiflung,
an Ohnmacht.
Und dass wir fest darauf vertrauen,
dass Jesus Christus uns selber zurückgibt,
was uns das Leben genommen hat,
was uns das Sterben genommen hat,
was uns der Tod genommen hat.
Am Ende finden Mutter und Sohn wieder
zusammen. Jesus gibt den Sohn der Mutter zurück.
Das ist unser Glaube:
Dass am Ende unserer Tage,
Gott wieder zusammenbringen wird,
was zusammengehört.
Dass wir die Menschen, die wir
lieben, wieder sehen werden.
Dass wir dann beisammen sein werden
für ewig.
Dass es dann keine
Trauer mehr geben wird
und auch keine einzige Träne mehr.
Dass Gott alles neu schaffen wird
und wir selbst durch ihn
befreit sein werden,
von allem,
was uns so sehr niedergedrückt hat.
Mit anderen Worten:
Gott nimmt sich unserer an.
Im Leben und im Tod.