Das stehen sie nun,
die Steine in der Hand,
bereit zum Wurf
und ihre Augen starren auf die Frau,
die in der Mitte steht.
Die Ehe hat sie gebrochen,
untreu ist sie geworden.
Die Strafe folgt auf dem Fuß.
Mose hat sie im Gesetze vorgeschrieben:
Die Steinigung.
Noch werfen sie nicht.
Noch hegen sie andere Gedanken.
Sie wollen Jesus auf die Probe stellen.
Eine Falle wollen sie ihm stellen,
damit sie ihn endlich aus dem Weg räumen
können, ihn, den Störer, den Unruhestifter,
den, der alles durcheinander bringt.
Jesus bleibt ruhig, unbeeindruckt von all dem,
was sich vor seinen Augen abspielt.
So scheint es.
Er kniet sich hin.
Er malt mit dem Finger im Sand.
Ob sie sich jetzt noch ernstgenommen fühlen,
die mit den Steinen in der Hand?
Ich kann mir vorstellen, wie sie innerlich kochen,
wie ihnen langsam anfängt der Kragen zu platzen,
aber sie lassen nicht locker.
Noch einmal fragen sie nach.
Hartnäckig wie sie schon immer waren,
die Pharisäer, die Schriftgelehrten, die Gesetzeslehrer
und all die anderen Heuchler.
Dann richtet sich Jesus auf,
er blickt sie an,
einen nach dem anderen,
eine nach der anderen.
Er sagt:
„Wer von euch ohne Sünde ist,
der werfe als erster den Stein auf sie!“
Die Worte verfehlen ihre Wirkung nicht.
Sie sind entwaffnend.
Steine fallen zu Boden.
Alle gehen weg.
Nur noch eine bleibt:
Die Frau.
Sie erfährt, was über Gott gesagt werden muss:
Gott verurteilt nicht.
Gott trägt nicht nach.
Gott verzeiht.
Gott liebt
und
Gott schenkt dem Menschen Chancen,
unzählige, immer wieder,
sein Leben in Griff zu bekommen,
es wieder gut werden zu lassen,
einen neuen Weg einzuschlagen.
Keiner hier ist so, wie er sollte,
so wie er wollte, so wie er könnte.
Keiner ist so wie er sollte.
Wir haben versagt.
Wenn das Hauptgebot
Liebe heißt zueinander und dir mein Gott,
dann ist es vor allem unsere Schuld,
wenn die Liebe fehlt.
Keiner ist so wie er sollte.
Wenn das Ziel eine Erde ist,
wo Menschen alle Brüder sind,
dann ist es unsere wichtigste Pflicht,
dass die Liebe wächst.
Keiner ist so wie er sollte.
Wenn uns Jesus sehr imponiert,
weil er nicht nur an sich selber denkt,
dann ist er der Maßstab für uns,
dann ist er der Weg.
Keiner hier ist so, wie er sollte,
so wie er wollte, so wie er könnte.
Keiner ist so wie er sollte.
Wir haben versagt.
(Hermann Coenen)
Erst wenn der Reichtum der einen
nicht mehr auf der Armut der anderen
aufgebaut ist,
wenn die Dritte Welt hereingelassen wird
in die Eine Welt,
wenn sich Almosen in Gerechtigkeit verwandeln,
wenn aus Überleben Leben in Würde wird,
wenn du und ich das Wir wagen,
wenn sich die Erde zum Himmel streckt,
wenn der Mensch anfängt,
das ihm von Gott Gegebene und Gute zu bewahren,
werden alle leben, werden alle satt werden können:
Du ,
ich,
Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Wir,
Menschen der einen Welt.