Schön,
wenn es einem gut geht.
Schön,
wenn man sich keine Sorgen
zu machen braucht, um das,
was morgen sein wird.
Schön,
wenn man aus dem Vollen schöpfen kann,
Tag für Tag und in Freuden lebt.
Aber, was ist mit den vielen anderen,
die das nicht können?
Draußen vor der Tür,
beginnt oftmals die andere Seite
der Wirklichkeit.
Draußen vor der Tür,
da wissen Menschen nicht,
wovon sie leben sollen,
kämpfen um das nackte Überleben,
werden ausgebeutet
und entrechtet. - So zur Zeit des Amos.
Draußen vor der Tür liegt Lazarus,
ein armer Mann, voller Geschwüre.
Draußen vor der Tür, da weiß ein Mann nicht,
wie er seinen täglichen Hunger stillen soll.
Stattdessen lecken Hunde an seinen
offenen Wunden - So zur Zeit Jesu.
Draußen vor der Tür,
da stehen Menschen,
die keine Arbeit haben.
Menschen, die nicht wissen,
wovon sie leben sollen
und womit sie ihren knurrenden Magen
stopfen können.
Draußen vor der Tür,
da sind Menschen,
denen es nicht nur an
materiellen Dingen fehlt,
sondern auch an den vielen
ideellen Werten,
die ein Herz braucht,
um schlagen zu können.
- So zu unserer Zeit.
Ganz zu schweigen von den
weltweiten Ungerechtigkeiten
und Gemeinheiten,
Nöten und Existenzsorgen
ganzer Völker.
Schluss damit meint Amos.
Hier feiern ein paar wenige
auf Kosten vieler anderer.
Hier kaufen sich ein paar wenige
das Paradies auf Erden
und verursachen damit den Hunger,
die Not und Armut so vieler.
Schluss damit,
denn hier handeln Menschen
nach dem Motto:
Nach mir die Sintflut.
Was kümmert´s mich,
wenn´s anderen dreckig geht?
Schluss damit,
das meint auch Jesus.
Vordergründig geht es beiden
um die ausgleichende Gerechtigkeit.
Hintergründig, darum,
was dem Leben mit Gott entgegensteht.
Vordergründig ist es der Reichtum.
Hintergründig sind es die verschlossenen Sinne:
blinde Augen, die das Elend vor der Tür nicht wahrnehmen;
taube Ohren, die Worte von Gott kennen und hören,
aber nicht einlassen in das eigene Leben;
gierige Hände, die nur das Halten und Greifen,
aber nicht das Öffnen kennen.
Eine Geschichte erzählt:
Ein Rabbi kommt zu Gott:
„Herr, ich möchte die Hölle sehen
und auch den Himmel.“
„Nimm Elia als Führer“,
spricht der Schöpfer,
„er wird dir beides zeigen.
Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand.
Er führt ihn in einen großen Raum.
Ringsum Menschen mit langen Löffeln.
In der Mitte, auf einen Feuer kochend,
ein Topf mit einem köstlichen Gericht.
Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln
aus dem Topf.
Aber die Menschen sehen mager aus,
blaß und elend.
Kein Wunder, ihre Löffel sind zu lang.
Sie können sie nicht zum Munde führen.
Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.
Die beiden gehen hinaus.
„Welch ein seltsamer Raum war das?“,
fragte der Rabbi den Propheten.
„Die Hölle“, lautet die Antwort.
Sie betreten einen zweiten Raum.
Alles genau wie im ersten.
Ringsum Menschen mit ihren langen Löffeln.
In der Mitte auf einem Feuer kochend,
ein Topf mit einem köstlichen Gericht.
Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf.
Aber - ein Unterschied zu dem ersten Raum:
Diese Menschen sehen gut aus,
gut genährt und glücklich.
„Wie kommt das?“
- Der Rabbi schaut genau hin.
Da sieht er den Grund:
Diese Menschen schieben sich
die Löffel gegenseitig in den Mund.
Sie geben einander zu essen.“
Vordergründig geht es darum,
dass jeder satt wird.
Hintergründig darum,
dass wir einander geben,
was wir uns selber nicht
zukommen lassen können,
um leben zu können.
Vordergründig geht es darum,
dass einer den anderen braucht,
wenn er nicht verhungern will.
Hintergründig darum,
dass wir voneinander leben
und zeitlebens darauf angewiesen bleiben,
dass es ein anderer gut mit uns meint,
sich mit uns verbündet,
so dass wir einander das sein können,
wozu uns Gott berufen hat:
Menschen, die sich beistehen;
Menschen, die sich helfen;
Menschen, die sich unterstützen;
Menschen, die es sich erlauben,
Mensch zu sein.
Im Letzten jedoch geht es
um die alles entscheidende Frage:
Wie lebe ich mein Leben?
Was fange ich mit meinem Leben an,
vor allem doch:
Wie und wofür setze ich mein Leben ein?
Amos und Jesus
erzählen von Menschen,
die nur an das eigene Glück
und die eigene Erfüllung denken.
Menschen, die ihr Leben leben;
die raus holen, was raus zu holen ist
und dabei völlig den Blick
über den eigenen Tellerrand hinaus vergessen,
wenn nicht sogar bewusst unterlassen.
Amos und Jesus erzählen
aber auch von Menschen,
die auf andere angewiesen sind
und die auf der Strecke bleiben,
wenn man ihnen nicht das gibt,
was sie zum Leben brauchen
und was sie sich nicht aus eigenen Kräften
zukommen lassen können,
was aber zwangsläufig eintreten wird,
solange es Menschen gibt,
die nur ihren eigenen Profit,
ihr eigenes Glück
und ihre eigene Selbstverwirklichung suchen
und dabei ganz außer Acht lassen,
dass
- wenn nicht morgen,
so doch vielleicht übermorgen –
sie selber es sein können,
die auf den anderen angewiesen sind.
Hochmut kommt ja
bekanntlich vor dem Fall.
Keiner lebt sich eben selber.
Wir sind und bleiben
früher oder später
alle aufeinander angewiesen.
Darauf, dass mir ein anderer
vielleicht morgen das gibt,
was ich ihm heute
- aus welchen Gründen auch immer –
vorenthalte.
In der Apostelgeschichte lese ich,
welche Lehren und Konsequenzen
die Christen zu Anfang aus den Gleichnissen
und Erzählungen Jesu gezogen haben.
Es heißt da:
„Und alle,
die gläubig geworden waren,
bildeten eine Gemeinschaft
und hatten alles gemeinsam.
Sie verkauften Hab und Gut
und gaben davon allen, jedem so viel,
wie er nötig hatte.
Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel,
brachen in ihren Häusern das Brot
und hielten miteinander das Mahl
in Freude und Einfalt ihres Herzens.
Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt.
Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft
die hinzu, die gerettet werden sollten.“ (Apg 2,43ff)
Sie verkauften Hab und Gut
und gaben davon allen, jedem so viel,
wie er nötig hatte.
Eines steht fest:
Wir haben alle einander nötig.
Früher oder später kommen
wir nicht daran vorbei,
uns all das eingestehen zu müssen,
was uns selber nicht mehr möglich ist,
vielleicht auch noch nie war.
Wir haben alle einander nötig.
Was hindert uns dann eigentlich daran,
schon jetzt aufeinander zuzugehen,
Herz und Hände
füreinander zu öffnen und einander
- einer dem anderen - ,
das zu geben,
was er zum Leben nötig hat?
Was hinter uns daran,
füreinander da zu sein?