Das gibt´s. Momente, in denen der Mensch
mit allem, was ihm bislang lieb und teuer gewesen ist,
mit allem, woran er sich bislang in seinem Leben festgemacht hat,
mit allem, was ihm bislang Halt und Orientierung gegeben hat, bricht.
Momente, die einen Menschen
so sehr an die äußersten Grenzen seiner Belastbarkeit
und seines Lebens führen,
dass er bereit ist,
alles aufzugeben,
alles hinzugeben
alles zu verraten,
woran er bislang geglaubt hat,
nur um endlich
keinen Druck und keinen Schmerz,
keine Not und keine Verzweiflung
mehr aushalten zu müssen.
In diesen Momenten, in denen der Mensch am schwächsten ist,
ist er der Versuchung zum Nachgeben am stärksten ausgesetzt.
„Ich tue alles, was du willst,
aber halt ein!“ ruft der Gefolterte.
„Ich sage alles, was du hören willst,
aber hör endlich auf damit!“ schreit der Geschlagene.
„Ich gebe dir alles, was du willst,
aber lass mich in Ruhe!“ sagt der Erpresste.
Wie viele Menschen wurden
aufgrund solcher Erfahrungen zu Überläufern, zu Mitläufern und
zu Verrätern?
Menschen, die sich im Nachhinein
gewünscht hätten,
dass sie ausgehalten hätten,
sich selber treu geblieben wären
und der Wahrheit, die über allem steht.
Aber das ging nicht.
Der Druck von außen war dazu zu heftig
und die Angst um das Leben, das eigene,
zu groß.
Verlockenden Versuchungen zu widerstehen
ist nicht jedermanns Sache.
Schließlich wird kein Mensch als Märtyrer geboren.
Aber,
wenn es um die Wahrheit geht?
Wenn es um die eigenen grundlegenden Überzeugungen geht?
Wenn es um den Glauben geht?
Wenn es um Gott geht?
Jesus steht mit dem Rücken an der Wand.
Er hat Hunger.
Vierzig Tage lang hat er nichts gegessen.
Unvorstellbar!
Der Teufel reizt ihn.
Er packt ihn an seiner empfindlichsten Stelle,
seinem Hunger.
Jesus könnte jetzt unter Beweis stellen,
dass er tatsächlich Gottes Sohn ist,
dass er Macht hat, aus Steinen Brot zu machen.
Aber:
Er tut´s nicht.
Stattdessen schleudert er dem Teufel
die Worte ins Gesicht:
Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein.
Es gibt etwas anderes, was den Menschen ernähren
sollte. Gottes Wort.
Können Worte tatsächlich satt machen?
Sicherlich nicht den Hunger,
der aus der Magengegend kommt,
vielmehr den Hunger, der aus der Tiefe
der Seele eines Menschen kommt.
Ich meine den Hunger
nach Annahme,
nach Liebe,
nach Heil,
nach Glück,
nach Freude,
nach Erlösung.
Dieser Hunger lässt sich nicht dadurch vertreiben,
dass man aus harten Steinen Brot macht.
Dieser Hunger lässt sich gar nicht vertreiben,
weil der Mensch sich Zeit seines Lebens immer wieder
nach dem sehnt, was den Hunger seiner Seele stillen könnte,
was er aber mit allem, was diese Welt und was Menschen einander
zu geben haben, niemals stillen kann.
Einzig und allein in Gott wird unsere Seele satt!
Augustinus sagt es ein wenig frommer:
Unruhig ist unsere Seele, bis sie ruht in dir,
mein Gott.
Das ist eine der Wahrheiten,
die unser Leben bestimmen.
An ihr hält Jesus fest, unverrückbar.
Und er lässt sich auch in anderen Dingen
vom Teufel nicht aufs Glatteis führen.
Dann nicht, wenn es darum geht,
sich vor dem Teufel niederzuwerfen und ihn anzubeten
und auch dann nicht, wenn es darum geht,
sich vom Tempel hinunter zu stürzen.
Jesus bleibt sich treu.
Vielmehr:
Jesus bleibt Gott treu.
Ganz gleich wie sehr er auch mit dem Rücken an der Wand
stehen mag, er hält an der Wahrheit Gottes fest.
Und am Ende, kommt er davon.
Aber nicht nur so,
nicht mit blauen Flecken,
sondern erhobenen Hauptes.
Steine bleiben Steine.
Der Teufel kann ihm nichts anhaben.
Er lässt von ihm ab.
Mit dem Rücken an der Wand,
kommen auch wir immer wieder zu stehen.
Dann, wenn wir spüren, dass es keinen Schritt mehr nach vorne geht.
Dann, wenn uns das Leben einen Strich durch die Rechnung macht.
Dann, wenn wir nur noch müde sind und verzweifelt und
an diesem Leben und an diesem Gott in die Irre gehen wollen.
Dann, wenn wir uns nicht mehr verlassen wollen
auf die bisher tragenden Wahrheiten unseres Lebens,
weil sie zu sehr angefragt werden von den Wirklichkeiten dieser Welt
und wir keinen Sinn mehr erkennen wollen
in der Zuversicht,
in der Hoffnung,
in dem Glauben,
die uns bisher getragen haben.
Dann der Versuchung zum Nachgeben zu widerstehen und
der Wirklichkeit Gottes in unserem eigenen Leben dennoch
zu trauen und seiner Güte und seiner Vorsehung und seiner Liebe,
dazu lädt uns Jesus ein.
Er, der ganz dem Vater zugewandt lebt.
Er, der sich von Gott in allem getragen weiß.
Er, der allem widersteht.
Das gibt´s.
Momente, die einen Menschen
so sehr an die äußersten Grenzen seiner Belastbarkeit
und seines Lebens führen,
dass er bereit ist,
alles aufzugeben,
alles hinzugeben
alles zu verraten,
woran er bislang geglaubt hat.
Franz Kamphaus meint:
Eine Krise kann die Stunde der Wahrheit sein,
die Stunde des Anrufs. Das kann befreiend sein,
endlich zu sehen, was zu tun ist und was zu lassen ist.