Gut zu wissen:
Dass wir niemals zugrunde gehen werden.
Dass uns niemand der Hand Gottes entreißen
kann.
Ich meine, es gibt ja genügend Augenblicke,
in denen wir solche Worte geradezu aufsaugen,
wie ein trockener Schwamm,
dann, wenn wir tatsächlich meinen
zugrunde gehen zu müssen und
uns so vollkommen haltlos fühlen
und ohne eine feste Hand, die uns trägt
und uns vor Schlimmerem bewahrt.
Ja und ich meine auch,
dass es gut tut, Menschen an seiner
Seite zu wissen, die einem dann,
wenn man sich selber so haltlos vorkommt
und meint ins Bodenlose hineinstürzen zu müssen,
Mut machen,
einen wieder aufrichten,
Grund geben, an Gott zu glauben
und es verhindern an diesem Leben
und seinen Wirklichkeiten zu
verzweifeln.
Ich glaube,
Jesus war ein solcher Mensch
gewesen.
Für viele, die sich auf sein Wort einlassen wollten.
Für viele, die daran glauben wollten, dass er ihnen tatsächlich
doch Entscheidendes zu sagen hat,
über das Leben,
über den Menschen,
über Gott
und die Liebe,
und den Sinn,
der in allem verborgen ist
und der für viele oftmals so unbegreiflich bleibt.
Gut zu wissen:
Dass er uns kennt, Jesus.
So wie ein Hirte seine Schafe kennt,
sich um sie sorgt,
auf sie Acht gibt
und ihnen zukommen lässt,
was sie brauchen,
zum Leben,
zum Bestehen,
so ist er.
Und wir dürfen uns auf ihn verlassen.
Und wir dürfen uns bei ihm geborgen wissen,
von ihm behütet und beschützt.
Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.
Er lässt mich lagern auf grünen Auen.
Er führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
Er stillt mein Verlangen. Er leitet mich auf
rechten Pfaden, treu seinem Namen.
Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir,
dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. (Ps 23)
Das Bild des Hirten
ist einprägsam.
Es trägt sich durch die Zeit.
Ein Bischof soll Hirte sein.
Ein Priester soll Hirte sein.
Stellvertretend für Christus,
den guten Hirten.
Aber um die Hirten ist es nicht gut bestellt.
Es gibt sie immer weniger.
Und die wenigen haben nicht mehr die Zeit,
sich um die Herde zu kümmern.
Das ist schlimm.
Nicht nur für die Herde.
Auch für die Hirten selber.
Denn dafür hatten wir uns entschieden.
Ganz zu Anfang:
Hirte zu sein und
unseren Gemeinden gute Seelsorger und
Priester.
Das aber kommt mittlerweile zu kurz.
Manager sind heute im Priesteramt gefragt.
Und was man hierbei zu tun
und zu lassen hat,
das vollzieht sich oftmals ganz unbemerkt
am Rande der Herde.
Ja es gibt sie:
die Identitätskrise unter Priestern.
Und die Erfahrung, dass man in dieser Krise
von denen alleingelassen wird,
die bei der Priesterweihe versprochen
haben,
sich zu kümmern
und zu sorgen,
zu helfen
und wieder aufzurichten.
Auch das wird in unserer Kirche totgeschwiegen:
Die vielen depressiven
und die vielen alkoholabhängigen Priester
und jene,
die unter ihrer Einsamkeit leiden,
die die zunehmenden Ansprüche ihrer Gemeinden
nahezu erdrücken.
So viel steht fest:
In unseren Gemeinden
fehlen Seelsorger
und die Situation wird nicht
besser.
Im Gegenteil.
Wir leiden unter dem Priestermangel.
Kein Wunder, ist man versucht zu sagen.
Selber schuld!
Klar doch:
Dies kann eine Herausforderung bedeuten.
Für die Gemeinden.
Dass sie sich ihrer eigenen Verantwortung
bewusst werden.
Menschen in den Gemeinden sind
nicht weniger Hirten füreinander.
Sollten es sein.
Seelsorge kann und darf nicht
allein von einem Priester abhängig sein.
Aber ohne ihn geht es auch nicht.
Sein Charisma und sein Dienst
dürfen keiner Gemeinde vorenthalten werden.
Doch eben das geschieht,
wenn man Pfarreien auflöst.
Sie ihrer Hirten beraubt.
Am Ende läuft die Herde auseinander.
In die unterschiedlichsten Richtungen.
Auf jeden Fall auseinander.
Es ist wie wenn ein Wolf
in die Herde einbricht.
Kopflos stürzen alle davon.
Ein Hirte hält zusammen.
Ein Hirte weist die Richtung.
Ein Hirte hat den Überblick.
Ein Hirte sorgt sich.
Ein Hirte kümmert sich.
Ein Hirte verteidigt.
Ein Hirte gibt,
was die Herde zum Leben braucht.
Und als Hirte einer Gemeinde
steht der Priester für Christus selber.
Und als Hirte einer Gemeinde
soll er sein, was Christus
für die Menschen damals war.
Vorausgesetzt, er kann es sein, weil
die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen
hierfür stimmen.
Doch die stimmen schon lang nicht mehr.
Eine Gemeinde hat ein Recht auf Seelsorge.
Eine Gemeinde hat ein Recht auf das Wort Gottes.
Eine Gemeinde hat ein Recht auf Eucharistie.
Eine Gemeinde hat ein Recht auf einen Priester.
Und deshalb sollte sie sich auch dafür stark machen,
sich nicht alles bieten und gefallen lassen,
sich eben nicht mit allem abfinden und zufrieden geben,
sondern um einen guten Hirten kämpfen und streiten.
Beten ist wichtig.
Aber nicht alles.
Einmal die Stimme zu erheben,
laut aufzuschreien und zu protestieren,
sich zu empören,
weil man diesen Missstand nicht mehr
länger bereit ist hinzunehmen,
wäre bisweilen angebrachter.
Es geht dabei um mehr als
um die Frage nach dem Zölibat
oder
um die Zulassung von Frauen zum Priesteramt.
Es geht um ein existenzielles
Bedürfnis und grundlegendes Recht
des gläubigen Menschen
und am Ende um die Frage, ob man seitens
der Verantwortlichen in unserer Kirche,
dieses Bedürfnis und Recht
tatsächlich frustrieren darf
und mit ihnen, Hirten und Herden
zugleich?
Ich meine, Nein!
In Gottes Namen, Nein!
Gut zu wissen:
Dass er uns niemals zugrunde gehen lassen wird.
Dass er sich niemanden aus seiner Hand entreißen lässt.
Dass er uns kennt und uns gibt,
was wir zum Leben brauchen.